Mordfall Charlotte Böhringer
11.09.2013 um 10:15
@ maudlin Detel, Wolfgang, Grundkurs Philosophie, Band 1 Logik, Stuttgart 2007. Dort weitere Literatur.
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Mordfall Charlotte Böhringer
11.09.2013 um 11:22
Welcher Personenkreis formuliert und schreibt eigentlich eine Urteilsbegründung? Ist es Sache des dem Gericht vorsitzenden Richters, das Urteil zu verfassen oder entsteht eine Urteilsbegründung in Teamarbeit?
Beim Bence Urteil fällt sofort das Konstrukthafte auf. Stellen, die Nachfragen nach sich ziehen könnten sind penibel und teilweise skurill bis ins Kleinste beschrieben und es drängt sich einem förmlich der Verdacht auf, dass an diesen Stellen vorhandene Wissenslücken durch umfangreiches Konstruktmaterial ausgefüllt werden. Man könnte auch vermuten, dass Unpassendes durch geschicktes Formulieren und Belegen des Formulierten passend gemacht werden soll.
Für mich ist dafür nicht die Passage mit der Rechts- oder Linkshändigkeit das beste Beispiel,obwohl diese es auch in sich hat, sondern die beiden Passagen in denen es um die Gegenstände geht, die aus der Handtasche des Opfers in die Blutlache gefallen sind und um den Inhalt der Spülmaschine.
Bei der ersten genannten Passage, dem Handtascheninhalt und deren Position auf dem Flurboden geht es um die Zeit, die der Täter am Tatort verbracht haben muss, die Zeit zwischen Blutaustritt und Bluttrocknung. Dieses Problem löst der 'Verfasser des Urteils indem er die Gegenstände so konstruiert, dass sie obwohl sie auf dem Boden liegen keinen Kontakt zu diesem haben.
Bei der zweiten Passage, der in der es um den Inhalt der Spülmaschine geht, geht es um die Fremd-DNA die an einem Glas gefunden wurde und darum zu belegen, dass ausser dem Angeklagten niemand sonst in der Wohnung gewesen sein konnte und das Glas nicht relevant zeitnah zum Mord benutz worden war. Hier konzentriert sich der Verfasser des Urteils einen ewig langen Zeitraum lang auf die Position der einzelnen Gläser in der Spülmaschine und leitet daraus ab, dass das betreffende Glas bereits lange vor der Tötung des Opfers benutzt und in der Spülmaschine abgestellt worden sein muss. Aber kein Wort zum eventuellen Vorhandensein von Fingerabdrücken oder eben dem Nichtvorhandensein von Fingerabdrücken auf dem Glas, kein Wort zum ehemaligen Inhalt des Glases, kein Wort dazu, ob dieses Glas gespült wurde bevor es in der Maschine plaziert wurde.Derjenige, der die Spülmaschinenpassage verfasst hat hat sich offensichtlich darauf konzentriert, eine exakte Begründung dafür zu liefern warum das Glas "alt "sein musste und es keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen Glas mit DNA Anhaftung und Tat gab, denn das war die Grundannahme des Gerichtes und die musste begründet werden. Alles andere schien der Verfasser des Textes meinen weglassen zu können.
Diese Dinge sind es, die mir aufgefallen sind. Der Verfasser hat das, was der Stützung der im Gerichtsurteil definierten Theorie nutzt, breit und ausführlich beschrieben und zurechtkonstruiert, anderen wichtigen Aspekten aber anscheinend keine oder nur geringe Bedeutung zugemessen.
Ein wahnsinniger Aufwand einerseits um ein Konstrukt zu stützen ,anderseits ein lockeres Drüberhinweggehen bei Sachverhalten, denen man selber keine Bedeutung zugemessen hat, weil sie nicht ins oder zum Konstrukt passen. Das kennzeichnet für mich den Urteilstext.
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