@KonradTönz1 Das kann man so nicht unbedingt sagen.
Mord und Totschlag grenzen sich ja nicht -wie landläufig angenommen wird- durch den Vorsatz voneinander ab, sondern durch die sogenannten Mordmerkmale.
Die sind:
Subjektiv:
- Habgier
- Mordlust
- Befriedigung des Geschlechtstriebes
- sonstige niedere Beweggründe
- Verdeckung/ Ermöglichen einer anderen Straftat
Objektiv:
- heimtückisch
- grausam
- Benutzung von gemeingefährlichen Mitteln.
Wenn davon eines bejaht wird, dann ist es Mord, wenn nicht Totschlag. Gerade bei Mord lässt der Gesetzgeber keinen Spielraum, bei zeitigen Freiheitsstrafe hingegen schon. Deswegen wird das natürlich genau geprüft.
Prinzipiell ist der Mord so etwas wie eine Qualifikation zum Totschlag. (Sieht die Rechtsprechung anders, ist aber für das Verständnis einfacher)
Wir lassen besondere Milderungsgründe mal außer Acht. Zum einen wissen wir nichts davon, zum andern ist ja genaugenommen das Fehlen eines Mordmerkmals schon ein Milderungsgrund. Dann wird quasi auf Totschlag "gemildert".
Nun Habgier, Ermöglichungsabsicht, Heimtücke und gemeingefährliche Mittel sind Quatsch. Wir prüfen den Rest:
Mordlust:
Diese wird bejaht, wenn die Tötung des Opfers einziger Zweck der Handlung ist, insbesondere wenn die Freude an der Vernichtung des Lebens im Vordergrund steht. Hier ging es dem Täter aber kaum um die Freude an der Vernichtung der beiden Leben. Mordlust fällt raus.
Befriedigung des Geschlechtstriebs:
Dabei muss der Tötungsakt als solches sexuelle Befriedigung verschaffen oder aber die Tötung muss dazu dienen, dass sich der Täter an der Leiche befriedigt. (In meinen Augen mehr eine Ermöglichungsabsicht, aber so sehen es nunmal die Damen und Herren mit der herrschenden Meinung)
Die Tötung war hier aber nicht auf die sexuelle Befriedigung gerichtet. Vielmehr wollte der Täter Renate Spinner ja als "Freundin" gewinnen. Erst als er abgewiesen wurde, entschloss er sich offenbar zunächst ihre Mutter und dann sie zu töten. Zwar ejakulierte er bei der Tat, aber er verging sich nicht an den Leichen. Er vergewaltigte die Frauen im Gegenteil ja vorher. Die Tötung war also nicht vorrangig sexuell motiviert.
sonstige niedere Beweggründe:
Das sind solche die auf unterster sittlicher Stufe stehen. Darunter fällt Rachsucht oder verschmähte Liebe. Das könnte man hier durchaus bejahen.
Verdeckungsabsicht:
Liegt vor, wenn der Täter sich durch die Tötung der Strafverfolgung entziehen will. Hätte er das gewollt, wäre er nach der Tötung der Irma Spinner geflohen.
grausam:
Dazu benötigt der Täter eine gefühllose, unbarmherzige Gesinnung, durch die er seinem Opfer Schmerzen und Qualen körperlicher oder seelischer Art beibringt, die in Stärke und Dauer über das zur Tötung erforderliche Maß hinausgehen. Das legt die Rechtsprechung sehr restriktiv aus, da natürlich sonst quasi alles, was nicht schnell und sanft tötet darunter zusammengefasst werden könnte. Hier sieht es mehr nach einem Gewaltexzess aus, der aber nicht darauf hindeutet, dass es dem Täter um die Zufügung schwerster Qualen bei der Mutter ging. Bei Renate Spinner kann man dies meines Erachtens im Hinblick auf das Binden an die bereits brutal vergewaltigte und getötete Mutter bejahen. Allerdings war es offenbar zunächst Plan des Täters, Renate zum Schwimmbad zu zerren, so dass auch hier die gefühllose unbarmherzige Gesinnung vom Gericht vermutlich nicht angenommen wird.
Wenn also Bossi jetzt noch die sonstigen niederen Beweggründe, die für sich genommen als Quasi-Auffangtatbestand schon das schwächste Mordmerkmal sind, irgendwie wegargumentieren konnte, fehlt es -ganz ohne Resozialisierung- am Mordmerkmal und es ist ein Totschlag, der eben nur noch 15 Jahre Freiheitsstrafe nach sich zieht.
Wenn er denn, wie hier vermutet, des Totschlags verurteilt wurde.