Münchens ungeklärte Mordfälle
06.07.2015 um 21:56Die Doku aus der Reihe der "Großen Kriminalfälle" stellt z. B. den Tod von Michael Luchting als Mord vor.
Mit Blumen, Kerzen und Bildern gedachten Angehörige und Freunde an einem Kastanienbaum in der Erhardtstraße ihres Freundes Domenico L. , der vor zweieinhalb Jahren an dieser Stelle von einem Unbekannten erstochen worden war.
Plötzlich war die Gedenkstätte verschwunden. Nach einem SZ-Bericht meldete sich nun ein Ehepaar aus Planegg. Es habe am 22. August ein paar junge Männer beobachtet, die die Erinnerungsstücke einfach in die Isar geworfen haben.
Die Familie radelte am 22. August zum Sommerfest im Deutschen Museum, vorbei an der Stelle, an der Domenico L. im Mai 2013 einen Mann zur Rede stellen wollte, der seine Freundin angespuckt hatte. Der Fremde hatte ein Messer gezogen und den jungen Italiener niedergestochen.betroffen.
Seit jenem Tag kommen Domenicos Freunde und seine Verlobte, die Augenzeugin der Tat war, zu der Stelle und bringen frische Blumen und Kerzen. "Aus dem Augenwinkel hab' ich gesehen, dass die Männer den Platz freigeräumt haben, wohl, um sich dort niederzulassen", erzählt die Zeugin aus Planegg.
Sie fuhr mit ihrer Familie über den kleinen Steg zum Museum und sah, wie gegenüber Blumen und Kerzen in die Isar flogen. "Die jungen Männer sahen so aus, dass man sich besser nicht mit ihnen anlegt." Sie habe auch nicht realisiert, dass es sich um die Gedenkstätte von Domenico L. handelt.
Die Freunde von Domenico L. kämpfen seit Jahren dafür, dass an dem Baum ein Gedenkfoto angebracht wird. Doch die Stadt hat das Ansinnen bereits zweimal abgelehnt. Zuletzt schrieb Oberbürgermeister Dieter Reiter im November 2014, dass man nicht an alle schrecklichen Morde in einer Großstadt mit einer Gedenktafel erinnern könne.
Die Hinterbliebenen können das nicht nachvollziehen. Der Mörder von Domenico L. ist noch nicht gefasst. "Die Ermittlungsgruppe besteht nach wie vor", sagt Markus Kraus, Chef des Mordkommissariats. Es würden immer wieder Hinweise einlaufen. Der entscheidende Tipp aber fehlt.
Vor genau 20 Jahren
Fall Pecher: Bestialischer Mord bis heute ungeklärt
Ralph Hub, 09.05.2016 06:06 Uhr
Tatort Blutenburgstraße: Genau hier ist Stefan Pecher (kleines Bild) vor 20 Jahren mit durchschnittener Kehle aufgefunden worden. Foto: Ralph Hub/ho
Tatort Blutenburgstraße: Genau hier ist Stefan Pecher (kleines Bild) vor 20 Jahren mit durchschnittener Kehle aufgefunden worden. Foto: Ralph Hub/ho
Der Täter sticht Stefan Pecher ins Herz und schlitzt ihm die Kehle auf. Ein Mord aus Rache – oder das Ende eines Drogendeals?
München - Mit durchschnittener Kehle wurde Stefan Pecher in der Nähe des Rotkreuzplatzes am Steuer seines Sportwagens gefunden. Genau 20 Jahre liegt der Mord an dem Truderinger Bankierssohn zurück. Bis heute ist der mysteriöse Mordfall ungeklärt, der Täter läuft noch immer frei herum.
Der Innenraum des Sportwagens ist voller Blut
Der rote zweisitzige Honda CRX steht in der Nacht auf den 10. Mai 1996 in der Blutenburgstraße vor der Hausnummer 120. „Einem Anwohner war der Sportwagen aufgefallen, weil er die Zufahrt der Tiefgarage blockierte“, sagt ein Polizeisprecher.
Durch die beschlagenen Scheiben sieht der Zeuge undeutlich einen Mann hinterm Steuer. Der Sicherheitsgurt ist angelegt, sein Körper hängt seitwärts gekippt über dem Beifahrersitz. Der Anwohner versucht, den Fahrer anzusprechen, doch der reagiert nicht. Der Zeuge öffnet die Beifahrertür und sieht eine Leiche. Überall klebt Blut – auf einem Faltplan, einer Zeitschrift und auch auf den schwarzen Ledersitzen.
Die Tatwaffe, ein blutverschmiertes Küchenmesser mit einer etwa 15 Zentimeter langen Klinge, liegt unterhalb des Beifahrersitzes. Der Griff ist sorgfältig abgewischt.
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Stefan Pecher muss sich gegen den Angreifer verzweifelt gewehrt haben. Darauf deuten die Schnitte an seinen Armen hin. Der Täter hat etwa 20 Mal auf sein Opfer eingestochen. Einer traf mitten ins Herz. Zudem hat ihm der Angreifer die Kehle durchgeschnitten, das ergibt später die Obduktion in der Gerichtsmedizin. Fachleute sprechen bei so einem Tatverlauf von Übertöten: Ein Hinweis, dass Wut und Hass eine große Rolle gespielt haben.
