Der tragische Tod von Tanja Gräff
19.10.2014 um 23:21
Ich habe mir eben noch einmal das Video vom Auftritt des Anwalts bei Lanz angeschaut, am 22. Mai. Gibt es eigentlich noch andere öffentliche Äusserungen seitens des Anwalts bzw. der Mutter Tanjas zu den neuen Aspekten, die er da vorbringt?
Wenn man genau hinhört, stellt man fest, dass auch dieser Anwalt sehr vage bleibt, was m.E. auch der Lage angemessen ist. Nirgends erwähnt er, dass die Suche nach dem Unbekannten eingestellt, unnötig oder sonst wie ad acta zu legen sei. Er behauptet lediglich, dass die Polizei diese Suche nicht so durchgeführt hat, wie man sich das wünschen würde -da stimme ich ihm aus anderen Gründen zu- und erwähnt einen Zeugen, den man anscheinend erst Jahre später genauer verhört hat, der eventuell zu mehr Erkenntnis geführt hätte, wenn man ihn früher verhört hätte. Aus der Wortwahl wird deutlich, dass es sich bei diesem Zeugen nicht um den Unbekannten handelt, sondern dass dieser Zeuge eventuell zu dem Unbekannten geführt hätte.
Nun kann man aus diesen Worten des Anwalts vielleicht eine Kaffeesatzleserei machen, aber viel sagen sie uns nicht. Mir sagen sie, dass die Polizei einen Zeugen in 2007 nicht eingehend genug befragt hat, dass anscheinend Jahre später dieser Zeuge endlich noch einmal befragt wurde, und sich dann aber an entscheidende Dinge nicht mehr erinnert hat. Dabei bleibt natürlich extrem vage, ob dieser Zeuge tatsächlich mehr in 2007 gebracht hätte oder nicht.
Weiterhin scheint der Anwalt dem Kabinenbahn-Szenario anzuhängen, das ich weiter oben beschrieben habe, und zu dem ich auch meine persönliche Skepsis vorgetragen habe. Vom Zeitplan der Nacht her ist klar, dass wenn ich davon ausgehe, dass Tanja die Person war, die vor 5 Uhr in Zurlauben geschrien hat, sie nicht gegen 5 Uhr am Bauzaun gewesen sein kann. Und dann wird der Peugeotfahrer irrelevant, genauso wie die "Gebüschgruppe."
Demenstprechend gibt es keinerlei Spekulation seitens des Anwalts, und auch keinerlei Anzeichen dafür, dass die "Bierstandgruppe" irgendetwas mit der Gebüschgruppe zu tun hat oder gar identisch ist.
Noch genauer: wenn man, wie anscheinend dieser Anwalt, davon ausgeht, dass Tanja gegen 4:40/4:45 Uhr in Zurlauben war, dann fallen sowohl die gesamte Bauzaun-Szene, als auch die Drachenhausszene weg: in dieser wurde "Tanja" etwa um die gleiche Zeit gesehen, aber auf dem Weg zurück zur FH.
Nun muss man natürlich mit Zeugenaussagen immer sehr vorsichtig sein, was die Zeit angeht, aber wenn man davon ausgeht, dass der Zeuge der Zurlaubener Schreie sich korrekt an die Zeit erinnert, passen die beiden letzten "Sichtungen" nicht zu Tanja.
Wenn ich mich richtig erinnere, wird dann auch die Szene an der Bitburger Strasse irrelevant, denn dort wurde das Paar, das schimpfend bergauf ging, auch etwa um diese Zeit gesehen.
Es bleibt dann das Szenario, dass Tanja irgendwie nach der letzten bestätigten Sichtung um 4:13 Uhr nach Zurlauben gekommen sein muss. Mit wem, auf welchem Weg, etc. bleibt bis heute komplett im Dunklen.
Die Aussage des Taxifahrers ist dabei interessant, dass er eventuell Tanja auf der Bitburger Strasse gesehen hat. Interessant ist, dass sie allein unterwegs war. Das wiederum würde die Spekulationen um all die diversen "Gruppen" relativieren, denn dann liegt nahe, dass wer auch immer ihr in Zurlauben begegnet ist, nichts mit all diesen Gruppen am Abend bisher zu tun hat.
So. Das alles ist schön und gut, aber eben nur dann relevant, wenn man daran glaubt, dass Tanja die Schreie am Zurlaubener Ufer ausgestossen hat.
Glaubt man das nicht, dann sind wir zurück on "square one", wie man in Amerika sagt, und all die Fragen zu Peugeot und Gebüsch etc. werden wieder wichtig.
Bis dahin ist in der Aussage des Anwalts auch nichts Neues.
Interessant wird noch ein weiterer Aspekt: Er ist meines Wissens der erste, der konkret von einer "Bierstand Gruppe" spricht, mit welcher Tanja offensichtlich irgendwie zusammengehörte. Hier wäre es interessant zu wissen, auf welche Zeugenaussage sich diese Erkenntnis eigentlich stützt. Offensichtlich haben sich nie Zeugen gemeldet, die bestätigen können, dass es eine solche Gruppe gab. Stützt sich diese Aussage nur auf einen einzigen Zeugen, eventuell gar jenen Heiko, dessen Wahrnehmungsfähigkeit ja schon vorher angezweifelt wurde, dann kann es sich hier auch einfach um ein Missverständnis handeln: vielleicht stand Tanja lediglich neben einer Gruppe, so dass sich im Moment der Beobachtung durch den Zeugen der Eindruck entwickelte sie gehöre dazu. Die Gruppe wird sich dann logischerweise nicht daran erinnern und auch nicht melden. Hier wüsste man also gerne mehr.
Das ist eh eine offene Lücke in der gesamten Betrachtung des Abends. Beginnend mit der heute ziemlich deutlich diskreditierten Darstellung der 1. XY Sendung hat es m.W. bis heute noch keine wirklich koherente und offizielle Darstellung der Szene ergeben, in der sich Tanja zwischen ca. 3:45 Uhr und 4:13 befand.
Gerade weil dieser Zeitabschnitt immer noch so vage ist, gewinnen die viel eindeutigeren Beschreibungen der folgenden Szenen, Drachenhaus und Bauzaun, ja so viel Gewicht. Ob dieses Gewicht fehlplaziert ist, kann man nur beurteilen, wenn man die Zeit um 4 Uhr konkreter beschreiben kann.