Dann also nochmals zur Chronologie der Verdächtigungen und zur Einstufung der Tat.
Bei dem Mann, der unmittelbar nach der Tat festgenommen worden ist, handelt es sich mE doch um den Pensionisten, der Daniela gefunden hat.
In einem Zeitungsbericht ist folgendes zu lesen:
"Die Polizei ermittelte weiterhin mit Hochdruck. Gegen 14.30 Uhr waren die Beamten dabei, das Umfeld von Daniela einzuvernehmen. Besonders die Festbesucher, Studienkollegen und Freunde nahmen sie unter die Lupe. Auch der Pensionist, der die Leiche fand, wurde überprüft. "Er hat sich anfangs komisch verhalten, scheidet aber jetzt aus", erklärte der Chefermittler. "
http://www.news.at/a/mordalarm-innsbruck-junge-studentin-morgen-115158Das korrespondiert mit den Angaben aus dem Bericht des Innenministeriums, dass sich ein Tatverdächtiger auffällig verhalten habe, kurzfristig festgenommen worden sei und dann habe als Täter ausgeschieden werden können.
Außerdem ist die Polizei also ganz am Anfang der Ermittlungen, entgegen meines gestern geäußerten Verdachts, von einer Beziehungstat ausgegangen.
Vermutlich ist dann sogar die Person sehr schnell in Verdacht geraten von der DNA an der Leiche festgestellt worden ist.
"Nach dem Mord an der niederösterreichischen Studentin in Innsbruck sind jetzt die gefundenen DNA-Spuren ausgewertet. Diese Spuren führten zu einer männlichen Person. Das sagte Kripochef Walter Pupp. Allerdings scheidet dieser Mann nach aktuellem Ermittlungsstand als möglicher Täter aus. Die Suche nach dem brutalen Mörder geht also weiter. "
http://tirv1.orf.at/stories/43864 (Archiv-Version vom 04.03.2016)Der damalige Kripochef erklärt leider nicht viel zu den genaueren Verdachtsmomenten, wo die DNA gefunden worden ist und wieso der Mann nach dem damaligen Ermittlungsstand als möglicher Täter ausgeschieden sei. Man kann daher nur vermuten, dass er ein Alibi vorweisen konnte. Jedenfalls muss dieser Mann schon damals im Fokus der Ermittlungen gestanden haben. Interessant ist, dass die Informationen über diesen Verdächtigen, die Verdachtsgründe, sowie die Gründe der Entlastung so spärlich ausgefallen sind. Seitens der Öffentlichkeit hätte doch zu diesen wichtigen Punkten ein Informationsbedürfnis bestanden.
Ich vermute, dass es sich bei dem damals in Verdacht geratenen um denjenigen handelt, der sich heute in U-Haft befindet.
Dann muss ein Meinungswandel in Richtung Zufallstat stattgefunden haben. Der Meinungswandel ist vermutlich durch die Einschätzung des Profilers Thomas Müller herbeigeführt worden:
"Ich habe im meiner Laufbahn als Kriminalpsychologe eine vierstellige Anzahl an Tötungsdelikten im In- und Ausland analysiert und wissenschaftlich ausgewertet. Es gibt immer wieder Fälle, wo die Gesamtumstände rein kriminalpolizeilich als auch kriminalpsychologisch zu wenig Informationen hinterlassen um einen vernünftigen Ermittlungsansatz zu finden, um tatsächlich eine Stoßrichtung vorzugeben. Was den Fall Kammerer auszeichnet ist der komplexe Umstand, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Täter-Opfer Beziehung gibt. Und wenn hier nichts vorhanden ist, wenn jemand einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort ist und dann passiert ein Verbrechen, dann ist die Aufklärung eines solchen Falles extrem schwierig."
http://tirv1.orf.at/stories/138589 (Archiv-Version vom 19.01.2021)Wenn man seine Stellungnahme zum Fall liest, dann gewinnt man den Eindruck, als habe er vor allem entschuldigend erklären wollen, warum der Mordfall Kammerer trotz intensiver Ermittlungsbemühungen nicht aufgeklärt worden ist. Eine Begründung dafür, warum er nicht von einer Beziehung zwischen Täter und Opfer ausgeht, liefert er nicht. Und es scheint im Gespräch auch nicht nachgefragt worden zu sein.
Dadurch hat er vermutlich eine falsche Richtung vorgegeben und verhindert, dass im Umfeld hartnäckig nachgehakt wird.
Ich könnte mir vorstellen, dass beim Aufrollen des Falles durch das Cold case Management diese Chronologie aufgefallen ist und zum intensiven Nachhaken Anlass gegeben hat.