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"Bodensee-Mord" von 1969

1.438 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bodensee, Zürich, Lindau ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 06:47
@Ludwig_01

Die Überlegungen zu homosexuellen Neigungen lassen meiner Ansicht nach allesamt außer 8, dass diese Neigung zur damaligen Zeit zwar unter Strafe stand - dass es aber dennoch mehr oder weniger offene Szenen gab und dass vor allem die Polizei entsprechende Szenelokalitäten kannte und dort mit Sicherheit auch ermittelt hat.
Der Friseur war rund um den Bodensee unterwegs, seine Familie hätte also ohnehin nichts mitbekommen. Und wenn er "nur" seinen homosexuellen Neigungen nachgegangen wäre, wäre er mit Sicherheit an stattbekannten Szenetreffs oder gar in der Stadt in Begleitung von Männern gesehen worden. Ferner wäre der Wink mit dem Zaunpfahl in XY deutlicher ausgefallen - ein dezenter Hinweis auf die leicht flamboyante Aufmachung ist selbst für die XY-Verhältnisse der damaligen Zeit deutlich zu wenig. Normal waren Sätze wie "Er suchte in seiner Freizeit die Nähe junger Männer" bzw. "Er besuchte hin und wieder Lokale die ausschließlich von Männern aufgesucht wurden".

Ich bleibe daher dabei: Das Opfer mag schwul gewesen sein - zusätzlich aber wahrscheinlich auch Anhänger einer weitaus heikleren sexuellen Spielart. Denn Homosexualität erklärt weder die überzogene Geheimniskrämerei, noch die Genitalverstümmelung. Daher gehe ich nach wie vor davon aus, dass die Homosexualität nicht der relevante Aspekt in dem Fall ist.


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 06:53
Zitat von egahtegaht schrieb:löw hat sich ja sehr dezent und unauffällig bewegt ,ohne abtrennungsversuch
wäre homosexualität nur eine option für die ermittler gewesen.
so aber drängt sie sich förmlich auf.
Verstehe ich nicht - warum drängt sich Homosexualität durch den Abtrennungsversuch "förmlich auf"? Seit wann haben Homosexuelle eine Vorliebe für das Abtrennen von Geschlechtsteilen? Ich kenne viele Homosexuelle, mir ist noch keiner aufgefallen der entweder ohne Geschlechtsteil herumliefe, oder eine Vorliebe für das Abtrennen fremder Geschlechtsteile hätte.
Was sich vielmehr aufdrängt ist eine andere, seltenere und relative abartige sexuelle Spielart - an dieser Erkenntnis bist du aber haarscharf vorbeigeschippert, wahrscheinlich weil du wie viele andere auch dich nicht mit so etwas auseinandersetzen willst.


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 08:42
Könnte es nicht auch sein, dass der Täter ein Schwulenhasser war, der dem Opfer genau deshalb Verletzungen im Genitalbereich zugefügt hat, nach dem Motto "Dann schneid ich ihn dir halt ab, dann kannst du damit keine Schweinereien mehr veranstalten!" ??? Vielleicht hatte er sich ja dem Falschen angenähert, der ihn daraufhin entsprechend attackierte und verletzte.

@Ludwig_01
Sehr gute Zusammenfassung, nur eins passt nicht: Die Verletzungen im Genitalbereich können ihm nicht post mortem zugefügt worden sein, die Obduktion ergab doch, dass die Verletzungen schon Stunden vor seinem Tod entstanden sind und auch versorgt worden sind (wahrscheinlich verbunden)... Da ist dann die Frage, wie es dazu kam? Ein Täter würde ja kaum denjenigen verletzen und ihn dann erst verarzten oder sich verarzten lassen, um ihn dann Stunden später erst zu töten... Das Kannibalismus-Szenario ist da zwar nicht meine Theorie, aber auch nicht sooo unplausibel. Plausibel wäre aber auch ein ungeübter und unentschlossener Täter, der seine Tat in Etappen begangen hat, entweder aus sadistischen Gründen, indem er das Opfer ständig zwischen Hoffen und neuen Attacken wanken ließ (verletzten, wieder versorgen, Waterboarden, wieder zu sich kommen lassen, am Ende dann doch erdrosseln, vielleicht dies auch in mehreren Anläufen, in denen er das Opfer immer wieder zu sich kommen ließ) oder weil er einfach bis zum Schluss immer wieder Skrupel bekam und die Tat mehr deshalb beging, weil er nun schon so weit gegangen war, dass er das Opfer auch nicht mehr einfach gehen lassen konnte.

