@peregrinaDas Thema hatten wir doch schon zur Genüge. Das Urteil, auf das du dich berufst, behandelt die Putativnotwehr und nicht den Putativnotwehrexzess, der im Fall von OP in Betracht käme. Der Exzess wird nach deutschem Recht anders behandelt als die Putativnotwehr. Nach ganz herrschender Auffassung folgt der Putativnotwehrexzeß allein den Regeln des Verbotsirrtums (§ 17 StGB): Waren sowohl der Irrtum über die Notwehrlage als auch der Irrtum über das erforderliche Verteidigungsmaß unvermeidbar, dann ist der Täter entschuldigt. Waren beide Fehlvorstellungen oder war eine von ihnen vermeidbar, dann handelt es sich um einen vermeidbaren Verbotsirrtum. Siehe Link von vor einigen Tagen, der von CQ geteilt wurde:
http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/Kai.U.Pawlowski/HP/Notwehr.htm (Archiv-Version vom 21.04.2014)Ergänzend dieser Link mit einer komprimierten Übersicht:
http://www.cobocards.com/pool/de/card/33323340/online-karteikarten-wie-ist-der-putativnotwehrexzess-zu-behandeln-/Die von dir gebetsmühlenartig wiederholte Rechtseinschätzung zum PNE entspricht nicht der herrschenden deutschen Rechtsauffassung. Grundsätzlich sind die meisten Irrtümer vermeidbar. Im Fall von OP wären ja eindeutig beide Irrtümer leicht zu verhindern gewesen. Hätte er nur kurz im Bett nachgesehen, ob Reeva dort liegt und sie gefragt, ob sie sich im Klo aufhält, wäre ohne Weiters deutlich geworden, dass keine Notwehrsituation vorliegt. Auch dass das Verteidigungsmaß in Bezug auf einen Einbrecher nicht angemessen war, war OP bekannt. Dies hat zur Folge, dass OP als Täter nicht entschuldigt ist.
Das ist – wie ebenfalls mehrfach betont wurde - die deutsche (!) Rechtslage. Selbstverständlich wird das südafrikanische Gericht nicht (!!) das deutsche Strafgesetzbuch heranziehen. Offenbar gelten dort sogar noch striktere Grundsätze. Insbesondere die Maßgabe, wann eine Notwehrsituation vorliegt, die zur Schussabgabe als Abwehr eines Angriffs berechtigt, sind sehr klar geregelt:
Deadly physical force can only be applied where it is reasonably necessary to prevent an imminent and deadly attack.
Für eine putative self defence ist entscheidend, ob ein anderer vernünftiger, beinamputierter und ebenso waffenkundiger Mensch in derselben Situation genauso reagiert hätte. Es ist also danach zu fragen, ob seine Reaktion angemessen war.
http://www.timeslive.co.za/local/2014/03/28/question-of-reasonableness-likely-to-be-key-in-pistorius-caseIch wüsste nicht, wie man begründen will, dass es angemessen war, 4mal durch die Tür zu schießen. Noch dazu mit der auf tödliche Verletzungen ausgelegten Munition. Auf einen Menschen, der hinter der Tür aufgrund der Größe des Raumes keine Ausweichmöglichkeit hat. Auch das übrige Vorgehen sieht nicht danach aus, als ob ein vernünftiger Beinamputierter in derselben Situation genauso gehandelt hätte. Subjektiv könnte OP zwar vorausgesehen haben, dass sein Leben in Gefahr war, aber das ist nicht entscheidend. Es kommt darauf an, ob dieser subjektive Glaube objektiv angemessen war, und ob er andere vorbeugende Schritte hätte unternehmen können.
Die südafrikanische Rechtsauffassung ist ziemlich klar. Wenn man der drohenden Gefahr (Bedrohung) entkommen kann, ohne das eigene Leben zu gefährden, muss man es tun. Wenn man eine Person tötet, müssen so gravierende Umstände vorliegen, dass es eigentlich (praktisch) keinen anderen Weg gab, um das eigene Leben zu schützen. Wenn ich diese Maßstäbe anlege, kann ich im Fall OP nicht erkennen, dass die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.