Mordfall Charlotte Böhringer

Oder ist und war er ein Phantast, der eine ganz einmalige (bescheuerte) Tat abliefern wollte um sich daran selber später noch zu ergötzen? Ich meine für den Fall, dass er trotz aller von ihm selber gelegten Spuren doch hätte freigesprochen werden müssen?

@meermin

Das ist alles ein bisschen lebensfremd was du da schreibst. vor allem bringst du dauernd Ursache und Wirkung durcheinander und verlierst den Kontext aus den Augen. Planung kann sich immer nur auf die Zukunft beziehen und die Vergangenheit nicht mehr verändern. Als das Verhältnis zwischen Bence und seiner Tante noch einigermaßen im Lot war, gab es natürlich noch keine Planung für einen Mord. Warum auch? Er war der designierte Nachfolger. Die Diebstähle, den Streit und all das was du als "nicht zu einem Plan passend" aufführst, waren auch garnicht Teil eines Plans - es gab da nämlich noch keinen. Den brauchte er erst, als die Situation hoffnungslos verfahren war - und das war ca. eine Woche vor dem Mord.

Und wie hätte er das am Tattag anstellen sollen? Mitgehen auf den Geburtstag? Dann hätte es keinen Mord gegeben. Er musste das irgendwie so arrangieren, dass er alleine war. Und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem er die Tante am besten überwältigen konnte.

@KonradTönz1
Aber nach allem was vorher geschehen war musste er doch damit rechnen als einer der Ersten unter Verdacht zu geraten?

Wieso hat er das geklaute Geld, angenommen er hätte es wirklich bei der Tat an sich genommen nicht irgendwo versteckt? Warum musste er davon ein Kaltgetränk an einer Tankstelle kaufen , ausgerechnet an einer Tankstelle, jeder Mensch weiss dass dort Kameras angebracht sind, die alles aufnehmen?

Warum trug er einen anderen der gestohlenen Scheine noch bei sich als er verhaftet wurde?

Und warum nahm er die Zeitschriften mit zu sich nach Hause? Er musste doch damit rechnen dass bei ihm eine Hausdurchsuchung stattfinden würde. Er hatte immerhin einige Semester Jura studiert. Dachte er dass die Ermittler nicht ins Altpapier nach ganz unten schauen würden? .

Für mich gibt es drei mögliche Erklärungen:

ER war wirklich unglaublich dumm und lebensfremd.

Er war es nicht.

Er wollte eine besonders intelligente geniale andersartige Tat abliefern und durch das Legen vieler Spuren das Gegenteil (seine Unschuld) beweisen.

@meermin
Ich tendiere zu 1) - Nein, im Ernst - er ist ja kein Profi, da kann schon einiges daneben gehen.Verbrechen werden aufgeklärt weil die Täter Fehler machen - bei Bence waren es halt ein paar mehr.

@meermin

Dass ein ungeübter Mörder Fehler machen kann, hältst du nicht für möglich? Die Fehler waren nicht so dumm. Das kann passieren. Würdest du denn daran denken, dass dich eine Ortsbeilage in der Zeitung verraten kann? Ich jedenfalls nicht. Hut ab vor den Ermittlern! Ein anderes Beispiel: Er dachte offensichtlich daran, Handschuhe anzuziehen, hat sich dann aber während der Tat dummerweise wohl an den Körper gefasst und dadurch über die Handschuhe seine DNA-Spuren auf die Leiche aufgebracht Unglaublich dumm ist das nicht, das kann einfach passieren im Eifer des Gefechts.

Was wirklich dumm war, war das mit den Geldscheinen. Sonst fällt mir nichts mehr ein. Dir?

@avatar455
Aber die eigene Tante mit der man bekanntlich gerade im Streit liegt umzubringen und dann bei der Tat Geld zu stehlen an dem sich auch noch Blut der Tante befindet, Fünfhunderteuroscheine und diese an einer Tankstelle am Tag danach zu wechseln indem man eine Limo kauft, das ist so dermassen absurd dumm, dass es meine Vorstellungskraft sprengt.

Einen weiteren bei der Tat erbeuteten Schein im Geldbeutel zur Vernehmung mitzunehmen ist genauso absurd und bizarr.