@KonradTönz
Ein freiwilliges Mitmachen des Opfers bei diesem Szenario wäre nur denkbar, wenn das Opfer hochgradig masochistisch und devot veranlagt gewesen wäre. Der Fall Meiwes war schon sehr außergewöhnlich, aber selbst da wurde das Opfer nicht mehr als nötig gequält. Jemanden untenrum (fast) zu amputieren dürfte schmerzvoll genug sein, um nicht noch Bedürfnisse nach waterboarden und drosseln beim "freiwilligen Opfer" zu wecken. Wer sowas macht, ist sehr sadistisch veranlagt und dürfte sich am "mehrfachen Sterben" des Opfers sehr geweidet haben. Daher meine Theorie eines sadistisch veranlagten Homophoben, der latent selbst schwul war, dies aber nicht offen auslebte und das auch keinem anderen "gönnte". Ich erinnere dabei an die Snowtown-Morde.


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 09:47
Zitat von ComtesseComtesse schrieb:Ein freiwilliges Mitmachen des Opfers bei diesem Szenario wäre nur denkbar, wenn das Opfer hochgradig masochistisch und devot veranlagt gewesen wäre. Der Fall Meiwes war schon sehr außergewöhnlich, aber selbst da wurde das Opfer nicht mehr als nötig gequält. Jemanden untenrum (fast) zu amputieren dürfte schmerzvoll genug sein, um nicht noch Bedürfnisse nach waterboarden und drosseln beim "freiwilligen Opfer" zu wecken.
Ertrinken und Erdrosseln muss kein "Bedürfnis" des Opfers gewesen. Das Opfer könnte genausogut während oder kurz nach der Amputation im Wasser ohnmächtig geworden sein und deshalb das Wasser geschluck haben. Ertrunken ist das Opfer ja nicht, es hat nur Wasser geschluckt. Und erdrosseln ist doch eine äußerst sanfte Todesart? Geht schnell, ist nicht mit Schmerzen und schweren Verletzungen verbunden.
Wenn man einsieht, dass Kannibalismus nunmal den Tod eines Partners einschließt, dann wäre die Todesart in dem Fall jedenfalls denkbar sanft gewesen. Die Verletzung war sicher schmerzhaft, aber genau eine solche Verletzung könnte Bestandteil des Aktes gewesen sein, wie wir aus dem Meiwes-Fall wissen.

Also: Wenn man von einem Kannibalismusfall ausgehen würde, wäre dem "Opfer" hier keine unnötige Gewalt angetan worden, die über das für den Akt Notwendige hinausgegangen wäre.

Wenn es ein Hassverbrechen eines Homophoben gewesen wäre, stellt sich doch eigentlich die Frage, warum der den Aufwand betrieben haben soll die Wunde zu waschen. Weiterhin stellt sich die Frage, warum er seinen Hass nur am Geschlechtsteil mit dem Messer ausgelebt hat und nicht gleich den kompletten Mord mit dem Messer ausgeführt hat. Wenn man das Messer schon in der Hand hält, warum legt man es wieder aus der Hand, säubert die Wunden, um das Opfer dann zu erdrosseln? Das passt nicht zu einem reinen Hassverbrechen und noch viel weniger zu einem Raubmord eines Strichjungen.


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 11:17
Vielleicht wurde JL auch das Opfer einer missglückten "Geschlechtsumwandlung", die evtl. von einem illegalen "Kurpfuscher" durchgeführt wurde und der dann sein Opfer verschwinden lassen musste, um nicht selbst belangt zu werden...


