Mal etwas zur Überlegung.
Es ist im Leuschner-Buch in den Raum gestellt worden, dass Reingruber und die Münchner Polizei im Mordfall Hinterkaifeck nicht so eifrig ermitteln konnten, weil sie parallel im Mordfall Maria Sandmayr ermitteln mussten. Maria Sandmayr ist aber schon im Oktober 1920 ermordet worden. Der Fall war also nicht mehr so brandaktuell.
Es gab aber im April 1922 in Bayern einen Doppelmord bei dessen Aufklärung auch die Münchner Polizei Ermittlungsarbeit zu leisten hatte.
Am 1.4.1922 wurden die Stadtkämmerswitwe Elise L. und ihre Tochter Lisa ermordet und beraubt in ihrer Wohnung in Landshut aufgefunden.
Schnell geriet der Freund der Tochter Ludwig E. unter Mordverdacht. Bereits am 2. April wurde er zusammen mit zwei Bekannten in einem Münchner Hotel verhaftet. Die Münchner Polizei hatte dann in den nächsten Tagen einiges zu ermitteln, auch weil Ludwig E. bezüglich der Morde nicht geständig war und weil er den Schmuck der Opfer in diversen Münchner Juweliergeschäften in Kommission gegeben hatte. Außerdem musste die Polizei im Münchner Stadtteil Grünwald das Versteck mit den restlichen Schmuckstücken in Augenschein nehmen. Vor allem musste sie aber aber das Tatwerkzeug, einen Dolch suchen, der nie gefunden werden konnte. Man vermutete dass der Täter den Dolch in die Isar geworfen hat.
Vor dem Volksgericht Landshut fand im Juli 1922 ein Mammutprozess statt, zu dem 49 Zeugen geladen wurden. Im Rahmen eines Indizienprozesses wurde der Täter wegen zweier Morde in Tateinheit mit Raub schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Am 28. August wurde er bereits hingerichtet.
http://erichs-kriminalarchiv.npage.de/2_seite_mit_25_f%C3%A4llen_62351244.html (Archiv-Version vom 14.10.2009)(Der Fall Ludwig Eitele)
Auch wenn für die Tatortarbeit in erster Linie die Landshuter Polizei zuständig war, so gehe ich doch davon aus, dass auch die Münchner Polizei in den Aprilwochen und auch im Mai 1922 in diesem Mordfall eingeschaltet war. Es ist von anderen Fällen bekannt, dass die Mordabteilung Unterstützung gewährte. Evtl. war sogar der Münchner Erkennungsdienst am Tatort, weil es eine solche speziell ausgerüstete Abteilung bei der Landshuter Polizei nicht gab.
Beide Leichen wurden obduziert. Gut möglich, dass dieses unter Mitwirkung von Prof. Merkel vom gerichtsmedizinischen Institut in München geschah, so dass dieser vielleicht aus diesem Grund nicht bei der Obduktion der Opfer von Hinterkaifeck anwesend sein konnte.
ME ist es nach alledem möglich, dass gerade dieser Doppelmordfall, der sich nahezu zeitgleich ereignet hat, dazu beigetragen hat, dass im Mordfall Hinterkaifeck in den ersten Monaten nach der Tat nicht so intensiv ermittelt worden ist, wie es gerade am Anfang notwendig gewesen wäre.