falstaff schrieb:Nur widersprechen die Worte des Anwaltes einer anderen Aussage desselben Anwaltes, nach der der Angeklagte schweigen wird. Wenn man geklärt wissen will "was war und was nicht", dann sollte man auch seinen nicht unerheblichen Teil dazu beitragen.
Ich seh da halt eher eine starke Vereinfachung als einen Widerspruch.
Im Grunde sagt er ja, dass er es nicht nochmal mit dem Argument es lägen nicht genug Beweise vor um einen dringenden Tatverdacht und damit einen Haftgrund zu rechtfertigen und das es im Interesse aller ist, das mit den Spekulationen mal zu lassen und das vor Gericht zu klären.
Das das nicht die ganze Wahrheit ist, sondern der geschönte Teil davon, da denke ich sind wir uns einig.
Als Strafverteidiger ist er sicher auch nicht sooo wild darauf zu erwähnen, dass sein Mandant bei der damals erfolgreicher Haftbeschwerde noch nicht wegen Körperverletzung und Kindesmissbrauch auf Bewährung war...
Hercule-Poirot schrieb:War Rudi Cerne eigentlich eingeweiht, dass C.F. da bereits verdächtigt wurde?
Mein Eindruck war damals, dass er es nicht wusste
Den Eindruck hatte ich auch, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die den Cerne so auflaufen lassen.
Grade weil es in der Lage ja durchaus auch Sinn macht ein paar Fragen wegzulassen oder umzuformulieren, als bei einem Angehörigen der nicht verdächtigt wird.
Ich erinnere mich nicht an den genauen Wortlaut, aber ich meine einer der Ermittler hatte sinngemäß angemerkt, dass man halt beobachtet hätte, dass der Verlobte sich gerne reden hört und großes Interesse daran zeigt das Gefühl zu haben an den Ermittlungen mitzuwirken bzw sie in seiner Fantasie auch zu steuern und man sich recht gezielt dazu entschieden habe ihn mal machen zu lassen, denn erfahrungsgemäß muss man solche Leute einfach nur reden lassen und bekommt dann zumindest irgendwann Unstimmigkeiten, an denen sich ansetzen lässt.
Cerne ist ein ziemlich geschickter Moderator und kein offizieller Teil der Ermittlung.
Abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, das Herr Cerne es sonderlich lustig findet den Tatverdächtigen neben der aufgelösten Familie zu befragen ohne davon in Kenntnis gesetzt zu werden würde es mich auch wundern, wenn die Ermittler nicht durchaus auch eine Chance gesehen haben, dass Cerne ohne viel zu tun oder gar an den Rand des Vertretbaren zu müssen dem TV im Gespräch noch die eine oder andere Schaufel reichen können würde mit der er noch ein bisschen an seinem eigenen "Grab" schaufeln kann.
Wäre ja nicht das erste Mal, dass so ein Täter sich für superklug hält und dann den einfachsten, rhetorischen Tricks auf den Leim geht, die Herr Cerne doch ganz ohne Frage bestens beherrscht.
Zumindest traue ich ihm ohne zu zögern zu, dass dieser Eindruck er habe von dem Verdacht keine Ahnung (den ich auch hatte) 100% überzeugend spielt obwohl er sehr wohl im Bilde war.
emz schrieb:Für mich sieht das ganz so aus, als habe sich die Verteidigung bereits reichlich mit entsprechenden Gutachten eingedeckt.
Das würde ich auch erwarten.
Ich denke für die Menschen die erwartet haben, dass es eine ganz einfache Sache wird, dem TV diesen Mord mal eben nachzuweisen wird das noch so einige unschöne Momente geben.
Hoffen wir mal, dass die Anklage ihrerseits da über mindestens vergleichbar schöne Gutachten verfügt.
MissWexford schrieb:Nein, natürlich ist das nicht merkwürdig...Das musste er auch googlen, so etwas lernt man anscheinend nicht in der Ausbildung,
Wie ich bereits schrieb:
Nein tut man nicht.
Weder an einer Krankenpflegeschule noch in einem Medizinstudium kann man den Auszubildenden/Studenten sämtliche Wirkmechanismen, Neben- Wechselwirkungen, sämtlicher Medikamente "in den Kopf gießen".
Das läuft nicht mal bei den Pharmakologen so, die im Zeitalter der Fertigarzneien in Sachen Pharmakokinetik weit bessere Ansprechpartner sind als Mediziner.
Im digitalem Zeitalter würde es außerdem an Fahrlässigkeit grenzen, wenn man sich nur auf Ausbildungs- oder Studienstoff verlässt, statt digitale Medien und Datenbanken zu nutzen um aktuelle (Zusatz)informationen abrufen und anwenden zu können, lange bevor sie in der nächsten Auflage gedruckter Fach- und Lehrbücher auftauchen.
Bitte nicht vergessen, dass Google einem nicht nur Blogs irgendwelcher Privatmenschen auflistet, sondern (vor allem mit den Berufsbezogenen Zugangsdaten) auch zahlreiche offizielle, seriöse Quellen listet und "Google Books" das Ganze nochmal um "altbewärtere Lehrmittel" ergänzt.