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 23:08
Hallo zusammen!

Zunächst einmal ein Dankeschön an alle für die freundlichen Rezensionen!
Eine Einschätzung von gestern würde ich allerdings korrigieren: Nach nochmaliger Ansicht von Landkarte und Grenzverlauf halte ich es für möglich, dass die Leiche auch auf deutscher Seite, z.B. bei Öhningen, in den Rhein verbracht wurde, und der Tatort dürfte dann ganz grob in der Region Konstanz/Radolfzell zu verorten sein. Es wird ja auch davon gesprochen, dass sich noch ca 120,-DM im Portemonnaie des Opfers befanden; hätte es auch noch SFr enthalten, wäre dies sicher erwähnt worden.

@KonradTönz: Auch ich gehe davon aus, dass ein gewiefter "Insider" schon gewusst hat, wohin er auszugehen hat und wo er Kontakte anbahnen kann, aber grundsätzlich war in jener Zeit - immerhin fast ein halbes Jahrhundert her! - Homosexualität in der öffentlichen Meinung ein schlimmes Verbrechen und ein "Outing" vollkommen undenkbar mit unabsehbaren Konsequenzen für den Betreffenden, weshalb die "normale" Schwulenbiographie" eher so aussah: bürgerliche Fassade, Familie, Kinder, und darüber hinaus größtmögliche Heimlichtuerei ganz unabhängig von den präferierten Varianten. Darin eingeschlossen Schuldgefühle, Scham und das Risiko, Opfer von Schwulenhassern zu werden, die sich als Stricher geben und nicht befürchten müssen, angezeigt zu werden. Um es krass auszudrücken: Homosexualität galt als weit schlimmer als die Vergewaltigung einer Frau, die in jener Zeit strafrechtlich recht nachsichtig gehandhabt wurde - aber das nur nebenbei zur Illustration des reaktionären gesellschaftlichen Klimas.

Insofern finde ich den häufigen Wechsel der Unterkunft erklärbar und auch den Umstand, dass sich das Opfer nicht in Begleitung in der Öffentlichkeit gezeigt hat.

@Comtesse: Dein psychologisches Erklärungsmuster finde ich sehr erhellend; dass derartige Motive mit eine Rolle gespielt haben, davon darf man getrost ausgehen. Eines noch, falls ich mich missverständlich ausgedrückt haben sollte: Ich nehme an, dass die ominöse Verletzung einem wehr-/bewusstlosen Opfer beigefügt wurde; von einer Versorgung der Wunde ist mir nichts bekannt. Latenter Schwulenhass scheint mir als Motiv für diese Verletzung allemal tragfähiger als die Kannibalismus-Variante. Eher denkbar, wenngleich auch höchst unwahrscheinlich, wäre eine Tötung auf Verlangen.

Grundsätzlich aber ist dieses Verbrechen nur im historischen Kontext jener Jahre zu verstehen mit der einfach zu realisierenden Möglichkeit, im alltäglichen Leben praktisch keine Spuren zu hinterlassen.

Viele Grüße
Ludwig


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"Bodensee-Mord" von 1969

21.07.2015 um 23:19
Zitat von Ludwig_01Ludwig_01 schrieb:Latenter Schwulenhass scheint mir als Motiv für diese Verletzung allemal tragfähiger als die Kannibalismus-Variante.
Warum latent? Jemanden aus Hass umzubringen ist das krasse Gegenteil von latent.
Zitat von Ludwig_01Ludwig_01 schrieb:Eher denkbar, wenngleich auch höchst unwahrscheinlich, wäre eine Tötung auf Verlangen.
Das wäre wohl der weltweit erste und einzige Fall in der ein Mensch der sich beim Suizid helfen lässt darum bittet, dass ihm zuvor noch eine schwere Verletzung am Gemächt zugefügt wird. Und das soll eher denkbar sein als Fälle von Kannibalismus, von denen es bereits mehrere gab?


