Mord am Irmgard Wille 1974 (Nächtliches Haustürklingeln)

Dancingfool schrieb:Mir stellte sich gleich die Frage nach einem manipulierten Klingeltrafo.

Theoretisch wäre sowas sicher möglich gewesen, aber: Wer macht das? Wie macht er das? (Damit meine ich den Zugang zur Wohnung/Haus, Kenntnis, wo der Trafo sitzt, die Zeit, unbemerkt herumzuschrauben usw., nicht die technische Umsetzung) Und warum wird es später nicht bemerkt oder wie kann er sicher sein, dass das Opfer nicht einen Elektriker ruft ("Also, immer wieder geht die Klingel, aber es steht niemand vor der Tür, ist da vielleicht irgendwo ein Kurzschluss?") und der dann bemerkt, was für eine raffinierte Konstruktion da eingebaut wurde?

Tritonus schrieb:Von einem "verlorenen" Schlüssel habe ich nichts gelesen.

Das wurde im Podcast geschildert, der auf der Basis des Films von Aktenzeichen XY ungelöst erstellt wurde. Einfach mal reinhören.

Dancingfool schrieb:Moment, es gibt da einen kleinen Zirkel, der geht schon seit Ewigkeiten mit Fernbedienungen um, die Modellbauer.

Auch für Elektriker oder Elektrotechniker bestimmt kein Problem im Jahr des Mordfalls. Immerhin gibt es Elektrotechnik schon seit Ende des 19. Jahrhunderts.

brigittsche schrieb:Und warum wird es später nicht bemerkt oder wie kann er sicher sein

Da man muß nur etwas daneben legen, das Wechselspannung von sich gibt. Die Klingeltrafos arbeiten meist mit 6 Volt und wenigen Ampere, da läßt sich leicht Spannung induzieren. Später, wenn alles vorbei ist, steckt er das Teil einfach wieder in die Tasche.

brigittsche schrieb:wie kann er sicher sein, dass das Opfer nicht einen Elektriker ruft ("Also, immer wieder geht die Klingel, aber es steht niemand vor der Tür, ist da vielleicht irgendwo ein Kurzschluss?") und der dann bemerkt, was für eine raffinierte Konstruktion da eingebaut wurde?

Die Gefahr besteht, aber der Täter kann sich sicher fühlen. Er hat dann nur ein Elektroteil verloren.

Dancingfool schrieb:Er hat dann nur ein Elektroteil verloren.

Ja, aber dann bedenke mal, was ich vorher geschrieben habe: Die Frage "Wer hat Zugang und kann sowas einbauen?" und "Warum macht man das?" wird dann auch unweigerlich gestellt werden.

Und da zudem solche Kenntnisse damals noch nicht allgemein verbreitet waren bzw. die Materialien nicht so einfach erhältlich wie heute, wird man dann schon aus diesen Fragen sehr schnell auf eine bestimmte Person kommen können.

Obwohl ich der Klingelei gar nicht so viel Bedeutung beimesse, muss ich sagen. Das kann auch einfach nur auf einem Scherz beruhen und nichts mit dem Mordfall als solchen zu tun haben. Bei mir klingelt es auch ab und zu. Meistens Paketboten, die für Nachbarn was haben, Zeugen Jehovas, Kinder und auch Erwachsene, die im Vorbeilaufen sich einen Scherz erlauben.

brigittsche schrieb:Wer hat Zugang und kann sowas einbauen?"

Sie wird als Wirtin auch in der Wohnung öfter mal Besuch gehabt haben.

Solange die Wirtin nicht ermordet ist, kann da liegen was will. Das kommt vielleicht in den Müll aber sonst passiert nichts.
Natürlich darf nach dem Mord nichts zurückbleiben.

brigittsche schrieb:"Warum macht man das?

Vielleicht hat alles ganz harmlos angefangen, Scherz, Nötigung, Erpressung, Mord.

xoxalb schrieb:Das kann auch einfach nur auf einem Scherz beruhen und nichts mit dem Mordfall als solchen zu tun haben.

An einen Scherz glaube ich eher weniger. Wenn das regelmäßig passiert ist, wird das schon jemand mit Hintergedanken gemacht haben. Jemand, der sie nur aufwecken wollte, verliert doch irgendwann die Lust an solchen "Scherzen". Zumal es ja wohl kein großes Haus war, mit sehr vielen Bewohnern, wo es ja schon öfter mal vorkommt, dass jemand irgendwo klingelt weil er ins Treppenhaus gelassen werden will usw. Und Paketboten genauso wie Zeugen Jehovas sind (und waren auch damals) ja nicht in der Nacht unterwegs.