Was zunächst niemand ahnt: Stefan Pecher hat ein geheimes Doppelleben geführt. Nach außen ist er der Sohn aus wohlhabendem Hause. Der Vater ist Bankier. Die Familie lebt damals in einem Haus in Trudering.
Stefan Pecher absolviert die Realschule. Die Mittlerer Reife schafft er nicht. Auch die Ausbildung zum Hotelkaufmann bei „Mövenpick“ setzt er in den Sand. Er wird beim Klauen erwischt. Später jobbt er im Nobel-Hotel „Vier Jahreszeiten“.
Der Bankierssohn redet ständig von schnell verdientem Geld. Freunde beschreiben ihn als „großspurigen Angeber“ und „Dampfplauderer“.
Die dubiosen Drogen- und Geldgeschäfte des Bankierssohns
Stefan Pecher hat hochfliegende Pläne. Mal sind es Immobiliengeschäfte in Costa Rica, mal will er ein Vermögen mit Luxusuhren aus Osteuropa verdienen, mal in München ein Restaurant eröffnen. Seine Handelsfirma dümpelt allerdings ziemlich erfolglos vor sich hin. Vor Freunden prahlt er damit, dass er monatlich 10 000 Mark verdiene.
Tatsächlich müssen ihn seine Eltern finanziell unterstützen. Sie geben ihm Geld und lassen ihn kostenlos bei sich wohnen. Im krassen Gegensatz dazu steht der Lebensstil des 22-Jährigen. Teure Markenklamotten, Goldschmuck und immer wieder wilde Partys in Nobeldiscos. Er schwärmt für Porsche und schnelle Motorräder.
Doch der Luxus muss finanziert werden. Freunde berichten, Stefan sei auf der Suche nach einem reichen Gönner gewesen, ob Frau oder Mann habe weniger eine Rolle gespielt. Homosexuell sei er aber nicht gewesen, sagen Bekannte.
Um an Geld zu kommen, soll der Bankierssohn laut Polizei drei Raubüberfälle verübt haben, darunter vermutlich zwei auf Supermärkte. Zudem dealt er in größerem Umfang mit Drogen – meist Ecstasy-Pillen und Kokain, das er auch gelegentlich selbst schnupft.
Die Kripo findet ein Waffenarsenal
Der 22-Jährige hat zudem offenbar ein weiteres, gefährliches Geschäftsfeld: Er handelt mit Waffen. Die Kripo findet eine Maschinenpistole, eine Ceská Zbrojovka, Modell 26, aus Tschechien, dazu eine Pistole vom Typ Beretta, sowie Munition für beide Waffen. Das Arsenal des 22-Jährigen umfasst zudem eine scharfe Handgranate und zwei Handgranaten-Attrappen. Die Waffen gehören laut Polizei Stefan Pecher.
Sichergestellt werden auch zwei schwarze Overalls, zwei Sturmhauben und zwei schusssichere Westen. Alles hat der 22-Jährige damals in einer Tasche in der Wohnung eines Freundes deponiert.
Er erzählt, dass er sich bedroht fühle, dass er „Ärger am Hals habe“. Er will eine Pistole mit Schalldämpfer kaufen. Er legt sich einen Elektroschocker zu, im Kofferraum seines Sportwagens liegt ein Baseballschläger griffbereit. Er hat Angst. Unklar ist, vor wem. Kurz vor seinem Tod kommt Stefan Pecher an einen Haufen Geld. Freunde berichten, er habe Summen bis zu 40 000 Mark herumgetragen. Woher das Geld stammt, weiß niemand.
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Am 9. Mai, dem Todestag, ist er abends zu einem Geschäftsessen verabredet. Um Eindruck zu schinden, leiht er sich von seinem Vater eine Cartier-Uhr. Zusätzlich steckt er 600 Mark ein. Doch der 22-Jährige versetzt seine Verabredung.
Mord verjährt nicht
Tatsächlich ist für den Abend vermutlich ein Drogendeal geplant. Er soll in der Nähe des Rotkreuzplatzes über die Bühne gehen, glauben Ermittler. Mehrere Zeugen melden sich bei der Polizei, denen in der Tatnacht zu unterschiedlichen Zeiten in der Blutenburgstraße der rote Honda aufgefallen war.
Die Familie des 22-Jährigen wird von den Mordermittlern befragt, ebenso Freunde und Kollegen. Doch die Spuren und über 200 Hinweise bringen keinen Durchbruch. Einige sind bis heute ungeklärt. Auch das Handy des Opfers ist weg. Möglicherweise enthält es Namen, die zum Mörder führen.
„Es gibt keine neuen Hinweise“, sagt Kriminaloberrat Markus Kraus, Chef der Mordkommission. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln weiter. „Mord verjährt nicht, deshalb wird der Fall nicht zu den Akten gelegt“, sagt Markus Kraus.
Sieben Ordner umfasst inzwischen die Mordakte Pecher. Routinemäßig werden Spuren und sichergestellte DNA immer wieder geprüft und mit Hilfe neuer Verfahren analysiert. Im Dezember geschieht das voraussichtlich erneut. Für Hinweise, die zur Festnahme des Täters führen, gibt es 2500 Euro Belohnung.
Sollte jemand einen neuen, diskussionswürdigen Ansatz präsentieren können, kann es hier weiter gehen.Also, kannst Du???