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"Bodensee-Mord" von 1969

22.07.2015 um 09:25
Evtl. war die Verletzung des Geschlechtsteils auch ein Racheakt für eine Sexualpraktik, die mit dem Partner ursprünglich nicht abgesprochen/vereinbart war oder sogar so eine Art Vergewaltigung des Partners durch JL.
An den schwanzabschneidenden Schwulenhasser glaube ich weniger, denn dann hätte es am Bodensee noch mehr ähnliche Fälle davor oder danach geben müssen, wovon offenbar nichts bekannt ist.


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"Bodensee-Mord" von 1969

23.07.2015 um 20:11
hallo an alle,

beleuchten wir doch mal den anatomischen bereich:
- intimbereich ist immer gut durchblutet
- komplette entfernung penis = massive blutung = wie abbinden? Mann verblutet schnell
- komplette entfernung 1 oder 2 hoden, diese sind in einem "hautsack", wenn man hoden abschneidet, blutung geringer wie bei penis
- reiß- oder schnittverletzung ohne abtrennen, blutet auch massiv, kann evt. durch aufpressen von tüchern gestoppt werden

ich schließ daraus, daß nichts entfernt wurde.

blutungen verstärken sich durch erwärumung des körpers, suizid in badewanne warm, pulsadern öffnen, blutverlust geht viel schneller wie in kaltem wasser. auch zieht sich die haut im intimbereich zusammen im kalten wasser, verlangsamt manche blutung oder stoppt diese.

ich schließe daraus nach der verletzung benutzen von kaltem wasser in einer badewanne.

intimbereich ist sehr schmerzempfindlich, kälte verringert das schmerzempfinden.

ich schließ daraus kontaktaufnahme mit kaltem wasser.

verletzung im intimbereich kann auch den after betreffen, geschlechtsverkehr anal bei hämorriden kann auch zu blutungen bis hin zum darmvorfall führen, auch hier hilft kälte ein bißchen zur linderung.

schön wäre es, wenn es eine medikamentenliste gäbe, ob er evt. blutverdünnende medikamente - alter passt zu herzerkrankungen - nahm, arzt verdünnt das blut. dann reicht ein leichter riß und es sprudelt.

wenn man stranguliert wird, wehrt man sich massiv, zappelt, schlägt um sich. in einer gefüllten badewanne liegend, werden die schläge von händen und füßen gemildert. auch in der lautstärke.

von meiner medizinischen logik her also ablauf:
verletzung entsteht, kein entfernen von penis oder hoden, mann ist schon ganz nackt oder zieht den rest noch aus wegen blutspuren, duschen gab es damals weniger, sucht eine badewanne, kaltes wasser rein und legt sich rein.
spekulativ ob durch blutverlust oder fremdeinwirkung. ohnmacht. erklärt das leitungswasser in der lunge.

zum rest wer, warum, wo kann ich auch nur spekulieren.

anmerken möchte ich, jegliche sexuelle praktik von heute, gibt es seit es menschen gibt. heute gibt es keine ärztliche meldepflichten mehr, heute grinsen sich die ärzte eins, wenn jemand mit colaflasche im after eingeliefert wird, behandeln den und nichts geht nach aussen. damals wäre es eine straftat gewesen, zum doc zu gehen mit flasche im after. auch damals wollte bestimmt keiner so eine verhandlung bei gericht, da kann es schon einen "disput" mit dem partner gegeben haben, der für eine seite nicht gut ausfiel.

lg loisel


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"Bodensee-Mord" von 1969

23.07.2015 um 21:10
@loisel

Warum kann eine Amputation nicht bereits in einer Wanne mit kaltem Wasser vorgenommen worden sein? Das könnte erklären, warum das "Opfer" Wasser geschluckt hat: Weil es ohnmächtig wurde. Es gab jedenfalls schon Fälle von Kastration in denen das Opfer länger als eine Stunde überlebt hat - also länger als Löw.

