Nachdem ich den Fall zum Zeitpunkt von TGs Verschwinden für einige Zeit verfolgt hatte, habe ich mich nun nach dem Auffinden ihrer sterblichen Überreste etwas intensiver damit auseinandergesetzt und u.a. versucht, mir so halbwegs einen Überblick über die Diskussion in diesem Forum zu verschaffen (so sehr sie mir bisweilen abstrus erscheint, biete sie nach meinem Dafürhalten auch immer mal wieder interessante/diskussionswürdige Ansätze). Angesichts der Zahl der Beiträge ist das allerdings nur ziemlich bedingt möglich. Insofern ist vermutlich vieles, eventuell auch alles, was ich schreibe eine Wiederholung dessen, was schon angesprochen wurde. Dennoch würde ich meine Gedanken gern beitragen und hoffe damit zumindest nicht allen auf die Nerven zu gehen (Warnung: die folgenden Ausführungen sind eher unspektakulär und enthalten keine wilden Spekulationen).
Letztlich sehe ich vieles wie @KonradTönz, soll heißen allzu spektuläre Gedankenkonstrukte erscheinen mir nicht zielführend. Soweit öffentlich bekannt, deutet die Faktenlage schlicht und ergreifend auf einen Unfall hin (der natürlich in Anwesenheit einer oder mehrerer weiterer Personen passiert sein kann, dies aber keinesfalls muss). Aufbauend auf dieser Prämisse (=es war ein Unfall, kein intentionales Tötungsdelikt) unterscheidet sich dieser jedoch von den meisten anderen Unfällen. Denn die meisten Unfälle passieren in mehr oder minder alltäglichen Situationen; sprich es ist erklärbar, weswegen Person X Handlung Y ausgeführt und ermittelbar, was dann den Unfall letztlich verursacht hat (Beispiel Verkehrsunfall: Person A fährt auf Strecke B um zur Arbeit zu kommen; es kommt zu Eisregen; A verliert die Kontrolle übers Fahrzeug und verunglückt). Im Falle TGs ist, soweit ich das sehe, nur der letzte behaviorale Aspekt des Unfalls bekannt (=das Abrutschen), wohingegen völlig unklar ist, weswegen sie sich 1) überhaupt in der Nähe der roten Felsen aufgehalten hat und 2) das durch den Zaun eingegrenzte Gebiet verlassen hat.
ad. 1) Gemäß der öffentlich bekannten Zeugenaussagen wollte sie zunächst in die Trierer Innenstadt zum Nikolaus-Koch-Platz. Diese ursprüngliche Intention kann wohl als gesichert gelten, da sie dies gegenüber mit ihr bekannten Personen äußerte. Möglicherweise hat sie kurze Zeit später ihren Plan geändert und wollte "nur noch nach Hause" (=nach Korlingen). Dies ist jedoch nicht gesichert, weil die dies hörende Person TG nicht kannte. In beiden Szenarien hätte sie allerdings keinen unmittelbar einleuchtenden Grund zu den roten Felsen zu gehen. Der dortige Weg führt weder in die Innenstadt noch nach Korlingen.
ad. 2) Das Überklettern oder Umgehen des Zaunes wird sich aller Voraussicht nach nur dann erklären/verstehen lassen, wenn es gelingt herauszufinden, weswegen sie überhaupt zu den roten Felsen gegangen ist.
Dies gilt es also seitens der Polizei zu ermitteln, wenngleich man die Erfolgsaussichten für eine vollständige Erklärung angesichts dessen, dass der Fall über acht Jahre zurückliegt, nicht überschätzen sollte.
Zu den Zeugenaussagen und polizeilichen Suchaufrufen habe ich folgende Gedanken:
Der BZH: Seine Beobachtungen hat die Polizei offenbar immer als glaubwürdig eingestuft. Ich sehe auch keinen Anlass, weswegen er sich etwas ausdenken sollte. Nur ist eben völlig offen, ob er TG oder wen anderes gesehen hat. Wie
@Platzhirsch richtigerweise schrieb, wurden seine Beobachtungen so sehr ins Zentrum der Ermittlungen gerückt, da die Polizei vom Verbringen TGs (oder TGs Leiche) an einen anderen Ort ausging und die Beobachtung hier den vielversprechensten Ansatzpunkt darstellte. Da angesichts des Fundorts der sterblichen Überreste mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass TG den unmittelbaren Umkreis des FH-Geländes nicht verlassen hat, hat die Spur an Relevanz verloren, wenngleich sie sicher nicht irrelevant ist (es kann TG gewesen sein, es kann aber genauso jemand anderes gewesen sein).