Das Geld zu stehlen war schonmal keine dumme Idee - er wollte ja einen Raubmord vortäuschen.
Und dann musste er ja das Geld irgendwie sprichwörtlich "waschen". Er musste es loswerden. Er hätts zwar am besten weggeschmissen, aber das hat er womöglich einfach nicht fertig gebracht.

Wie erklärst du dir denn die Blutbesudelten Geldscheine? Und weiß jemand noch wie die Verteidigung die erklärt hat?

@KonradTönz1
Einen Teil soll ihm die Tante geschenkt haben, den anderen will er bei einer Wette gewonnen haben - wusste aber die Umstände und das Wettbüro nicht mehr. So habe ich das in Erinnerung.

Aso bliebe also noch das Blut der Tante...

Das Blut könnte er selber mit seinen Händen auf die Scheine übertragen haben. Er war dabei als die Leiche gefunden wurde. Während der Auffindesituation könnte er mit Blut der Tante in Berührung gekommen sein.

Ich vermute ja, dass er häufiger von der Tante grosse Scheine zugesteckt bekommen hat und dass man sich einigte , dass er falls jemand Fragen stellen würde sagen sollte, das wären Wettgewinne. Ist aber nur eine Annahme.

@meermin
Ja, mit dem Blut hat er nicht gerechnet - dumm war dass er sich zwar an einen Gewinn aber nicht mehr an die Wette selbst erinnern konnte.

@avatar455
Die Wette wird es gar nicht gegeben haben. Ich vermute das Wetten wurde nur vorgeschoben um gegenüber Dritten erklären zu können woher das Geld kam, dass ausgegeben wurde.

Ich vermute, dass es nicht die erste Wettlüge in dieser Hinsicht bei ihm war. Aber auch das nur reine Spekulation.

Wenn er seinem Umfeld erzählt hat ,er habe in einer Beratungsfirma gearbeitet, dann müsste dort auch ein Lohn gezahlt worden sein. Da es die Tätigkeit nicht gab muss das Geld woanders hergekommen sein.

@meermin
Er sollte ja der Polizei erklären woher das Geld stammt - da war die Ausrede Wettbüro einen Versuch wert. Viel Stellen wird es nicht geben an denen man 500er bekommt, mir fällt eigentlich nur der Bankschalter ein.

klüger wäre es MMn gewesen , er hätte ganz auf die Stückelung verzichtet und behauptet alles von der Tante erhalten zu haben.

@avatar455
Wenn ers getanhätte wäre schon die Mitnahme des Geldes dumm gewesen, es dann auch noch auszugeben bzw. zu wechseln an einer Tankstelle so kurz nach der Tat und gegenüber der Polizei etwas von einem Wettbüro zu erzählen von dem er keine Quittung mehr hatte noch viel dümmer.

Ist etwas darüber bekannt ob er vorher auch häufiger Wettgewinne machte?

@meermin
Die größten Dummheiten haben mit Geld zu tun - angefangen bei der Tat selbst

@meermin
Von " weiteren " Wetten ist mir nichts bekannt. Da Bence sich aber weder an das Büro noch daran auf was er bei dieser Sportwette gesetzt hat erinnern kann, verweise ich diese Aussage ins Reich der Fantasie.

@all

Man darf tatsächlich aus meiner Sicht nicht den Fehler begehen, anzunehmen, nur weil jemand einen Mord/ein Verbrechen begeht, würde er das automatisch gut machen. Denkt man diese Linie konsequent und rational zu Ende, kommt da m. E. immer raus, dass man es besser sein lässt.

Aber zurück zu den Fakten:


B. T. hatte insgesamt 2.300 € und 800 ungarische Florint bei sich. Das ist eine Währung, glaub ich.
Davon waren 3 fünfhundert Euro-Schein. Einen Schein hat er nachweislich in Augsburg an der Tankstelle gewechselt und noch eine Apfelschorle und eine Zeitung gekauft. Nein, halt, das mit der Zeitung war ein Witz, die Apfelschorle stimmt abe tatsächlich.

