Louis Begley - Lügen in Zeiten des KriegesDieser Roman zeichnet den Lebensweg eines Jungen namens Maciek bis 1947 nach, der 1933 in eine galizische jüdische Arztfamilie geboren wird. 1939 wird dieser Teil Polens von der Sowjetunion besetzt.
Nach dem Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion bleiben Maciek nur noch seine Tante Tanja (die Schwester seiner verstorbenen Mutter) und sein Großvater mütterlicherseits. Sein Vater wird von der sowjetischen Armee verschleppt.
Das Leitmotiv Lüge beginnt mit dem Einmarsch der Deutschen, die drei nehmen falsche "arische" Papiere an und beginnen ein Leben in Verstecken. Die Stationen: Lemberg, Warschau, ein Bauernhof in Masowien, Kielce.
Macieks Überleben wird durch mehrere Faktoren gesichert: das mobile Familienvermögen, die falsche Identität, das Verschweigen der Wahrheit in allen Lebenslagen, die Klugheit des Großvaters und vor allem die resolute Intelligenz seiner Tante in allen bedrohlichen Lebenslagen (gegenüber Polen, Deutschen wie Sowjets).
Aber auch ein deutscher Wehrmachtsangehöriger, mit dem Tanja ein Verhältnis hat, spielt eine wesentliche Rolle: er beschafft die ersten falschen Papiere, und als sein Verhältnis zu Tanja nahe dran ist, aufgedeckt zu werden, erschießt er Macieks Großmutter, bei der wohnt, und sich selbst, damit niemand unter Folter Tanja und Maciek verraten kann.
Der Roman ist fast durchgehend aus der Sicht des ca. Zehnjährigen geschrieben, nur manchmal scheinen Reflexionen durch.
So wird beschrieben, dass die falsche Wahl des Zeitpunkts des Beginns des Warschauer Aufstands (der 1. August 1944 war ein Wochentag, ein Dienstag), dazu führte, sehr viele Familien zerrissen wurden, da viele Menschen unterwegs waren, ihren täglichen Bedarf zu sichern und nicht mehr nach Hause zurückkehren konnten.
Maciek und Tanja werden so auch vom Großvater getrennt, der zwar die Flucht aus Warschau noch schafft, aber dessen jüdische Identität in einem Dorf schließlich aufgedeckt wird und der nach einer Denunziation von Deutschen erschossen wird.
Auch wird dem enthemmten Sadismus der ukrainischen SS-Schergen, die von den Deutschen mehr oder weniger für die "Drecksarbeit" gehalten wurden, breiter Raum gegeben.
Der Roman endet in Kielce, das von sowjetischen Truppen eingenommen wird, unter denen sich auch Macieks Vater als Stabsarzt befindet. Die Familie ist wieder beisammen, aber aufgrund des in Polen weiterhin grassierenden Antisemitismus behalten sie eine nicht-jüdische Identität und erleben noch das Pogrom von Kielce im Jahr 1946.
Louis Begley (eigentlich Ludwik Begleiter) zeichnet Teile seiner eigenen Biographie nach, ohne jedoch eine Autobiographie geschrieben zu haben (siehe seinen Text in der New York Times).
Nach dem Pogrom von Kielce flieht die Familie zunächst nach Paris und schließlich weiter nach New York. Begleys Vater findet Arbeit als Arzt, Louis Begley studiert zunächst Literatur und schließlich auf Harvard Rechtswissenschaften. In fortgeschrittenem Alter beginnt er seine schriftstellerische Tätigkeit wieder aufzugreifen.
Infolinks im
Spoiler
http://www.nytimes.com/1992/08/16/books/who-the-novelist-really-is.html
Wikipedia: Lügen in Zeiten des Krieges
Wikipedia: Louis Begley
Wikipedia: Pogrom von Kielce