Wenn es sich nicht um TG gehandelt hat, wäre ich auch weniger überrascht als einige andere hier, dass sie sich die betreffende Person nie bei der Polizei gemeldet hat (gleiches gilt auch für die 'Gebüschler'). Denn um sich mit der entsprechenden Information bei der Polizei zu melden, muss der/den Person(en) eben nicht bloß der Fall TG bekannt sein (das war er sicher so ziemlich allen in und um Trier wohnenden Personen in der damaligen Zeit), sondern auch die entsprechende Bitte der Polizei, sich zu melden (d.h. der Fall muss also von der/den Betreffenden auch substanziell verfolgt worden sein; im Gegensatz zu den Leuten hier im Forum, interessieren sich manche Menschen aber schlicht nicht allzu sehr für Kriminalfälle). Und gerade wenn die Gebüschler-Gruppe sich sicher ist nicht TG sondern jemand anderes gesehen zu haben, haben sie keinen eigeninitiativen Grund sich bei der Polizei zu melden, wenn ihnen die Bitte um Meldung unbekannt ist (haben sie den begründeten Verdacht TG gesehen zu haben, hätten sie einen eigeninitiativen Grund).
Somit kann es also durchaus sein, dass die BZH-Beobachtung nichts zur Aufklärung des Falles beitragen kann (weswegen z.B. ein heruntergelassenes Fenster irgendwas aussagen sollte, erschließt sich mir nicht; deswegen keine substanziellen Anmerkungen dazu meinerseits).
Die Drachenhausspur: Dadurch, dass hier wohl der Name 'Tanja' gefallen ist und die räumliche Nähe zur wahrscheinlichen Absturzstelle am unmittelbarsten ist sowie die BZH/Parkplatz-Spur durch das Nicht-Verbringen TGs an Zentralität verloren hat, vielleicht der vielversprechendste Ansatz die Nacht bis zum Absturz zu rekonstruieren. Laut mehreren auf einen Bericht des Trierischen Volksfreunds verweisende Berichte, ermittelt wohl auch die Polizei wieder vermehrt in diese Richtung (dies ist der Originalbericht:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Fall-Tanja-Graeff-Dutzende-neue-Hinweise-und-900-alte-Spuren;art754,4226014).
Der Pullover: Ich finde es zumindest auffällig, dass die Polizei hier keine näheren Angaben gemacht hat. Ich glaube kaum, dass dies gänzlich ohne Grund passiert ist . Über die möglichen Gründe ist ja hinreichend spekuliert worden (z.B. zur Bewertung von neuen und/oder alten Zeugenaussagen), es muss hier nichts irgendein Verbrechen implizieren. Ohne weitere Pressemitteilungen scheint mir hier aber jedes weitere Spekulieren nicht wirklich zielführend zu sein.
Die Person TG: Ich kannte sie nicht und selbiges gilt wohl für alle anderen hier aktiven Forennutzer. Deshalb möchte ich keine Interpretationen zu ihrer Persönlichkeit abgeben, die über das polizeilich veröffentlichte Persönlichkeitsprofil hinausgehen. Nur eine Anmerkung zur Diskussion hier: Bisweilen wird hier arg schwarz/weiß gemalt. Einige SchreiberInnen stellen TG als quasi maximal verantwortungsbewusst und höchst risikoavers da (mit der häufigen Begründung, dass sie ja angehende Lehrerin war), andere als partyfreudig und risikoaffin (mit der häufig itschwingenden Begründung, dass junge Leute nunmal so sind). Prima facie finde zumindest ich beides nicht in höchstem Maße plausibel und auch seitens der Polizei wird sie so nicht dargestellt. Vermutlich war sie eine ganz normale junge Frau, mit überdurchschnittlicher Bildung, die selbstverständlich gleichsam verantwortungsbewusst war (gilt für die meisten mir bekannten 21jährigen) und gern gefeiert hat (gilt ebenfalls für die meisten mir bekannten 21jährigen) (Anmerkung: Feiern = es wird häufig auch Alkohol getrunken, sich aber keinesfalls hemmungslos besoffen). Insofern erscheint sie mir wie eine normale, lebensfrohe 21jährige, die tragischerweise in der Nacht einer bzw. am Morgen nach einer Feier ums Leben gekommen ist. Alkohol kann beim Unfall eine Rolle gespielt haben (selbst geringe Mengen verzögern Reflexe und hemmen die Koordination, heben diese aber nicht auf, solange man sich nicht hemmungslos besäuft), muss es aber nicht. Und der Fakt, dass sie Alkohol getrunken hat, sagt über ihre Persönlichkeit nichts aus, macht sie mithin weder zu einer guten, noch zu einer schlechten Person.
Das wollte ich mal geschrieben haben und hoffe, zumindest aus Sicht einiger ForumsteilnehmerInnen halbwegs vernünftige Gedanken geäußert zu haben.