Jack Unterweger - Ein Fall, der viele Fragen offen lässt...

@Capitano

Wahrscheinlich habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Unterweger hat m.M.n. kein "sorgenfreies Leben" mit materiellen Gütern angestrebt, so wie der Normalbürger dies auffasst. Sein Unterhalt, seine Frauen, sein Ansehen, sein Zugang zu bestimmten Kreisen - all das erfüllte einen Zweck. Meine persönliche Ansicht ist, dass es den Zweck erfüllen sollte, sein negatives Selbstbild abzuwehren und sein positives Selbstbild aufrechtzuerhalten. Wenn diese beiden Instanzen nicht integriert sind, d.h. es kein "Sowohl -als-auch" gibt (wie beim Normalmenschen), sondern nur ein "Entweder-oder", dann wird der Betreffende immer auf stabilisierende und somit Abwehrgeeignete Mittel angewiesen sein. Der angestrebte Zielzustand, nämlich endlich Krösus zu sein und das auch zu bleiben, wird nie gelingen. Daher gleicht das Straf- und Beziehungsverhalten derlei Menschen einem Suchtverhalten, das erstens eskaliert und zweitens nie endet. Das ist die simple Funktionsweise von Narzissmus gepaart mit Sadismus - wie bei Unterweger der Fall. Wenn du so willst hat dabei "Hass" eine Rolle gespielt: Hass auf einen Anteil seiner Selbst, das unerträgliche negative Selbstkonzept.

@traces

Eine sehr treffende Persönlichkeitsbeschreibung des Herrn Jack Unterweger.
Bis zuletzt wollte er sich aus diesem dunklen Sumpf herauswinden und zog die endgültigen Konsequenzen seines Handelns erst als ihm eine lebenslange Haftstrafe sicher war.
Ein sehr intelligenter, und kreativer Mensch, leider völlig ohne soziales und emphatisches Empfinden für seine Mitmenschen.

Diese Empathielosigkeit muss nicht immer dagewesen sein.

Möglicherweise ist sie durch Grobheit während des Heranwachsens zerstört worden.

Unterweger hatte ja wirklich ein kaputtes Umfeld, auch wenn das nicht seine Taten entschuldigen soll.

Jedenfalls hat dieser prominente Fall darauf hingewiesen, dass es Grenzen gibt, nach deren Überschreiten eine Resozialisierung aussichtslos und dahingehende Fantasien für Unbeteiligte sehr gefährlich sind.

sacredheart schrieb:Jedenfalls hat dieser prominente Fall darauf hingewiesen, dass es Grenzen gibt, nach deren Überschreiten eine Resozialisierung aussichtslos und dahingehende Fantasien für Unbeteiligte sehr gefährlich sind.

Dann war es zumindest für etwas gut, hört sich blöd an. Wenn man sich zwei mal überlegt wen man wieder raus lässt (habe jetzt aber keine Statistiken die hier einen Vergleich vor/nach Unterweger zeigen) dann wäre der Allgemeinheit auch geholfen.

@Capitano

Ich glaube, dass in dieser Hinsicht, der Fall Johann U. als Extremfall abgetan wird.
Nichts desto weniger glaube ich auch, dass man deutlich vorsichtiger geworden ist und zumindest Sicherheitsmaßnahmen für die Zeit nach der Entlassung installiert. Bewährungshilfe, Reiseeinschränkung usw usw.
All dies entfiel in diesem Fall.
Aber auch weiterhin werden Menschen Opfer von zur Bewährung freigelassener Straftäter werden.
Deshalb: im Zweifel gegen den Delinquenten. Das ist man der gesetzestreue Bevölkerung einfach schuldig.

Capitano schrieb am 01.12.2017:Dann war es zumindest für etwas gut, hört sich blöd an. Wenn man sich zwei mal überlegt wen man wieder raus lässt (habe jetzt aber keine Statistiken die hier einen Vergleich vor/nach Unterweger zeigen) dann wäre der Allgemeinheit auch geholfen.

Ich würde dir recht geben wenn, ja wenn, sich nicht bereits im Vorfeld die mit Unterweger befassten Experten einig gewesen wären, dass da nichts zu resozialisieren ist. Es waren vor allem Literaten, die ne tolle Phantasie haben, die ihren Einfluss geltend gemacht haben und letztlich Unterwegers Entlassung veranlasst haben. Und leider leider leider ist es da mit der Selbstkritik nicht weit her. Eine Elfriede Jelinek mag eine tolle Schriftstellerin sein, mischt sich aber trotz ihrer Rolle im Fall Unterweger auch weiterhin ohne jegliche Qualifikation in derlei Dinge ein.

Eigentlich sollte diese Lehrstück uns allen vor Augen führen, dass man der Einschätzung der Fachleute ein gewisses Vertrauen entgegen bringen sollte und die eigene Meinung, vor allem wenn sie mit der der Fachleute nicht übereinstimmt, stets kritisch auf die Basis prüfen sollte. Leider habe ich das Gefühl, dass es eher einen gegenteiligen Trend gibt. Wenn ich mir so im Netz ansehe, wie leicht sich die Leute nach nem wenige Sekunden langen Video eine abschließende Meinung gebildet haben, ist es da mit dem selbstkritischen Hinterfragen nicht weit her.

