Rick_Blaine schrieb am 05.03.2020:Eigentlich bin ich ja Strafverteidiger und lese daher @Fraukie s Argumente mit einem gewissen Wohlwollen, aber ich setze mir jetzt mal den Richterhut auf und sage, als meine Meinung: in Beurteilung der uns bekannten Dinge tendiere ich dazu, die Täterschaft des Verlobten bewiesen zu sehen. Ich denke, ich würde als Richter hier den Verlobten schuldig sprechen.
Rick_Blaine schrieb am 05.03.2020:Mehr "Sicherheit" wird der Fall nicht hergeben und freilich bleibt dabei immer ein Restrisiko, dass die Richter falsch liegen.
Ich bin nicht sicher in wie fern "richtig" und "falsch" hier passend sind bzw ob es wirklich so einfach ist.
Tatsache ist doch, dass ein objektiver, rein sachlicher Richter zwar eine schöne Sache wäre aber eben auch, dass es soetwas wie einen objektiven Menschen nicht gibt und grade in Strafsachen ist der Begriff des Beweises bzw der Beweiskraft eben nicht so eindeutig wie er in einer idealen Welt wäre.
Aber am Ende des Tages ist "ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild" bzw "Folgende Tathergangshypothese ergibt Sinn" einfach mal kein Beweis.
So ganz persönlich, individuell bin ich nicht nur davon überzeugt, dass der TV Maria getötet hat, sondern sehe hier auch gleich mehrere Mordmerkmale als mehr als nur hinreichend passend an, dass ich hier auch nicht an Totschlag oder sowas glaube, sondern definitiv an Mord.
Aber ein Gerichtssaal ist keine Kirche und darf es auch nicht sein. Dass vorliegende Indizien, das "Nachtatverhalten des TV" (ich bin nicht sicher in wie fern es ok ist von "Nachtatverhalten" zu sprechen, wenn die Tat (noch) nicht als erwiesen gilt) und Vieles mehr ein für mich stimmiges Gesamtbild formen, dass mich zu dem Schluss kommen lässt, dass dieser TV dieses Opfer ermordet hat darf vor Gericht keine Rolle spielen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier "der Richtige" in U-Haft sitzt / vermutlich bald vor Gericht stehen wird.
Aber all die Indizien die mich zu diesem Schluss bringen sind keine Beweise.
Als Richter würde ich den TV "aus Mangel an Beweisen" frei sprechen, denn was ich glaube oder nicht spielt keine Rolle, wichtig ist nur ob dem TV die Tat auch wirklich nachgewiesen werden kann und anhand der Informationen die der Öffentlichkeit zugänglich sind ist das meiner Ansicht nach nicht der Fall.
Wenn es da also keine "besseren Beweise" gibt, die (was bei dem Stand der Ermittlungen/der Anklage ja nicht unüblich wäre) der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben wurden, dann ergibt sich hier leider die unschöne Situation in der
1. der "gesunde Menschenverstand" sagt "schuldig"
2. ein fairer Prozess sagt "Die Beweislage ist für einen Schuldspruch einfach mal zu dürftig."
Sicherlich ist es niemals schön, wenn ein Prozess mit einem Freispruch endet obwohl die Anklage der Realität mehr als nur nahe kam.
Aber ich bin bekennender Fan von Rechtsstaatlichkeit und lehne jede Form der Hexenjagd ab obwohl ich weiß, dass der Preis dafür sehr hoch sein kann.
Ich habe vollstes Verständnis dafür wenn es manch Einem "zu teuer" erscheint, aber das Recht auf einen fairen Prozess hat bei konsequenter Durchführung einfach mal zur Folge, dass man damit Leben muss, dass manche Täter davon kommen, weil bei allen Indizien und allem "ergibt Sinn" einfach mal die handfesten Beweise fehlen.
Das Einzige, was man dagegen tun kann (und was ja scheinbar in diesem Fall auch schon einmal geschehen ist) wäre sich gegen eine Anklage zu entscheiden, das ergibt aber nur dann Sinn, wenn man Gründe zu der Annahme hat, dass sich in Zukunft noch bessere Beweise finden lassen und man deswegen die Geduld vor das Risiko eines Freispruches aus Mangel an Beweisen stellt.
Aggie schrieb am 05.03.2020:Welche Motive könnte CF gehabt haben, Maria zu ermorden?
Alles Mögliche, nichts sinnvolles und so ziemlich alles dazwischen.