Dass das Klingeln aber nichts mit dem Mord zu tun hat, ist natürlich trotzdem möglich. Auch wenn es aus irgendwelchen Gründen gezielt erfolgt ist.

Dancingfool schrieb:Sie wird als Wirtin auch in der Wohnung öfter mal Besuch gehabt haben.

Ja klar, und dann heißt es: "Du, Irmtraud, trink mal den Kaffee alleine weiter, ich muss mal grade was in Deine Klingel einbauen...."

Und nochmal: Ich rede von dem Fall, dass diese Manipulation auffällt. Und was wird man dann machen? Genau: Überlegen, wer da in Frage käme. Und ich glaube kaum, dass da 100 Leute jederzeit Zugang zu ihrer Wohnung hatten und dort unbemerkt an der Klingel herumbasteln konnten.

Also wäre ein Entdecken der Manipulation gleichbedeutend mit dem Entdecken des Urhebers.

xoxalb schrieb:Bei mir klingelt es auch ab und zu. Meistens Paketboten, die für Nachbarn was haben, Zeugen Jehovas, Kinder und auch Erwachsene, die im Vorbeilaufen sich einen Scherz erlauben.

@xoxalb
Und das passiert bei dir alles in der Nacht? Wenn nicht, dann ist das nicht mit der Situation von dem hier geschilderten Fall vergleichbar.

Ich persönlich glaube, das die Trennung von ihrem Mann eine nicht unwesentliche Rolle in dem Fall spielt.

Ich glaube da eher an einen Zusammenhang der Umstände, dass sie ausgerechnet am freien Tag geöffnet hat, dass genau an dem Tag ihr Sohn außerhalb nächtigte, dass sie nach dem vorletzten Gast (fuhr mit dem Taxi heim) mit dem letzten Gast unnötig lange noch in der Gaststätte war, evtl. es einen Zusammenhang mit dem letzten Gast gibt. Es sei denn, jener Gast wäre bereits von der Polizei ermittelt und befragt worden. Dann müsste man von einem Unbekannten X ausgehen.

Dr.Edelfrosch schrieb:Und das passiert bei dir alles in der Nacht?

Nicht alles, aber manchmal sogar mitten in der Nacht, wenn Leute umherstreifen und Klingelspiele machen.

brigittsche schrieb:Sie wird als Wirtin auch in der Wohnung öfter mal Besuch gehabt haben.

Ja klar, und dann heißt es: "Du, Irmtraud, trink mal den Kaffee alleine weiter, ich muss mal grade was in Deine Klingel einbauen...."

Auch der Sohn wohnte dort, man kann nicht immer alle Leute beaufsichtigen.

brigittsche schrieb:und dort unbemerkt an der Klingel herumbasteln konnten.

Diese Klingelkästen sind meist nur mit einer Schraube gesichert und es dauert 1 Minute etwas reinzulegen. Einziges Problem: sie sind meist oben und man braucht eine Leiter.

Wie könnte man das Klingeln sonst erklären? Kaum ist sie in der Wohnung, klingelt es. Es muß sie jemand beobachtet haben. Geht sie hin ist niemand da. Entweder jemand kann sehr schnell rennen oder es gibt eine Fernsteuerung.

Dancingfool schrieb:Entweder jemand kann sehr schnell rennen oder es gibt eine Fernsteuerung.

Ich tippe auf schnell rennen. Wenn sie nicht aus dem Fenster sah, sondern erst zur Haustür ging, verging genug Zeit, damit der Klingler sich entfernen konnte. Manchmal verdeckt auch eine Haustürüberdachung den Blick von oben und dann sieht man sowieso nichts.

xoxalb schrieb:Ich tippe auf schnell rennen. Wenn sie nicht aus dem Fenster sah, sondern erst zur Haustür ging, verging genug Zeit, damit der Klingler sich entfernen konnte.

Dann müsste das jemand sein, der in der kleinen Kurstadt nicht auffällt. Ein Einheimischer oder Nachbar. Wenn da ein Fremder dauernd rumrennt, das fällt doch auf?

Das Lokal "Zum Rauchfang" scheint in Bad Lauterberg nicht mehr existent zu sein. Es ist aber ein Ort, wo an den Hauptstraßen Haus an Haus steht. Wenn ich danach gehe, kann man leicht hinter einer nächsten Hausecke verschwinden. Ob es viele Kurgäste gibt, das sei mal dahingestellt. Es handelt sich nur um einen Kneipp- und Schroth-Kurort. Das ist sicher mehr von gesundheitsbewussten Wanderern frequentiert. In solchen Kurorten gibt es meistens weniger Gäste als in Kurorten mit Badebetrieb.

xoxalb schrieb:Ich tippe auf schnell rennen. Wenn sie nicht aus dem Fenster sah, sondern erst zur Haustür ging, verging genug Zeit, damit der Klingler sich entfernen konnte.

