AnNevis schrieb:Ist die Bewertung als "Abschiedsanruf" nicht vielmehr eine retrospektive Einordnung, eben durch den Umstand des letzten Kontakts?
Sehr wahrscheinlich, allerdings nicht gänzlich belegbar, da fast alle Leute, die sich in Foren den Kopf zerbrechen, den Fall nur aus der Retrospektive kennen und keine adäquate Einschätzung direkt nach dem Anruf tätigen konnten.
AnNevis schrieb:Und welchen Charaktertypen stellt man sich hierbei in der Praxis vor?
"Du hast meine Erwartungen nicht erfüllt und nun werde ich dafür dein Leben beenden. Aber ich bin eigentlich ein Guter und das beweise ich dir und mir. Du darfst dich mit einem letzten Gespräch nun verabschieden. Bleib dabei aber fair und verrate mich nicht"?
Ich stelle mal eine Gegenfrage:
welchen Nutzen hatte es für den Täter ihr ein derart langes Gespräch führen zu lassen?
Mir fallen nur zwei ein:
1.) er wollte sie testen.
Durch die Länge des Gesprächs geht er ein unwahrscheinliches Risiko ein, nicht nur geortet zu werden, sondern auch dass Frauke ihn offen bloßstellt oder einige Hinweise absetzen kann, die in den kurzen Gesprächen nicht möglich waren.
2.) er wollte sich unterbewusst selber aufhalten
Ist der Täter, der dem Opfer einen letzten Wunsch erfüllt ein romantischer Wunschgedanke, der unwahrscheinlich ist? Kann sein aber ist es nicht auch atypisch, dass bei einer Entführung das Opfer 7 Tage gefangengehalten wird und mit ihm durch die Gegend gefahren wird?
AnNevis schrieb:Für einen bewussten "Abschiedsanruf" war der vermittelte Inhalt durch Frauke nicht entsprechend stimmig (hier exemplarisch das Gesprächsende mit "Ja, mache ich. Ciao. Bis bald.").
Nun, ich denke du weißt so gut wie ich, dass es ebenso Passagen in dem Gespräch gab, die zumindest den Anlass gaben zu glauben, dass sie evtl ahnte, dass es das letzte Gespräch sein könnte.
(Ich lebe noch, Sag ihnen dass ich sie ganz dolle liebe)
AnNevis schrieb:Dass es ihr letzter Anruf war, steht meiner glaskugelbefragenden Instanz nach nicht zwingend mit dem Geschehnissen unmittelbar zuvor in einem Zusammenhang. Vielleicht in Folge durch Fraukes Antworten in diesem Gespräch, aber auch das vermute ich durch das Zulassen bis zum Gesprächsende weniger.
"Ja, mache ich. Ciao. Bis bald." klingt für mich nach keinem überzeugten Abschied, auch nicht, wenn man durch eine aktive Bedrohung dazu genötigt wird. Frauke hatte auch hier noch meiner Einschätzung nach eine Option bzw. eine überzeugte Hoffnung.
Aber hier ein Szenarien anzunehmen, fällt mir ohnehin gedanklich sehr schwer, da wir so wenig wissen
Ja, die Frage ist ob Frauke noch Hoffnung hatte aber der Täter ihr, ohne es zu sagen, einen letzten langen Anruf gönnte. Ich denke sie hatte noch Hoffnung, sonst hätte sie vielleicht noch mehr gesagt.
Wie du sagst, soviel essenzielles bleibt Spekulation, gerade dieser Fall ist wie Lückentext bei dem nur 5 oder 6 Wörter vorgegeben sind und viele Theorien könnten mit genauso hoher Wahrscheinlichkeit möglich sein oder unmöglich sein.