Bitte "Googlesuche" nicht gleichsetzen mit "nächst Bester Wikipediaartikel/Drogenforum".
Ich nutze auch oft Google um ohne großen Aufwand einen schnellen Zugriff auf vetpharm, gelbe Liste und andere Datenbanken zu erhalten und kenne ehrlich gesagt keinen Krankenpfleger, (Tier)mediziner oder Pharmazeuten der das nicht ebenfalls tut.
Wäre auch traurig, was nutzen uns bzw unseren Patienten, die dort gebotenen Vorteile, wenn wir sie nicht nutzen, nur weil Laien bei dem Begriff "Google Suche" dazu neigen zu vergessen, dass auch offizielle Quellen im digitalem Zeitalter angekommen sind?
MissWexford schrieb:Da mache ich mir ehrlich gesagt keine große Sorgen, der Richter ist ja nicht doof...
Das ist ja das, was ich mir so schwierig vorstelle.
Wenn der Richter professionell ist, dann weiß er, dass:
"Ich als Mensch halte den Angeklagten für schuldig."
und
"Die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Indizien erscheinen mir ausreichend als "Beweis" um einen Schuldspruch zu rechtfertigen."
Zwei gänzlich verschiedene Paar Schuhe sind.
Und bisher ist meiner Ansicht nach nicht zu verzeichnen, dass die Anklage der Verteidigung was die "Beweislast" geht nennenswert voraus ist.
pannettone schrieb:Die beiden bisherigen Hauptverhandlungstage brachten einige bemerkenswerte Neuerungen:
a) An Spaten und (?) Trinkflasche wurden DNA Anhaftungen gefunden, die NICHT zum Angeklagten oder zu den Ermittlern gehörten;
Wie
@Schneewi77chen schon schrieb, wurde das aufgeklärt, es ist aber in dem "Protokoll" wirklich ungünstig und unübersichtlich dargestellt:
11:44 Uhr
03.07.2020
Auf Nachfrage von Staatsanwalt Thomas Rauscher konkretisiert die Sachverständige die Spuren an Spaten und Trinkflasche. Sie wurden durch sogenannte berechtigte Personen, in diesem Fall Polizeibeamte am Fundort, verursacht.
Das hätte man an die vorherige Feststellung, dass diese Spuren explizit nicht dem Angeklagten zugeordnet werden konnten einfach anfügen können, das wäre weit weniger verwirrend gewesen.
pannettone schrieb:b) an dem Kleidungsstück (Slip) wurde die DNA von DREI Personen gefunden, die wiederum nicht Angekl. oder Ermittler zuzuordnen waren;
Das ist korrekt, aber solange keine stimmigere These vorgelegt wird, nehme ich an, dass diese DNA-Profile während der Fertigung an das Kleidungsstück kamen und mit dem Fall nichts zu tun haben.
pannettone schrieb:c) die StA legt sich insoweit fest, dass der Angeklagte sein Opfer in der gemeinsamen Wohnung getötet haben soll;
emz schrieb:Das wäre aber schon etwas unwahrscheinlich, würde die StA so etwas behaupten, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben. Welchen Sinn sollte es haben, sich darauf festzulegen?
Zunächst hatte ich ja auch gehofft, dass diese Festlegung bedeuten könnte, dass es da doch noch Beweise gibt.
Ich habe da nochmal eingehend drüber nachgedacht und bin zu einem anderen Schluss gekommen:
Wenn ich nicht komplett auf dem Schlauch stehe (was gut möglich ist, weil ich kein Jurist bin), dann könnte es sich bei der Festlegung auf die gemeinsame Wohnung als Tatort um eine reine Formsache handeln, bei der die Staatsanwaltschaft gar keine Wahl hatte.
Ich habe mir den entsprechenden Abschnitt der StPo mal angeschaut und obgleich das bei Gesetzen ja eher unüblich ist, erscheint mir die Formulierung sehr eindeutig:
Inhalt der Anklageschrift laut §200 StPo(1) 1Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz).
Das liest sich für mich tatsächlich so als habe die Staatsanwaltschaft gar keine Wahl als in der Anklageschrift einen konkreten Tatort zu benennen, wenn sie die Form einhalten will.
Wenn ich hier nicht voll daneben liege, dann könnte das also auch gar nichts bedeuten.
pannettone schrieb:d) an den Knochenresten des Opfers finden sich vier Haare, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten gehören.
Das ist korrekt, zumindest müssten sie sonst zu einer anderen Person aus seiner Mutterlinie (sagt man das bei Menschen so?) gehören.
pannettone schrieb:Ich bin zwar auch der Auffassung, dass der Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter ist, momentan bestehen aber eben erhebliche Zweifel.
So sehe ich das auch.
Als Mensch zweifle ich nicht, als bekennender Fan des Rechtsstaates sehe ich hier Probleme.
Hercule-Poirot schrieb:Dann würde ich an seiner Stelle den Unschuldsbeweis antreten
Tun sie doch im Prinzip.
Man könnte auch vor Gericht sitzen und darauf hoffen, dass dem Richter die Indizien nicht reichen.
Stattdessen bringt die Verteidigung doch sehr wohl alternative Erklärungen vor und laut
@emz Recherche wird auch die Verteidigung eigene Gutachten mitbringen.