@psychiatrist @Nanush@infinitasIch lese gerade die letzten Beiträge nach. Danke für die fachlich fundierten Informationen zu der Thematik GAD.
Wenn man sich die Gesamtumstände ansieht, würde ich es auch für absolut unglaubwürdig halten, wenn am Ende der maximal 30-tägigen Begutachtung OPs die Diagnose einer schweren GAD steht, die ein solches Ausmaß einnimmt, dass OPs Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt erheblich beeinträchtigt war. Nur dann könnte sich eine solche Diagnose ja strafmindernd auswirken.
Der Umstand, dass bisher niemand – weder er selbst, noch seine Familie, Freunde, seine Psychologin – bemerkt haben, dass bei OP überhaupt eine solche Störung in Betracht kommt, zeigt, dass sie nicht besonders ausgeprägt sein kann. Erst Vorster musste kurz vor Ende des Prozesses allen die Augen öffnen…Dabei räumt sie selbst ein, dass OP in der Lage war, ein normales Leben zu führen, Leistungssport auf höchstem Niveau auszuüben, soziale Kontakte zu pflegen, sodass es sich nicht um eine besonders schwere Form der Störung handeln kann. Er selbst verspürte offenbar keinen besonderen Leidensdruck, der ihn veranlasst hätte, sich professionelle Hilfe oder zumindest Hilfe in der Familie oder bei Freunden zu suchen. Eine leichte Form einer Angststörung kann mMn nicht ausreichen, um eine spürbare Strafminderung zu begründen. Etwas stärker ausgeprägte Ängstlichkeit gehört nach meiner Auffassung zur normalen Bandbreite menschlichen Verhaltens und kann daher keine weniger strenge Behandlung rechtfertigen.
Ich hatte es auch so verstanden, dass das Typische der Störung in den meisten Fällen eine übertriebene und unbegründete Sorge vor verschiedenen einfachen und ganz alltäglichen Situationen darstellt, in denen die Angst des Betroffenen für den Normalbürger nicht nachzuvollziehen ist.
In dem Zusammenhang habe ich gelesen, dass die Diagnose generalisierte Angststörung nicht gestellt werden darf, wenn die Angst durch objektivierbare belastende Umstände verursacht ist.
http://www.netdoktor.at/krankheit/generalisierte-angststoerung-7525Hier stellt sich für mich die Frage, inwieweit die Angst vor Kriminalität dann überhaupt als Indiz für eine Angststörung in Betracht kommt. Diese dürfte jawohl allgemein verbreitet sein und lässt sich objektiv begründen. Nur daraus eine krankhafte Störung abzuleiten finde ich doch etwas dünn. Da müsste dann schon eine ganz extreme Ausprägung vorliegen, um von der normalen Angst des Durchschnittsbürgers abzuweichen und um darüber hinaus auch juristisch relevant zu sein. Belege dafür kann ich bei OP nicht erkennen. Zumal man nach weiteren Anzeichen für eine eventuelle Störung schon sehr krampfhaft suchen muss – und selbst dann bleiben die hier schon verschiedentlich dargestellten Widersprüche:
Insbesondere das sehr überlegte Verhalten bei der Tatausführung, das einer kopflosen Panikreaktion widerspricht, und das Vernachlässigen von Sicherheitsaspekten (unrepariertes Fenster, freie Zugänglichkeit von Leitern im Garten, entspanntes Einschlafen trotz offener Balkontür, Verzicht auf die Überprüfung der vollständigen Funktionsfähigkeit der Alarmanlage). Auch hier musste Vorster ja einräumen, dass es sich zum Teil um Aspekte handelt, die für eine GAD untypisch sind.