Max Brod - Beinahe ein Vorzugsschüler1952 veröffentlicht, blickt Brod in diesem kurzen Roman auf seine Gymnasialzeit im habsburgischen Prag zurück. Das Gymnasium war deutschsprachig und die Schüler kamen aus den drei Nationalitäten: Deutschsprachige, Tschechen, Juden.
Anlass des Rückblicks ist eine Begegnung mit einem ehemaligen Schulkameraden namens Viktor Matthias Freund (Spitzname Vikmath), dem Namensgeber des Titels. Vikmath ist ein durchschnittlicher Schüler, literarisch und schauspielerisch begabt, ist Mitglied eines verbotenen politischen Zirkels, dem "Freisozialistischen Klub", was ihm fast das Recht auf die Reifeprüfung kostete, und wendet sich in der Tschechoslowakei schließlich Organisationsaufgaben in einem zionistischen Verein in Karlsbad zu.
Anhand von Vikmath wandert der Erzähler durch die Erinnerungen am Gymnasium mit seinen zum Teil sadistischen und willkürlichen Lehrern, die zum Teil den Juden sehr abgeneigt gegenüberstanden. Etwas zu breiten Raum nehmen in diesem kurzen Roman für meinen Geschmack die Schülerstreiche ein. Zwar kein Feuerwerk an Schenkelklopfern, aber im Verhältnis zu den aufgegriffenen ernsten Themen doch zu viel.
Zu den ernsten Themen zählt die Vertreibung der Juden aus dem Sudetenland und der Entscheidung Großbritanniens nur zehn der Flüchtlinge nach Palästina einreisen zu lassen. Dies ist eine wahre Begebenheit und Brod zählte zu einem der zehn. Vikmath wurde interniert, in KZs gebracht (Theresienstadt, Auschwitz), überlebte jedoch - im Gegensatz zu dem Schulkollegen Brods, der als Romanvorlage diente: dieser wurde in einem KZ ermordet.
Eingeflochten ist auch die Beschießung Tel Avivs und Jaffas durch Araber, die zum Teil von Minaretttürmen erfolgt. Die Briten im Noch-Mandatsgebiet rühren keinen Finger zum Schutz der Bevölkerung.
Durchaus eine interessante Lektüre, die jedoch trotz ihrer Kürze manchmal langatmig ist. Besonders die historischen Bezüge haben bei mir Interesse geweckt.