Das ist natürlich für einen "Studenten" ein Batzen Geld, aber soweit ich weiß - und @tayo hatte das auch erwähnt, die DNS-Mischspur auf den Scheinen ist nicht gewertet worden. Letztlich hat sich das Gericht hier an dieser Stelle meines Wissens noch nicht einmal dazu durchgerungen, diesen Diebstahl auch noch zu verurteilen.

1.000 € möchte B. T. am 14.05.06 von seiner Tante erhalten haben, der Rest soll erspart und erwettet worden sein.

Das Gericht fand das unplausibel und "lebensfremd", da es
a) nicht davon ausging, dass er bei seinem Gehalt soviel hätte sparen können, bzw. dass er nicht habe vergessen können, dass er diesen Betrag bei sich gehabt habe
b) es keinen Nachweis für den Wettgewinn gab,
c) dass der fragliche Besuch nicht stattgefunden hat und
d) B. T. im Vorfeld mehrere kleinere Beträge von seinem Giro abgehoben hatte. Dies wäre nach Auffassung des Gerichts nicht nötig gewesen, wenn er über soviel Bargeld verfügt hätte.

Bewertung:

a) das es sich um Erspartes gehandelt hat, ist nicht widerlegt und auch nicht widerlegbar
b) das es sich um Wettgewinne gehandelt hat, ist nicht widerlegt und auch nicht widerleg
c) ist unklar, nicht klar widerlegt
d) völlig unsinniges Argument, bei jemanden der eine größere Anschaffung (Fahrrad) plant.

Ich glaube, letztlich hat B. T. am meisten belastet, dass er den Geldbetrag bei der Vernehmung verschwiegen hat und die drei 500er etwas Versteckt in seiner Geldbörse waren.
Für sich genommen aber ein ganz schwaches Indiz.

@KonradTönz1

KonradTönz1 schrieb:Naja, wenns nur um die Formulierung geht - ist im Urteil überhaupt von Habgier die Rede? Da wird die Motivrekonstruktion doch relativ differenziert erläutert.

Leider nicht. Das Gericht sah zwei Mordmerkmale - Habgier und Heimtücke - als erfüllt, daher gab es auch die besondere Schwere der Schuld, die eine vorzeitige Entlassung unmöglich macht. Steht da auch so im Urteil.

Über den Habgierpunkt muss ich noch mal in aller Ruhe nachdenken. Ich gehe jetzt davon aus, dass die Familie Bence eher aus einfacheren Verhältnissen stammte. Also auch Ch. B., die ja erst durch die Heirat wohlhabend (reich?) geworden ist. Muss ich mal drüber nachdenken, wie sich das auf die Famiie auswirkt.

Dein Zuspitzungsargument teile ich übrigens voll und ganz. Die Einstellung und permante positive Hervorhebung von Christ. W. (stellv. GeFü) vor dem Hintergrund permanenter Herabwürdigung von B. T. - wo er doch alles für den Laden geopfert hatte - hatte sich Zündstoff. Sorry, für die Formulierungen, aber mir verdunstet hier langsam mein Gehirn ...

@meermin
@avatar455


Der beste Freund N. L. hat vor Gericht ausgesagt, dass ihm B. T. einmalig von einem größeren Gewinn von 800 € erzählt hat. Von weiteren Gewinnen wusste er nichts. Das Gericht ging dann davon aus, dass es unplausibel sei, davon auszugehen, dass es weitere Gewinne gegeben habe, von denen dann B. T. nichts erzählt habe.

Und das sind dann die Stellen im Urteil bei denen ich aus der Hose springe. Das ist einfach unsinnig, so zu argumentieren.

Aber noch zu den "Fakten": ein Mitarbeiter des Wettbüros, bei dem B. T. regelmäßig Sportwetten aufgabe wurde vor Gericht vernommen und sagte aus, dass B. T. nur kleinere Beträge und immer nur auf sichere Spiele gesetzt habe. Zumeist habe er verloren und gesagt "Jetzt habe ich wieder 10 € gespendet." Von größeren Gewinnen wusste er nichts, räumte aber ein, dass er natürlich nur etwas über die Zeiten sagen können, in denen er auch gearbeitet habe.