LivingElvis schrieb:Eigentlich sollte diese Lehrstück uns allen vor Augen führen, dass man der Einschätzung der Fachleute ein gewisses Vertrauen entgegen bringen sollte und die eigene Meinung, vor allem wenn sie mit der der Fachleute nicht übereinstimmt, stets kritisch auf die Basis prüfen sollte. Leider habe ich das Gefühl, dass es eher einen gegenteiligen Trend gibt. Wenn ich mir so im Netz ansehe, wie leicht sich die Leute nach nem wenige Sekunden langen Video eine abschließende Meinung gebildet haben, ist es da mit dem selbstkritischen Hinterfragen nicht weit her.

Leider ist dem scheinbar so. Dieses Phänomen ist inzwischen unter dem Begriff "postfaktisch" bekannt. Aus der ersten Emotion, dem ersten Bauchgefühl und persönlichem Empfinden wird sich da eine Meinung gebildet, ohne den vorliegenden Sachverhalt verifiziert, faktisch erfasst und geprüft bzw. bewertet zu heben. Leider trauen sich auch immer mehr Leute zu, Dinge ganz selbstbewusst und professionell zu bewerten, ohne das sie die dafür eigentlich nötige Expertise besitzen. Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit. Da ist der Unterweger kein Einzelfall. Und Einsehen zeigen die falschliegenden "Experten" auch dann nicht, wenn ihr Versagen offenkundig wird. Sind schon merkwürdige Zeiten heute.

LivingElvis schrieb:Ich würde dir recht geben wenn, ja wenn, sich nicht bereits im Vorfeld die mit Unterweger befassten Experten einig gewesen wären, dass da nichts zu resozialisieren ist. Es waren vor allem Literaten, die ne tolle Phantasie haben, die ihren Einfluss geltend gemacht haben und letztlich Unterwegers Entlassung veranlasst haben. Und leider leider leider ist es da mit der Selbstkritik nicht weit her. Eine Elfriede Jelinek mag eine tolle Schriftstellerin sein, mischt sich aber trotz ihrer Rolle im Fall Unterweger auch weiterhin ohne jegliche Qualifikation in derlei Dinge ein.

Eigentlich sollte diese Lehrstück uns allen vor Augen führen, dass man der Einschätzung der Fachleute ein gewisses Vertrauen entgegen bringen sollte und die eigene Meinung, vor allem wenn sie mit der der Fachleute nicht übereinstimmt, stets kritisch auf die Basis prüfen sollte. Leider habe ich das Gefühl, dass es eher einen gegenteiligen Trend gibt. Wenn ich mir so im Netz ansehe, wie leicht sich die Leute nach nem wenige Sekunden langen Video eine abschließende Meinung gebildet haben, ist es da mit dem selbstkritischen Hinterfragen nicht weit her.

Jaja, die "Wiener Schickeria". Aus diesem Eck kommt ja auch regelmäßig politische Äußerungen, wo ich mich frage welche fachliche Qualifikation man als Künstler hat, die es einem erlauben "Expertisen" abzugeben, abgesehen von der Tatsache dass man sich natürlich mit den richtigen Leuten gutstellen will.

Resozialisierung ist richtig und wichtig, zu glauben man könnte jeden Gewalttäter selbst bei gegenteiligen Prognosen von echten Experten, wieder auf die Menschheit loslassen ist einer von vielen sozialromantischen Gedanken die einfach nicht mit der Realität konform gehen.

Wobei ich - und das ist für mich jetzt der entscheidende Punkt - mich schon frage wie es sein kann dass solche Verbalrülpser Einfluss auf solche Entscheidungen nehmen konnten, denn wenn Experten der Ansicht sind dass eine Resozialisierung nicht möglich ist sollte die Entscheidung eigentlich feststehen, warum nimmt man da auf irgendwelche unqualifizierten Wichtigtuer Rücksicht?

Ich meine, Jelinek und Co können ja soviel Stuss daherreden wie sie wollen eigentlich, es ist aber definitiv nicht deren Entscheidung, daher würde ich auch die Verantwortung nicht zwangsläufig dorthin schieben sondern sie tendenziell lieber dort belassen wo effektiv die Entscheidung, Unterweger aus der Haft zu entlassen, getroffen wurde. Wenn mir jetzt irgendjemand sagt spring von der Brücke und ich springe, bin ich am Ende auch selbst schuld.

@Capitano
Ich musste jetzt gerade wegen dem Wort Verbalrülpser lachen, ich hab das noch nie gehört :D :D :D

Grade bei die spektakulärsten Kriminalfälle auf Kabel 1 wird der Fall gezeigt

@Capitano
Sobald man die Öffentlichkeit und die richtigen Medien bzw Befürworter auf seiner Seite hat, steigen die Chancen in solchen Dingen immens. Das kann positiv oder negativ sein...siehe auch West Memphis Three in den USA.