Unschuldsvermutung für den anstehenden Mordprozess hin oder her, die anderen Taten, die der TV zugegeben hat lassen ja kaum einen Zweifel daran, dass mit diesem Menschen irgendwas ganz gewaltig nicht stimmt.
Erfahrungsgemäß führt sowas dann eher zu "Enttäuschungen", wenn man erwartet, dass sich ein Motiv auftut, dass für den "normalen Menschen" nachvollziehbar ist.
Und Motive, die für "normal denkende Menschen" völlig bescheuert wirken haben üblicher Weise den Effekt noch deutlicher zu machen wie unglaublich sinnlos hier ein Menschenleben ausgelöscht wurde.
monstra schrieb am 06.03.2020:Würde man eine 100%ige Sicherheit verlangen, einen Beweis im naturwissenschaftlichen Sinne, dann wären Verurteilungen nur bei Geständnissen möglich.
Abgesehen davon, dass die Beweiskraft von Geständnissen, Zeugenaussagen und Co meiner persönlichen Ansicht nach sehr zweifelhaft ist, hast Du natürlich Recht.
100% beweisbar im naturwissenschaftlichen Sinne dürften ganz, ganz wenige Straftaten sein.
Aber es gibt doch nicht nur "100%ig bewiesen" und "Aufgrund von Hörensagen schuldig gesprochen."
Da gibt es doch zig Abstufungen dazwischen.
In diesem Fall z.B. wäre ein objektiver Nachweis dafür, dass der am "Grab" gefundene Spaten definitiv der Selbe ist, wie der den der TV nachweislich gekauft hat meiner Ansicht nach schon ein äußerst brauchbarer Beweis.
monstra schrieb am 06.03.2020:Und da zählt nur, ob der Angeklagte einen Totschlag oder einen Mord begangen hat. Es kann durchaus offen bleiben, wie er das bewerkstelligt hat. Auch Ort und Zeit können offen bleiben.
Dem stimme ich teilweise zu.
Denn um zu entscheiden ob der TV hier einen Totschlag oder Mord begangen hat ist es doch dennoch unvermeidbar erst einmal nachzuweisen, dass das Opfer überhaupt durch Fremdeinwirkung zu Tode kam.
Aber auch wenn diese Fremdeinwirkung hinreichend bewiesen ist, dann ist es in einem Rechtsstaat doch wünschenswert, dass es nur dann zu einer Verurteilung kommt, wenn für die Täterschaft des TV ein
bisschen mehr spricht als "Er hatte ein Motiv und die Möglichkeit."
Das es nicht notwendig ist ein konkretes Motiv, eine exakte Uhrzeit, den Tatort, die genaue Todesursache, verwendete Tatmittel incl deren Quelle und so weiter lückenlos vorzulegen ist ebenfalls korrekt.
Das gilt aber für Fälle in denen man ein oder zwei dieser Faktoren nicht abschließend geklärt werden können.
Hier liegt nu aber ein Fall vor in dem weit mehr als ein oder zwei Lücken in der "Beweiskette" waren
- bekannt ist der Auffindeort und soweit ich richtig informiert bin gibt der Leichenfundort dem TV die Möglichkeit die Tat begangen zu haben, liegt wohl auf bzw unweit der Strecke auf der der TV und das Opfer sich befunden haben nachdem sie bei dem Grillen das letzte Mal von Personen außer dem TV gesehen wurde
- die ausgehobene Grube und der Löschkalk legen eine gewisse Planung bzw Vor- oder ggf auch Nachbereitung nahe
- der TV hat während der Ermittlungsarbeiten falsche Angaben gemacht (von Anrufen berichtet, die laut Datenlage nicht stattgefunden haben)
Aber es ist völlig unklar wann, wo und wie das Opfer zu Tode kam, wie es zum Fundort kam und wann.
Hier fehlen einfach mal mehr handfeste Infos als das welche zur Verfügung stehen.
monstra schrieb am 06.03.2020:
Aggie schrieb:
Als Mordmerkmale nennt die Staatsanwaltschaft Heimtücke und niedere Beweggründe.
Heimtücke durch den Einsatz des Beruhigungsmittels Lorazepam.
Ich frage mich einfach mal ernsthaft wie genau man das beweisen will.
