Die altorientalischen Reiche II (Fischer Weltgeschichte Bd. 3)Dieser Band umfasst die zweite Hälfte des 2. Jahrtausends vor Christus bis zum Ende der Bronzezeit um etwa 1200. Thematisch reicht das Buch über den geographischen Rahmen hinaus bis in die frühe Zeit Griechenlands.
Babylon umfasst die Herrschaft der Kassiten, welche kulturell das Erbe Babylons fortführen.
Assyrien mit der Hauptstadt Assur zeigt ein sehr brutales Reich, welches bei Eroberungen und Kriegsführung keinerlei Pardon zeigt. Kernstück der Herrschaft ist ein strenges Gesetzbuch, das zwar Schutz vor Denunziationen wichtig findet und Vergewaltigung unter strenge Strafe stellt, andererseits Frauen, die abgetrieben haben, pfählen lässt. Interessant auch die Verschleierung der Frauen: ein um den Kopf einer Frau geworfener Schleier ist ein "Heiratsantrag", im Alltag müssen verheiratete Frauen in der Öffentlichkeit diesen Schleier tragen. Für Prostituierte besteht ein Verschleierungsverbot.
Die indoeuropäischen
Hethiter errichten aus einem losen Stammesverband in Kleinasien ein Reich, welches großen Einfluss durch das Monopol der Eisengewinnung und -bearbeitung erlangt. Nachhaltig war ihre Entwicklung einer Silbenschrift, welche in spätere Alphabete einfloss. Nach Eroberungsversuchen in Richtung Babylon wie der Levante wird das Reich im 13. Jahrhundert von einer Hungersnot heimgesucht und zerfällt schließlich um 1200 durch den Einfall eines Ahhijawa genannten Volkes aus dem Nordwesten.
Der
Mitanni-Staat vom Norden Mesopotamiens bis zum Norden Syriens war ein ethnisch gemischtes Staatsgebilde vom 15. bis ins 13. Jahrhundert, der von einer indoarischen Oberschicht regiert wurde, deren Mehrheitsbevölkerung jedoch aus den von den Sumerern abstammenden Hurritern bestand. Der hurritische Gott Kumarbi floss als Kronos in die griechische Mythenwelt ein.
Syrien und
Palästina war mehrheitlich von Kanaanäern bewohnt, der Einfluss von Hurritern, Hethitern und Ägyptern war jedoch nicht unbedeutend. Zwischen Ägypten und den Hethitern herrschte lange Zeit ein "kalter Krieg" um dieses Gebiet, aber ab 1200 wurde mit dem Zusammenbruch des Hethiterreichs und dem Tod Ramses III. diese Region unabhängig und durch Philister, Zeker, israelische Stämme und Aramäer besiedelt. Ab 1100 dominierten Assyrer die Küste. Auch ein starker mykenischer Einfluss ist zu beobachten.
Die Einwanderung
israelischer Stämme ist ab dem 12. Jahrhundert belegt, und der Auszug aus Ägypten wird als historische Möglichkeit diskutiert, wobei eines der Hauptargumente ist, dass die ägyptischen Apuri (Heimatlosen) mit den 'ibri (Hebräern) gleichgesetzt werden können. Die Eroberung sei gewaltsam vollzogen worden und die Hebräer hätten zunächst hauptsächlich das Bergland besiedelt und es durch Rodung fruchtbar gemacht.
Das
Ägypten des Neuen Reichs habe zunächst wieder Expansionspolitik (nach Süden und Norden) und regen Handel betrieben, ist aber nach Ende der Ramessidenherrschaft wieder zerfallen, die Kluft zwischen Pharao und Priestern sei wieder größer geworden. Echnaton und der Monotheismus mit dem Hauptgott Aton wird nur als Episode gesehen.
Die
ägäische Welt sei durch in sich abgeschlossene dörfliche Gemeinschaften charakterisiert, und aufgrund der Schriftlosigkeit seien Datierungen von Ereignissen nur sehr schwer möglich. Man erhalte nur punktuelle Einsichten.
Auch die
minoische Kultur Kretas lässt sich nur schwer fassen und es sei nicht gesichert, ob Knossos überhaupt über Kreta Hegemonie ausgeübt habe. Die Schrift Linear A sei nicht zu entziffern, auf jeden Fall handelt es sich nicht um eine Schrift einer griechischen Sprache. Konkurrenz um Herrschaft dürfte es nicht gegeben haben, da die Paläste nicht befestigt waren und kriegerische oder militärtechnische Darstellungen fast nicht auffindbar sind. Ab 1600 lässt sich ein mykenisch-griechischer Einfluss ausmachen, ohne jedoch das Alte vollständig verdrängt zu haben (griechische Linear B-Schrift existiert parallel mit nicht-griechischer Linear-A).
Mykene war für Griechenland ein erster Kulturbruch. Diese stark befestigte Stadt zeugt von einer militarisierten Gesellschaft. Die einzigartigen Kuppelgrabanlagen lassen die Interpretation einer Königsdynastie zu. Innerhalb kurzer Zeit ist die mykenische Sachkultur prägend für den Raum Griechenlands und der umliegenden Inselwelt.
Das
Ende der Bronzezeit in dieser Region bilden die Jahre um 1200, als der Großraum des Vorderen Orients mit einer massiven Völkerwanderung aus dem Norden konfrontiert war, der Kulturen und Reiche zusammenbrechen ließ. Die Hethiter nannten sie Ahhijawa (waren es Achäer?), die Ägypter nannten sie "Seevölker", in Griechenland sind sie unter dem Namen der Dorer bekannt.
Welche Auswirkungen diese Einwanderung auf den griechischen Raum hatte, lässt sich nur schwer ermessen, da erst vier Jahrhunderte danach schriftliche Aufzeichnungen gemacht wurden. Ob nur die Herrschaftsschicht "ausgetauscht" wurde, die Einheimischen mit den Einwandernden friedlich zusammengelebt haben oder es einen physischen Kampf gab, lässt sich aus den bekannten Quellen nicht entscheiden oder gar rekonstruieren.