Was man übrigens auch noch erklären muss ist, warum das Opfer keinerlei Abwehrverletzungen aufwies. Wer lässt sich an seinem Gemächt rumschnippeln ohne sich mit allen Mitteln zur Wehr zu setzen? Und da ein Messer im Spiel war, hätten solche reflexartigen Abwehrhandlungen deutliche Schnittverletzungen an Händen und Armen hinterlassen müssen.
Das lässt wiederum eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Das Opfer war bereits ohnmächtig, als die Genitalverletzungen entstanden sind. Diese Ohnmacht könnte wiederum durch das Waterboarding hervorgerufen worden sein. (Eine Fesselung schließe ich aus, weil auch das deutliche Verletzungsspuren an den Händen zur Folge gehabt hätte). Oder aber - und das ist zweifelsohne die ungeheuerlichere Variante: Das Opfer hat der Genitalverletzung zugestimmt und man hat Maßnahmen getroffen, die Folgen abzulindern - eben durch Verlagerung der OP in eiskaltes Wasser. Unter diesen Umständen kann man selbst eine Amputation ohne weiteres eine Stunde lang überleben - dazu gibt es zahlreiche Beispiele in der Literatur. Da ich Geschichtsfreak bin: Peter Abelard hat seine Kastration, die von Laien unter den hygienischen Bedingungen des Mittelalters vorgenommen wurde, dauerhaft überlebt.


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"Bodensee-Mord" von 1969

20.02.2016 um 14:20
Schade das es hier zu Ende ist. Irgendwie werden wir das Rätsel nie lösen. Vielleicht wird auch hier mal ein Film gedreht!? Musste im übrigen bei dem TV-Film Barschel, irgendwie an den Bodensee Mord denken ;-)


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"Bodensee-Mord" von 1969

16.05.2016 um 22:18
Südkurier Nr. 220

Rubrik: Südwestdeutsche Umschau
Mittwoch, 24. September 1969

Aus dem Rhein wurde eine männliche Leiche geborgen

Kripo frägt: Wurde der Unbekannte ermordet? - Schweizer und deutsche Behörden arbeiten in der Ermittlung zusammen

Singen/Diessenhofen (s-oe) Rätselraten herrscht bei den Polizeidienststellen in Diessenhofen und Frauenfeld und bei der Kriminalpolizei in Konstanz und Singen:
Im Rhein bei Diessenhofen wurde am späten Montagnachmittag die Leiche eines bisher noch unbekannten Mannes geborgen. Um den Hals der bereits stark aufgedunsenen Leiche, war eine braune Damenstrumpfhose geschlungen.
Von den zuständigen schweizer Behörden wurde sofort die Kriminalpolizei Singen eingeschaltet. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Tote aus dem Umkreis von Singen kommt. Kriminalhauptkommissar Georg Riemensperger von der Singener Kriminalpolizei gestern zum SÜDKURIER:

"Auf die vier offiziell als vermißt gemeldeten Personen paßt die Beschreibung nicht." Trotzdem kann man natürlich nicht aussschließen , daß es sich bei dem Toten um einen Singener handelt. Diese Vermutung liegt in der Tat nicht sehr fern: Die schweizer Kriminalisten haben festgestellt, daß sich der Mann in den letzten Wochen im Raum Konstanz, Singen, Stein am Rhein, aufgehalten haben muß.

Mit hoher Wahrscheinlichket rechnen die Kriminalbeamten aus der Schweiz und Deutschland damit, daß es sich um ein Verbrechen handelt. Die Art, wie die Strumpfhose um den Hals des Mannes gezogen ist, spricht am meisten dafür.

Der Mann der der mindestens eine Woche im Wasser lag, ist 40 bis 50 Jahre alt, 165 cm groß, hat mittlere Statur, dunkelbraune, leicht ergraute Schläfen, angehende Stirnglatze, braune Augen, Teilzahnprothese. Besonders auffällig ist eine strahlenförmige Narbe an der rechten Hüfte. Der unbekannte Mann trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und einen Gabardinemantel. Er hatte eine Armbanduhr der Marke "Desira" am Arm.

