AgathaChristo schrieb:Aus der willensstarken Frau, die machte was sie wollte, würde sie zum Monster, die ihre Kinder aus niedrigen Beweggründen tötete, als Motiv, für K.P. frei zu sein?
Es mag so gewesen sein, für mich erschließt es sich nicht als einziges Motiv dazu.
Was das Motiv von Monika Weimar angeht: Es gab einfach keins, das richtig plausibel ist.
Nicht mal das LG Fulda wagte es nach all den Verhandlungstagen, eines herbeizufabulieren, s. unten.
MW war ja schon vorausschauend beim Anwalt gewesen und wusste, dass sie im Falle einer Scheidung die Kinder bekommt.
Ich selbst ging, ängstlich geworden, sofort zu einem Rechtsanwalt in Phillipsthal. Ende Juli hatte ich von ihm die Bescheinigung, dass ich auf jeden Fall beide Kinder zugesprochen bekommen würde. Reinhard erfuhr davon, weil er den Anwalt vom Tennisspielen her kannte. Jetzt musste ihm bewusst geworden sein, wie ernst es mir mit der Scheidung war.
Quelle: Monika Böttcher, Ich war Monika Weimar, Seite 118Die Angst, die Kinder zu verlieren, war ihr damit genommen.
Selbst wenn sie die Scheidung erst nach der Einschulung Melanies später im August eingereicht hätte, wäre es RW vermutlich schwer gefallen, bis dahin eine neue potentielle Partnerin aufzutreiben, um dem Gericht eine Umgebung zu präsentieren, in der zwei Mädchen aufwachsen können. Er selbst hatte ja Schichtdienst.
Über den Sonntag Abend, also den 3. August schreibt sie:
Ungefähr um 20:30 fuhr ich los. Es war der erste Abend seit langem, an dem es keinen Streit und keine Schläge gab, obwohl Reinhard wusste, dass ich das Haus verließ. Er lag auf der Couch vor dem Fernseher und ließ mich wortlos gehen. Erst heute, wenn ich es aufschreibe, fällt mir dies auf. Jetzt wundere ich mich darüber, denn sonst hatte es immer Ärger gegeben, weil er mich nicht gehen lassen wollte. Damals sah ich darin nichts Besonderes.
Quelle: Monika Böttcher, Ich war Monika Weimar, Seite 127Persönliche Anmerkung:RW wollte ja auch am Mittag gern mit MW, Kindern UND KP schwimmen gehen. Wieso? Wollte er den Kontrahenten einfach kennenlernen, da dieser ja im Zweifelsfall auch die Kinder miterzogen hätte, was von ihm ein durchaus verständlicher und extrem guter Zug gewesen wäre? Und auch auf eine friedliche Einigung hinweisen würde?
Ich fuhr wieder in meinem Auto nach Bad Hersfeld ins Musikparadies. In der Disko tanzte ich mit Kevin an diesem Abend ziemlich oft und ausgelassen. Wir lachten zusammen, denn für uns war es ein harmonischer Tag gewesen, wir fühlten uns sehr wohl an diesem Sonntag. Ich trank ausnahmsweise mehr als sonst, mehrere Gläser Apfelwein und ein paar Schnäpse, die die Leute an unserem Tisch ausgaben. Sie hatten keinen besonderen Anlass, es ergab sich einfach so. Es war nach Mitternacht, als wir zu meinem Auto gegangen sind und zum Parkplatz der Teermischanlage fuhren.
Der Abend endete so schön, wie er begonnen hatte. Wir haben uns wieder geliebt, wie am Vorabend.
Quelle: Monika Böttcher, Ich war Monika Weimar, Seite 127Nach diesem aus ihrer Sicht friedlichen und schönen Abend ist der Frau dann plötzlich am helllichten Morgen, frisch ernüchtert, zwischen Post, Bank und Mittagessen eingefallen, dass gerade eine Riesengelegenheit sei, ihre Mädchen umzubringen, um - ja warum eigentlich?
Und ein Kissen hatte sie gerade auch noch im Passat dabei? Frische Unterwäsche auch?
Es gibt keinen Beleg, dass sie ihre beiden Mädchen nicht geliebt hat, keine einzige Aussage, dass sie ihr im Weg waren.Sie hat niemals auch nur ansatzweise erwähnt, dass sie Melanie und Karola hergeben würde, auch nicht an den Rest des Böttcher-Clans, der im Haus wohnte - was immerhin eine veritable Lösung gewesen wäre.
Kein Wunder, dass sich das Gericht schwer tat, ein Motiv zu finden:
Richter Bormuth sagte auch, Monika Weimars Ehemann Reinhard Weimar habe ohne Zweifel „das bessere Motiv“ gehabt. Das Motiv der Frau bleibe nach wie vor „weitgehend im Dunkeln“. Sie, die ihre Kinder sicher „geliebt“ habe, habe sich möglicherweise „in großer Not“ befunden.
„Die Kammer neigt dazu“, sagte der Richter, „anzunehmen, daß Streitereien mit ihrem Geliebten Kevin P. Auslöser für die Morde waren.“ Der habe sie unter Druck gesetzt, weil sie die Scheidung nur zögerlich betrieb: „Es ist zumindest vorstellbar, daß sie ihre Lage sehr kritisch eingeschätzt hat.“ Und: Das sei zwar „sehr hypothetisch“, aber: „Wie es auch sei, sie hat ihre Kinder getötet.“ Die beiden psychologischen und psychiatrischen Gutachten, die Monika Weimar von ihrer Persönlichkeitsstruktur her dieser Tat nicht für fähig hielten, berücksichtigte das Gericht nicht.