1. Auch wenn der TV Zugang zu Lorazepam hatte und es bereits bei anderen Taten verwendet hat, dann macht ihn das noch lange nicht zu der einzigen mögliche Quelle und es beweist auch nicht, dass das Opfer die Substanz gegen ihren Willen bzw ohne ihr Wissen eingenommen hat
2. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wird der Fall jetzt wieder "bearbeitet", weil sich die Messmethoden verbessert haben und Lorazepamspuren gefunden werden konnten, die für ältere Messmethoden zu gering waren.
Benzodiazepine haben bereits im lebenden Organismus tendenziell eine recht hohe Halbwertszeit und werden in totem Gewebe meines Wissens noch viel langsamer abgebaut.
Der Nachweis von so geringen Spuren dürfte absolut ungeeignet sein um eine Aussage darüber zu treffen ob es sich um eine Dosis gehandelt hat, die das Opfer außer Gefecht setzen konnte.
Zusätzlich beweist das Auffinden von so geringen Spuren einer Substanz die derart lange im Körper verweilt genau genommen nicht einmal, dass das Lorazepam überhaupt irgendwas mit dem Tod des Opfers zu tun hatte, denn wie will man da überhaupt nachweisen, dass das Lorazepam perimortal vom Opfer aufgenommen wurde und nicht bereits Tage zuvor.
emz schrieb am 06.03.2020:Was wir nicht übersehen dürfen, beim Missbrauch der Patientin war Maria Baumer bereits tot, da drohte also keine Gefahr einer Offenlegung durch sie.
Das würde halt voraussetzen, dass die Missbrauchstaten derer sich der TV für schuldig bekannt hat auch seine einzigen derartigen Taten waren, was meines Wissens statistisch betrachtet sogar eher unwahrscheinlich ist.
Meint: Es kann durchaus Taten gegeben haben bei denen durchaus eine Aufdeckung durch das Opfer möglich gewesen wäre.
falstaff schrieb am 07.03.2020:Ich gehe nicht davon aus dass er befürchtete dass sie etwas herausgefunden haben könnte, sondern dass sie etwas herausgefunden hatte.
Das wiederum kann ich mir nicht vorstellen.
Wenn der TV der Mörder ist den das Gesamtbild erscheinen lässt, dann würde ich mal vermuten, dass sogar der "Auftritt bei der Grillparty" als normales, glückliches Paar in dessen Beziehung keine Probleme erkennbar sind Teil des Plans war.
Maria klingt aber irgendwie so gar nicht wie die Sorte Mensch, die sowas hätte "durchziehen" können, wenn sie bereits über die Vergehen ihres Verlobten Bescheid gewusst hätte.
Vermutlich hätte sogar ein ernsthafter Verdacht sie eher dazu verleitet sich bei diesem Grillfest entschuldigen zu lassen als das glückliche Paar zu spielen.
Ich würde daher eher annehmen, dass sie entweder nur ganz am Rande etwas geahnt hat oder der TV einen Grund (muss nicht mal ein "Guter" sein) hatte anzunehmen, dass sie sehr bald Kenntnis von seinen "Aktivitäten" erlangt.
Dazu müsste er z.B. nur erfahren haben, dass eines seiner Opfer Maria kennt und plant oder planen könnte sich ihr anzuvertrauen. Er könnte auch Post vom Gericht oder so erwartet haben, deren pure Existenz ihn in Erklärungsnot gebracht hätten.
Maria war ja nicht nur eine Person deren Ruf dazu geführt hätte, dass man alles was sie sagt sehr ernst nimmt und als glaubhaft verbucht.
Es ist auch absolut möglich, dass die Beziehung mit einer solchen Frau für ihn gewissermaßen eine sehr wirkungsvolle Maskerade war, allerdings nur solange sie ihn auch für den hält, der er nach außen hin stets vorgab zu sein.
Hätte sie von seinem "Doppelleben" Kenntnis erlangt wäre nicht nur die schöne Maskerade weg gewesen, ihr guter Ruf, den er für sich zu nutzen wusste hätte sich auch komplett gegen ihn gewandt.
Seidenraupe schrieb am 07.03.2020:Ich denke, MB hätte ihrer Vertrauten und Zwillinsschwester da mindestens Andeutungen gemacht.
Dass sie reinn gar nichts erzählt hätte, glaube ich nicht.
Ich glaub das schon.
Denn diesbezüglich:
Seidenraupe schrieb am 07.03.2020:Dass sie, obwohl sie grad eine Pornosammlung oder das Tatvideo auf seinem Rechner gefunden hat, am Abend vor ihrem Verschwinden fröhlich bei seinem Bruder/Schwägerin in Bernhardswald feiert, kann ich mir iin diesem Zusammenhang noch weniger vorstellen.
bin ich voll und ganz Deiner Meinung.