Nach den Ermittlungen der Polizei ist es möglich, daß es sich bei dem Ertrunkenen um einen Kellner handelt. Sachdienliche Hinweise nimmt jede schweizer oder deutsche Polizeidienstelle entgegen.

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Südkurier, Nr. 221
Donnerstag, 25. September 1969

Weiter Rätsel um den Toten von Diessenhofen

Identität noch nicht geklärt - Alles deutet auf ein Verbrechen hin

Singen (hem) immer mehr Kopfzerbrechen bereitet den deutschen und Schweizer Kriminalisten die Wasserleiche, die , wie berichtet, am Montag bei Diessenhofen im Rhein geborgen wurde. Sie hatte eine Strumpfhose um den Hals. Während man vorgestern noch fest davon überzeugt war, daß es sich um einen Kellner handle, stellte man jetzt fest, daß der etwa 40-50jährige Mann auch drei Friseurscheren bei sich hatte.

Nach den umfangreichen Ermittlungen steht fest, daß der Mann noch vor zwei Wochen auf der Reichenau war, um dort die Scheren zu verkaufen. Außerdem verstärkt sich der Verdacht, daß es sich um einen Homosexuellen handelt. Der Singener Kripochef, der gestern in Diessenhofen war, um die Identität des Toten zu klären, mußte unverrichteter Dinge wieder abreisen: Die Leiche ist zu sehr entstellt, um irgendwelche Ähnlichkeiten zu erkennen. Zur Zeit wird noch ein Hinweis der Berner Kriminalkommandatur geprüft, wonach der Tote von dort stammen könnte.
Verwirrend ist vor allem, daß die Kleidung des Mannes von einer Zürcher Firma stammt, während er nur deutsches Geld bei sich hatte. Im übrigen haben die Untersuchungen ergeben, daß der Mann erdrosselt wurde.

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Südkurier
Rubrik Konstanz, wahrscheinlich 29. September 1969

Identität des Toten geklärt:
Friseur aus Oberfranken auf Erholungsfahrt ermordet

Der am 22. September aus dem Rhein bei Diessenhofen (Schweiz) geborgene Tote ist identifiziert (siehe auch Meldung auf der Südwestdeutschen Umschau). Es handelt sich um den 56jährigen Inhaber eines Friseurgeschäftes Josef Löw aus Selbitz in Oberfranken, der nach Angaben der Schweizer und deutschen Kriminalpolizei ermordet worden ist.
Die Kriminalpolizei Hof (Oberfranken) bestätigte dem SÜDKURIER telefonisch die Identität des Ermordeten, der am 3. August mit unbekanntem Ziel aus Selbitz abgereist ist.

Der ermordete Friseur hatte sich nachwieslich in der Zeit zwischen dem 13. und dem 16. September in Konstanz und auf der Insel Reichenau aufgehalten (der SÜDKURIER berichtete mehrmals über den Fall). Recherchen des SÜDKURIER ergaben, daß der Mann am 3. August überstürzt kurz vor 24 Uhr seine Wohnung in Selbitz verlassen hatte und zunächst nach Hof mit der Eisenbahn gefahren war. Dort kaufte sich Löw - er hatte 2000 DM mitgenommen - eine Eisenbahnfahrkarte nach dem Süden Deutschlands.

Als Ursache für den überstürzten Aufbruch des 56jährigen wird häuslicher Streit angenommen. Löw besaß in Selbitz ein gutgehendes Friseurgeschäft, das er sich nach dem Kriege - er war Flüchtling aus dem Sudetenland - aufgebaut hatte. Die Familie, Ehefrau und zwei erwachsene Töchter, half ihm dabei. In letzter Zeit allerdings hatten sich Familienstreitigkeiten gehäuft: Die Töchter heirateten und beabsichtigten wegzuziehen. Es wird nun von der Kriminalpolizei in Hof und den Familienangehörigen vermutet, daß diese Streitigkeiten die eigentliche Ursachen für die Abreise sind.

