@GuardianAngel7 GuardianAngel7 schrieb:Wie ist das zu verstehen? Daß Curatolo und Quintavalle ein calumnia Verfahren an den Hals gekriegt hätten? Oder Hellmann selbst? Hellmann hat das ganze doch sowieso seinen Kopf gekostet.
Richter Hellmann hat in seiner Urteilsbegründung Curatolos Drogenkonsum dafür verantwortlich gemacht, dass dieser in seiner Aussage die Nacht von Halloween (Leute in Verkleidung, Shuttle-Busse, die die Leute zu den Diskos ausserhalb der Stadt gebracht haben) mit der Mordnacht verwechselt hat und dies als menschlichen Fehler abgetan, anstatt gegen Curatolo ein Verfahren wegen Meineids oder Falschaussage einzuleiten.
Bei Quintavalle ist es ähnlich, hier nimmt Richter Hellmann an, dass tatsächlich eine junge Frau, die Knox ähnlich sieht an besagtem Morgen in Quintavalles Laden war und - wieder ein menschlicher Fehler - Quintavalle sich selbst über die Zeit davon überzeugt hat, dass es sich bei dieser Frau um Knox gehandelt haben muss. Aus dem restlichen Teil dieses Abschnitts wird aber durchaus klar, dass Hellmann davon ausgeht, dass Quintavalle inspiriert von dem Reporter, der ihn "gefunden" hat, lügt.
Richter Hellmann hat meiner Meinung nach nach einem Kompromiss gesucht, der die italienischen Ermittler und Staatsanwälte nicht wie komplette Idioten oder schlimmer Falschbezichtiger und Beweisfälscher aussehen läßt. Deshalb hat er Knoxs Verurteilung wegen Calunnia stehen lassen (andernfalls hätte er sagen müssen, die Polizisten wären Kriminelle) und die Fehler bei der Spurensicherung den Fußsoldaten in die Schuhe geschoben anstatt sich Stefanonis Machenschaften genauer anzusehen... Interessanterweise hat er sich aber aus dem selbst gewählten Ruhestand (er war 69 in 2011) nach den Urteilen 2013 und 2014 zu Wort gemeldet und sein Urteil verteidigt, ich warte hier noch auf eine ähnliche Stellungnahme von Richter Nencini...
;)GuardianAngel7 schrieb:Weißt Du mehr drüber, was den Cassazione Richtern 2013 an seinem Urteil nicht recht war?
Liest du italienisch? Hier ist die
http://www.amandaknoxcase.com/wp-content/uploads/2015/07/Italian-Supreme-Court-Chieffi-Report-18-June-2013.pdf im Original, die eigentliche Begründung beginnt auf Seite 39.
Hier die beiden Übersetzungen:
http://chieffireport.wordpress.com/http://themurderofmeredithkercher.com/The_Supreme_Court_of_Cassation_of_Italy_Sentencing_ReportGuardianAngel7 schrieb:Warum die sich der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht haben, das ist schon schwer zu verstehen.
Das ist meine Interpretation.
Im Frühjahr 2009 weist Richter Massei Stefanoni an, der Verteidigung ihre Ergebnisse zur Prüfung zur Verfügung zu stellen. Bei der Prüfung dieser Ergebnisse kommt heraus, dass sie in ihrem Bericht bzgl der zur Mengenbestimmung der DNA auf dem Messer benutzen Maschine unrichtige Angaben gemacht hat, aus denen auch folgt, dass sie in 2008 vor Richter Micheli bzgl der Menge der gefundenen DNA falsche (ein paar hundert Picogramm) Angaben gemacht hat.
Das Mindeste, dass ich jetzt von einem wirklich unparteiischen Richter erwarten würde ist eine Prüfung, warum Stefanoni hier widersprüchliche Angaben und Aussagen gemacht hat. Interessanterweise lehnt Richter Massei aber entsprechende Anträge der Verteidigung ab und nimmt Stefanoni in seiner Urteilsbegründung sogar in Schutz. Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass sie diese "Fehler" bewusst gemacht haben könnte um Knox und Sollecito zu schaden, welchen Grund sollte sie dafür haben? Und auch Richter Hellmann ist leider nicht konsequent genug und lässt Stefanoni mit ihrer Weigerung davonkommen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Meinung eines anderen pensionierten Richters, Edoardo Mori. Er wird in diesem
http://www.ff-online.com/ausgaben/40-163/lektion-von-foxy-knoxy/ aus 2011 folgendermaßen zitiert:
"Zu viele Staatsanwälte würden „voreingenommen, unprofessionell und schlampig“ ermitteln. Viele der Sachverständigen seien „schlicht und einfach Esel, die den Staatsanwälten jene Antworten liefern, die diese von ihnen benötigen, um ihre vorgefertigten Thesen zu untermauern.“