Ihr unauffälliges Verhalten bei dem Treffen vor ihrem Verschwinden schließt es für mich eigentlich aus, dass sie wirklich etwas gewusst hat.
Wenn überhaupt, dann hatte sie bestenfalls kleine Zweifel und Unsicherheiten.
Sie war aber eine Frau die offenbar große Integrität besaß und auch ein Stück weit mit Öffentlichkeitsarbeit vertraut war.
"Ich glaube mein Verlobter ist ein Sexualstraftäter." ist eine Anschuldigung, die man einmal ausgesprochen niemals wieder ungeschehen machen kann.
Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass sie selbst engsten Vertrauten gegenüber irgendwas auch nur angedeutet hätte, wenn sie nicht ganz sicher gewesen wäre und wäre sie ganz sicher gewesen, dann hätte sie nicht "das glückliche Paar" auf einer Grillfeier gespielt, die man doch sicher ohne großes Tamtam auch hätte absagen können.
Seidenraupe schrieb am 07.03.2020:Wie oft kommt es eigentl vor, dass xy Sendungsvideos im Netz gelöscht werden? Die Sendung mit dem TV finde ich nicht mehr.
Das ist jetzt ja nicht nur eine offene Fallakte, sondern eine auf Hochtouren laufende Ermittlung.
Da dürfte es weder im Interesse der Staatsanwaltschaft noch der Verteidigung sein, wenn diese Sendung weiterhin abrufbar wäre.
monstra schrieb am 08.03.2020:Irgendwann wurde hier in diesem Thread behauptet, die Polizei habe aufgrund der bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisse den späteren Tatverdächtigen bewusst dazu gedrängt, für die XY-Sendung zur Verfügung zu stehen.
Ob und wo das hier im Thread vorkam weiß ich nicht mehr, aber ich meine mich zu erinnern, dass es einen Fernsehbeitrag gab (ich meine sogar, es war eine spätere xy Sendung) in der klargestellt wurde, dass der Verlobte bei Aufzeichnung und Ausstrahlung bereits voll im Fokus der Ermittler stand und man ihn u.A. auch deswegen hat machen lassen, weil sein Interesse an der "Steuerung" der Ermittlungen so massiv war, dass die Ermittler wohl durchaus gehofft haben, dass er sich bei seiner Mitwirkung weiter in viel zu detaillierte Aussagen verstrickt die sich dann widerlegen lassen.
Ich schaue xy eher gelegentlich also korrigiert mich wenn ich falsch liege, aber zumindest ich erinnere mich an keinen anderen Fall indem Angehörige/Betroffene sich in der filmischen Nachstellung des aktuellen Ermittlungsansatzes selbst gespielt haben.
monstra schrieb am 08.03.2020:dass ich nicht verstehen kann, wie sich eine lebenslustige, gläubige und großherzige Frau wie Maria auf so eine Gestalt einlassen und sogar eine Heirat planen konnte.
Mein Vater pflegte oft zu sagen, dass es auf dieser Welt Menschen gibt, die über Andere nur so schlecht denken können wie sie selbst sind.
Ich habe oft Fälle gesehen in denen das den Nagel nur mehr als auf den Kopf trifft.
Dass grade eine Frau wie Maria in ihrem Verlobten (den sie ja auch schon recht lange kannte und der in ihre Familie voll integriert war) unmöglich so etwas sehen konnte wundert mich daher nur sehr wenig.
LucioAM schrieb am 08.03.2020:Während oder nach dem Grillfests läuft dann die Diskussion entweder aus dem Ruder, oder C.F. nutzt die "letzte Gelegenheit".
Das ist z.B. der Punkt an dem ich keinen Zweifel habe, dass ein Mord ganz einfach nachzuweisen sein dürfte, wenn es grundsätzlich gelingt den TV mit einer Tötung des Opfers in Verbindung zu bringen.
Wie ich bereits schrieb sind die Fakten, die sich aus Leichenfundort, Auffindesituation und der Leiche selbst herausquetschen lassen meiner Ansicht nach sehr begrenzt.
Wenn aber eine Sache aufgrund dieser Fakten deutlich wird, dann das hier keine Gelegenheit genutzt wurde, keine Affekttat verübt, sondern ein Plan ausgeführt, der einiges an Vorbereitung gefordert hat.