Im XY-Film wurde, wenn ich mich recht erinnere, mehrfach dargestellt, wie Irmgard Wille aus ihrem Wohnzimmerfenster auf die Straße gucken konnte.

Bibibee schrieb:Dachte, es wurde Aktenzeichen als Quelle angegeben?!
Na ja, dann sorry!

Da dies mein erster Thread ist, bitte um um etwas Nachsicht. Die Angaben im Eingangspost beruhen auf der Zusammenfassung von XY-Wiki und meiner Erinnerung an den Filmfall, der heute ja leider nirgendwo mehr zu finden ist.

Dancingfool schrieb:Dann müsste das jemand sein, der in der kleinen Kurstadt nicht auffällt. Ein Einheimischer oder Nachbar. Wenn da ein Fremder dauernd rumrennt, das fällt doch auf?

@Dancingfool
Ob sich jetzt alle knapp über 10.000 Einwohner sowie die wiederkehrenden Kurgäste untereinander kennen wage ich persönlich zu bezweifeln.
Kurorte ziehen ja auch immer wieder neue Kurgäste und Touristen an.

Dr.Edelfrosch schrieb:Ob sich jetzt alle knapp über 10.000 Einwohner sowie die wiederkehrenden Kurgäste untereinander kennen wage ich persönlich zu bezweifeln.

Das ist doch sehr überschaubar, bis auf die Touristen. Nein, ich denke das würde auffallen, wenn sich da nächtelang einer rumtreibt und die Frau ausspioniert.

Brick schrieb:Im XY-Film wurde, wenn ich mich recht erinnere, mehrfach dargestellt, wie Irmgard Wille aus ihrem Wohnzimmerfenster auf die Straße gucken konnte.

Dann kommt wirklich nur eine Fernsteuerung in Frage.

Brick schrieb:Jeder, der sich hobbymäßig etwas mit der Kriminalistik auseinandersetzt, kennt die von Eduard Zimmermann geschaffene Fernsehsendung Aktenzeichen XY.
In der Sendung vom 12.09.1975 ist ein Fall vorgestellt worden, welcher mich, nicht zuletzt wegen seiner düsteren Inszenierung, nicht mehr losgelassen hat. Die Rede ist vom Mord an der Gastwirtin Irmgard Wille aus dem kleinen Städtchen Bad Lauterberg im Harz.

Danke für's Einstellen des Falles. Den Film hatte ich tatsächlich auch mehrfach gesehen und konnte mich beim Lesen deines Eingangsposts direkt daran erinnern - komischerweise an die Flasche Limo zuerst. Die zweite Erinnerung war dann die an das Klingeln. Ich glaube ja nicht, dass das ein Scherz ohne Bezug zur Tat war und reiner Zufall.

Wenn das Klingeln auch durch den Täter ausgeführt wurde, dann hat das fast einen Geschmack von Warnung oder Vorboten.
Auch, dass das Abstellen der Flaschen auf einen Bekannten des Opfers schließen lässt, passt dazu.

Nun kann man sich fragen, wen sich eine Gastwirtin so zum Feind machen kann, dass dieser erst Terror durch nächtliches Klingeln ausübt und das Ganze dann in einem Mord gipfeln lässt.

Brick schrieb:Vielleicht können sich ja einige User noch an die Ausstrahlung in "XY" erinnern oder kennen den Fall sogar persönlich (z.B. durch regionale Herkunft).

Für mich ist der Fall eine schöne Zeitreise. Im Einspieler sieht man kurz Teile des Schickertwerkes, einer brachialen Industrieruine im Stadtgebiet.....wurde auf Postkarten und Luftbildern immer abgeschnitten oder wegretouchiert ;-)
Und die Apotheke am Postplatz ist auch zu sehen.

Aber ich hab keine Ahnung wo der Rauchfang war.

Der Film selbst scheint, wie alle XY Produktionen, andernorts gedreht.

Wenn der Zigarettenstummel noch da ist, könnte man versuchen DNA zu extrahieren und mit noch lebenden Personen oder deren Nachkommen abgleichen, die damals irgendwie in Verdacht waren. Hätte man aber vielleicht besser vor 20 Jahren gemacht, seitdem werden viele Protagonisten schon tot sein.