Quelle: https://taz.de/Zwei-Morde-und-eine-unerfindliche-Not/!1855059/Warum wurden 2 (!) Gutachten nicht berücksichtigt?
MW war nach allem, was zu lesen ist, nicht in "großer Not", sondern hatte einen schönen Tag/Abend mit KP. Selbst RW hatte sie vor der Abfahrt nicht angegangen. Wo kam also plötzlich "die große Not" her?
Aus dem psychologischen Gutachten von Professor Elisabeth-Luckmann vom 19.10.1986
Auffällig in ihrer Persönlichkeit ist vor allem ein Mangel an Spontanität, an frischer Erlebnisfähigkeit, an Flexibilität und Unbefangenheit. Diese Beobachtungen kann man sicher nicht nur machen, weil sie sich derzeit in einer prekären Situation befindet, sondern sie kennzeichnen sie durchgängig.
Quelle: Monika Böttcher, Ich war Monika Weimar, Seite 73Und plötzlich war sie spontan genug, um auf einem Parkplatz zu entscheiden, ihre Kinder umzubringen?
Man kann in Menschen nicht hineinsehen. Aber gerade in diesem Fall wäre eine tiefere kriminalpsychologische (und nicht küchenpsychologische) Ergründung von Nöten gewesen.
Erstaunlicherweise glaubte noch nicht mal RW wirklich, dass seine Frau die Kinder umgebracht hat:
Richter: "Wer hat denn Ihrer Meinung nach die Kinder getötet? War es Ihre Frau?"
"Ich kann nicht sagen, ob sie es war. Das weiß ich bis heute nicht. Das wüßte ich ja auch gern."
Quelle: https://www.abendblatt.de/archiv/1987/article203629445/Der-Tag-des-Vaters.htmlDas finde ich richtig merkwürdig. Was dachte RW, was passiert ist?
Seine Frau hat ihn als Mörderin beschuldigt und er - er kann dasselbe nicht zurückgeben?
Er verdächtigte später seinen Schwager, - es ist nicht überliefert, ob er den Namen genannt hat, er hatte ja zwei Schwager, aber im späteren Text wird von Jürgen Z. gesprochen, dem Mann ihrer Schwester Ursula:
Zehn Tage vor Weihnachten kungelte bei Rechtsanwalt Lothar Göb in Bad Hersfeld das Telefon. Am Apparat war Reinhard Weimar hörbar aufgeregt. Der Vater der getöteten Mädchen Melanie und Karola hatte etwas Dringendes mitzuteüen: "Mein früherer Schwager hat Monika geholfen, die Kinder zu ermorden!"
Göb hörte seinem Mandanten ungläubig zu. Der Schwager, von dem Reinhard Weimar sprach, ist Jürgen Z., Ehemann von Monika Weimars Schwester Ursula. Der 36jährige war vor einem Jahr im Mordprozeß als Zeuge aufgetreten; er hatte im selben Haus wie die Weimars gewohnt. Verdachtsmomente gegen ihn gab es jedoch nicht.
Quelle:
https://www.abendblatt.de/archiv/1988/article203789045/Wende-im-Fall-Weimar.htmlUnd er hatte es ziemlich wichtig damit:
Reinhard Weimar ist inzwischen in psychiatrischer Behandlung im Kreiskrankenhaus in Marburg-Cappel. Dorthin war er eingeliefert worden, nachdem er kurz vor Weihnachten 1988 angefangen hatte, das Telefon zu benutzen. Er hatte die Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaft, die Lokalzeitung angerufen. Er habe, teilte er mit, noch etwas „Wichtiges“ zu sagen. Reinhard Weimar versuchte, die Angerufenen zu einem Besuch bei sich zu bewegen, und deutete an, sein Schwager habe „etwas“ mit dem Tod eines der Kinder zu tun.
Quelle:
https://taz.de/Unter-Einfluss---Der-Fall-Weimar-vor-dem-BGH/!1822131/Selbst wenn man annimmt, dass RW zu dieser Zeit schon psychisch sehr weit weg war und göttliche Stimmen gehört hat, ich persönlich denke immer, dass da etwas aus dem Unterbewusstsein hochkam, das ihn nicht zur Ruhe kommen ließ.
Vielleicht lag es daran, dass MW allgemein als liebevolle Mutter beschrieben wurde und er nicht wirklich daran glauben konnte? Sie waren immerhin bereits 8 Jahre verheiratet! Er hätte jederzeit sagen können: Sie war's! Denn auch wenn er es nicht geglaubt hat: Wer sollte es denn sonst sein, am hellichten Tag, nachdem MW zugab, auf dem Parkplatz gewesen zu sein? Wer?
Eviherzi schrieb:Welche Dokus gibt es eigentlich zu dem Fall, ausser der von RTL+ ?
Hier noch zwei Dokus:
Wer hat Melanie und Karola Weimar getötet? | DAS THEMA
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Der Fall Weimar - Quelle:
https://www.spiegel.de/video/fehlurteile-prozess-weimar-video-99009540.html