Angeblich wollte Löw wie er selbst auch sagte, einige Wochen in den Süden Deutschlands fahren, um sich zu erholen.

Im Interesse der Ermittlungen wollte sich gestern die Kriminalpolizei Konstanz nicht zu der identität des Ermordeten äußern. Die schweizer Kollegen, die ebenfalls mit den Ermittlungen befaßt sind, teilten dagegen Namen und Adresse des Toten gestern schon mit.
Josef Löw hatte am 17. September seinen 56. Geburtstag. In diesem Zusammenhang vermuten die Angehörigen , daß der Ermordete ausgiebig gefeiert und so unter Umständen durch unbekannte Hand den Tod gefunden haben müßte. Über den oder die Täter ist nach Auskunft der Kriminalpolizei Konstanz nichts bekannt.

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Südkurier Nr. 225 / Seite 10

Rubrik: Konstanzer Zeitung

Dienstag, 30. September 1969

Josef Löw wurde wahrscheinlich in den Rhein gestoßen

Kriminalpolzei bittet die Bevölkerung um Mitfahndung

z-a. Nachdem jetzt die Identität des am 22. September bei Diessenhofen (Schweiz) aus dem Rhein geborgenen Ermordeten geklärt worden war (der SÜDKURIER berichtete darüber), bittet nun die Kriminalpolizei Konstanz die Bevölkerung um Mithilfe bei der Fahndung nach den unbekannten Tätern. Wie berichtet, handelt es sich bei dem Toten um den 56jährigen Friseur Josef Löw aus Selbitz (Oberfranken), der eine Erholungsfahrt an den Bodensee gemacht hatte. Er war am 3. August von seiner Heimatstadt aufgebrochen; vermutlicher Anlaß für die Reise war Familienstreit.

Die Kriminalpolizei Konstanz teilt nun mit, daß Josef Löw in der Zeit vom 9. bis zum 20. August in Lindauer Hotels übernachtet habe. Über die Zeit vom 20. bis zum 29. August ist bekannt, daß der Friseur sich in einem Hotel in Konstanz aufgehalten hat.
Am 8. September wechselte Löw in ein anderes Konstanzer Hotel über, wo er bis zum 15. September blieb.
Vermutlich mit einem Kurschiff - die Kriminalpolizei fand eine Schiffsfahrkarte bei dem Toten - trat Löw dann am 16. September eine Fahrt nach Stein am Rhein an; das Schiff fuhr etwa um 9 Uhr in Konstanz ab. Von diesem Zeitpunkt an, dem 16. September, wurde der Friseur nicht mehr gesehen. Am 22. September zog man seine Leiche aus dem Rhein.

Die Kriminalpolizei nimmt nun an, daß Josef Löw mit ziemlicher Sicherheit in den Rhein gestoßen wurd. Der Tote hatte, als man ihn fand, eine Damenstrumpfhose um den Hals geschlungen. Hinzuzufügen ist noch, daß Löw am 17. September seinen 56. Geburtstag hatte. Man vermutet, daß hier ein Zusammenhang mit seiner Ermordung besteht.
Die Kriminalpolizei Konstanz bittet die Bevölkerung um Mitfahndung.

- Wo hielt sich Löw zwischen den festgestellten Aufenthalten in Konstanz und in Lindau auf, also in der Zeit vom 3. bis zum 9. August, vom 29. August bis zum 8. September und in der Nacht vom 15. auf 16. September?

- Wer hat Löw in der Zeit vom 3. August bis zu seinem Verschwinden gesehen, insbesondere am 16. September, dem Tag, an dem er wahrscheinlich ermordet wurde?

- Wer hat Löw in Begleitung dritter Personen gesehen?

- Wer kann sonstige Angaben zu Löw machen?

Weiter teilt die Kriminalpolizei mit, daß in einem Schließfach eines Konstanzer Hotels das Gepäck von Josef Löw gefunden wurde. Auffällig ist dabei, daß sich ein Smoking und benutzte Smoking-Hemden darunter befanden (insgesamt sechs). Die Kripo fragt nun, ob jemand den ermordeten Friseur in dieser Kleidung gesehen hat?