Capitano schrieb am 11.12.2017:Jaja, die "Wiener Schickeria". Aus diesem Eck kommt ja auch regelmäßig politische Äußerungen, wo ich mich frage welche fachliche Qualifikation man als Künstler hat, die es einem erlauben "Expertisen" abzugeben, abgesehen von der Tatsache dass man sich natürlich mit den richtigen Leuten gutstellen will.

Resozialisierung ist richtig und wichtig, zu glauben man könnte jeden Gewalttäter selbst bei gegenteiligen Prognosen von echten Experten, wieder auf die Menschheit loslassen ist einer von vielen sozialromantischen Gedanken die einfach nicht mit der Realität konform gehen.

Es gibt Schriftsteller, die sich als "politisch" betrachten. Sie glauben, dass sie mit ihren Büchern gesellschaftlich etwas bewirken können. Dann gibt es Schriftsteller, die das nicht glauben. Letztere hätten sich nicht für Unterweger eingesetzt.
Man muss dazusagen, dass die Schriftsteller zwar eine Petition unterschrieben haben, die Entlassung aber von der Justiz angeordnet wurde. Die Justiz hätte auch sagen können: Machen wir nicht.

Ein anderes Detail, was mir auffällt. Unterweger hat sich mit der "Kordel seiner Turnhose" erhängt. Ist es nicht so, dass Gefangenen alles abgenommen wird, womit sie sich selber oder andere schädigen können? Oder stimmt das gar nicht?

E.A.Poe schrieb:Man muss dazusagen, dass die Schriftsteller zwar eine Petition unterschrieben haben, die Entlassung aber von der Justiz angeordnet wurde. Die Justiz hätte auch sagen können: Machen wir nicht.

jein. die damalige gefängnispsychologin hatte in ihrem gutachten festgehalten, dass unterweger weiterhin gefährlich ist. der gefängnisleiter von stein hat zu ihr dann aber gesagt, dass sie das nicht machen können und sie ihr gutachten überarbeiten soll. laut ihm war der öffentliche druck zu groß...

E.A.Poe schrieb:Ein anderes Detail, was mir auffällt. Unterweger hat sich mit der "Kordel seiner Turnhose" erhängt. Ist es nicht so, dass Gefangenen alles abgenommen wird, womit sie sich selber oder andere schädigen können? Oder stimmt das gar nicht?

Aus Textilien kann man wohl immer irgendwie was zusammenknoten. Mich wundert auch manchmal, woran man sich erhängen kann.
Hatte eigentlich immer an den klassischen "Balken mit Strick" gedacht.

Olle_Schrulle schrieb:Aus Textilien kann man wohl immer irgendwie was zusammenknoten.

Na ja, aber es ging um einen Knoten, den man selber nicht lösen kann - außer Houdini. Einen Henkersknoten mit vielen Umwindungen kann man "in time" nicht lösen, außer man hat ein Messer.
Ich habe jetzt auch fast alles gelesen, was es zu Unterweger gibt. Die ganze Sache war lächerlich von Anfang an. Seine literarischern Erzeugnisse waren "Schrott". Typische Knaststories, die man tausend mal gelesen hat. Authentisch? Ja! Aber keine Literatur.
Verblüffend (und da muss man alle anderen in Schutz nehmen), dass er kurz nach seiner Freilassung mit Morden anfing. Das konnte man wirklich nicht ahnen. Ein Ex-Knacki, der eine Chance bekommt, schlägt wieder zu? Krass.´!

Olle_Schrulle schrieb:Aus Textilien kann man wohl immer irgendwie was zusammenknoten. Mich wundert auch manchmal, woran man sich erhängen kann.

gerade habe ich im einem buch wo es um kriminalfälle aus der steiermark geht gelesen, dass einem mutmaßlichen mörder alles abgenommen wurde. er hat sich dennoch erhängt. er hat die decke in streifen geschnitten.
womit er sie in streifen geschnitten hat, darüber lässt uns der autor allerdings im dunklen!

osttimor schrieb: Aus Textilien kann man wohl immer irgendwie was zusammenknoten. Mich wundert auch manchmal, woran man sich erhängen kann.

gerade habe ich im einem buch wo es um kriminalfälle aus der steiermark geht gelesen, dass einem mutmaßlichen mörder alles abgenommen wurde. er hat sich dennoch erhängt. er hat die decke in streifen geschnitten.
womit er sie in streifen geschnitten hat, darüber lässt uns der autor allerdings im dunklen

Das kann man machen mit guten Fingernägeln oder versteckten Messern. Das ist nicht wirklich schwieig.

@E.A.Poe

welche versteckten messern? ihm wurde alles abgenommen. seine erste nacht in der zelle.

Baumwolle ( Bettwäsche? ) kann man auch reißen. Wo ein Wille ist...