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"Bodensee-Mord" von 1969

22.08.2016 um 14:01
@bodensee
Tut mir leid, ich sehe jetzt erst die von Dir eingestellten Artikel, weil der Strang leider so schnell nach unten gerutscht ist damals, obwohl ich ihn unheimlich gerne verfolgt und gelesen habe.
Erst einmal : vielen, vielen Dank für die Recherche dieser alten Artikel. Hut ab!

Mich würde mal interessieren, ob es noch Zeitzeugen gibt, die sich an den Fall erinnern?
Oder zumindest deren Nachkommen?
Ich kenne das von meinen Großeltern /Eltern, wenn etwas außergewöhnliches passiert ist, das wurde durchaus erzählt und noch Jahre später sprach man darüber.
Wäre interessant, ob etwas ähnliches in diesem Fall auch hängengeblieben ist?


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"Bodensee-Mord" von 1969

27.11.2017 um 13:52
@bodensee:
Vielen Dank für die Artikel- ist ja interessant, dass relativ früh, schon bevor die Identität des Toten geklärt war, Homosexualität ins Spiel gebracht wurde und dann später als Grund für die Reise ein Familienstreit angegeben wurde....

Aber ich würde doch vermuten, dass es eine sexuelle Geschichte war: In Deutschland galt damals ja noch der §175, in der Schweiz war Homosexualität schon seit 1942 straffrei- das hat zu einem ziemlichen "Tourismus"


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"Bodensee-Mord" von 1969

27.11.2017 um 13:55
..aus Deutschland in die Schweiz geführt. Vielleicht hat man das sexuelle Motiv dann später aus Rücksicht auf die Familie des Opfers nicht mehr erwähnt- dazu würde passen, dass ja so sehr auf die klischeehafte Kleidung des Opfers verwiesen wurde. Also: Gewissermaßen andeuten, aber nicht ausdrücklich erwähnen.

Auf alle Fälle wäre es einmal interessant, mit Zeitzeugen zu sprechen. Vielleicht würden sie heute ja offener über bestimmte Dinge reden als damals.....

(Sorry für die Teilung des Beitrags, war zu schnell....)


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"Bodensee-Mord" von 1969

29.11.2017 um 20:02
sehe ich auch so.
Selbst in den 80er in Berlin wurde Homosexualität sehr oft verschwiegen, weil man ansonsten gesellschaftlich benachteiligt war.
Obwohl das damals nicht mehr strafbar war und die Gesellschaft wesentlich liberaler.
Aber wirklich offen damit umgegangen sind nur wenige. Selbst in Berlin nicht.

Also das mit den Schuhen ist eine offene Anspielung auf Homosexualität.
Die Presse schrieb ja auch über Spuren ins Homosexuellenmillieu.


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"Bodensee-Mord" von 1969

15.08.2018 um 21:21
ein wirklich mysteriöser Fall, danke @Nala-Nyna, für den Hinweis das dieser hier schon behandelt wird. Ich fand in leider nicht.
Kollege @Nightrider64 vom einem anderen Fall ist / war hier auch eifrig am mitschreiben.

Werde mir die Tage mal die Seiten durchlesen, vielleicht hat der ein oder andere Lust hier auch weiter zu schreiben.


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"Bodensee-Mord" von 1969

15.08.2018 um 22:00
Zitat von ayahuaskaayahuaska schrieb: vielleicht hat der ein oder andere Lust hier auch weiter zu schreiben.
Ich bin ja weiland durch diese Diskussion hier auf Allmy gelandet (damals ^^) und allein deshalb wäre ich so-fort mit von der Partie!


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"Bodensee-Mord" von 1969

15.08.2018 um 22:01
Worum bei dem Mord ging und wie er schließlich vertuscht wurde weis man ja eigentlich in groben Zügen. Das "Drumherum" ist halt sehr mysteriös.


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