watnu schrieb:Es ist kein ausschließlich privates Problem.
Ich habe auch nicht gesagt oder gemeint, dass häusliche Gewalt und/oder Gewalt in Beziehungen ein privates Problem ist. Natürlich ist es das nicht.
Körperverletzungen, Vergewaltigungen und die Tötung eines anderen Menschen sind schwere Straftaten und Kapitaldelikte, deshalb ermittelt in solchen Fällen z.B. auch die Staatsanwaltschaft weiter, auch wenn das Opfer seine Anzeige zurückzieht.
Auch wenn der Staat irgendwie Kenntnis von einer solchen Tat bekommt, wird eine Ermittlung eingeleitet, unabhängig davon, ob das Opfer die Tat anzeigt oder nicht. Es handelt sich nicht um Antragsdelikte.
Der Umfang und die Intensität, mit denen ermittelt wird, und auch das Strafmaß ist erst einmal prinzipiell unabhängig davon, ob eine Körperverletzung, Vergewaltigung oder Tötung eines anderen Menschen im häuslichen Umfeld innerhalb einer Patnernschaft stattfindet oder auf offener Straße an einer völlig fremden Person.
Diese Taten sind also mitnichten ausschließlich private Probleme und werden vom Gesetzgeber, der Strafverfolgung und der Rechtssprechung auch weder als solche behandelt oder gesehen.
Aber was ich sagen wollte ist, dass die Täter - und leider oft auch die Opfer - sich oft sehr bemühen, dass diese Taten nicht nur im privaten Umfeld stattfinden, sondern auch bleiben. Sie werden nicht öffentlich gemacht, meist erfährt nicht mal das direkte Umfeld etwas davon und sie werden in den weit überwiegenden Fällen nicht angezeigt.
Und das führt eben dazu, dass dieses Problem von einem Großteil der Bevölkerung gar nicht als solches gesehen und wahrgenommen wird, weil sie einfach nicht mitbekommen, dass so etwas auch in ihrem eigenen direkten Umfeld - Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Kollegen etc. - passiert.
Hinzu kommt, dass es sich eben ausschließlich um Beziehungstaten handelt. Jeder der von so einer Tat hört oder liest, denkt, dass ihm das eher nicht passieren könnte. "Ich habe eine bessere Menschenkenntnis, mit so jemanden hätte ich mich gar nicht erst eingelassen!", "Ich hätte mich gleich beim ersten mal gewehrt/wäre ausgezogen/wäre in eine Frauenhaus gegangen/hätte ihn angezeigt...." ; " Mit mir hätte er das nicht machen können!" "Wieso geht man zu jemandem zurück, der einen so behandelt!".
Es besteht also eher eine geringe Identifizierung mit dem Opfer.
Ich habe auf diese Aussage geantwortet:
watnu schrieb:Die Anwältin Christina Clemm moniert:
Die Öffentlichkeit interessiere sich immer nur kurz für das Ausmaß von Partnerschaftsgewalt. Wenn etwa die EU-Kommission bekannt gebe, dass jede 3. Frau in Europa von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen sei, würden erschrocken Maßnahmen und bessere Unterstützung gefordert.
Doch im Alltag werde das Problem kaum beachtet.
und versucht zu erklären, woran es meiner Meinung nach liegt, dass es so wenig öffentliches Interesse an diesem Problem gibt.
Es ist ein Erklärungsversuch und kein Versuch einer Rechtfertigung!
Bevor Du die hier also empörst, lies bitte einfach genau, was geschrieben wurde und hyperventilier nicht gleich reflexartig, nur weil jemand nicht 100% Deiner Meinung ist und das Lied vom bösen System in allen Strophen und Versen mitsingen mag!
Aber ich muss sagen, dass mir solche Aussagen wie die dieser Anwältin ziemlich auf den Keks gehen, weil es einfach hohles und nichtssagendes Geblubber ist.
Was soll es bringen, sich zu beklagen, dass das keinen interessiert? Sollen jetzt Gesetze geschaffen werden, dass sich die Bevölkerung gefälligst dafür zu interessieren hat?!
Man muss doch fragen, warum dafür offenbar so ein geringes Interesse und wenig Öffentliche Wahrnehmung besteht, damit man verstehen kann wie und wo man etwas daran ändern kann. Ständig mit mahnendem Zeigefinger da zu stehen und zu salbadern, dass den Opfern, den Prozessen und den Tätern (zumindest im Vorfeld der Tat) doch bitte mehr Aufmerksamkeit entgegen ghebracht werden soll, ändert doch überhaupt nichts.
Und noch etwas:
Das deutsche Rechtssystem ist allgemein überlastet. Auch Opfer (und nebenbei auch Täter bzw. Tatverdächtige, denn für die ist es auch eine Belastung) anderer Straftaten warten zu lange auf ihre Prozesse und leiden unter der Wartezeit, genau mit den gleichen Konsequenzen, wie oben beschrieben.
Zu fordern, dass Prozesse zu häuslicher Gewalt besonders schnell von den Gerichten angearbeitet werden müssen ist doch absolut naiv und vor allem auch einseitig populistisch. Das gleiche kann ich für Prozesse gegen Sexualstraftäter, Kindermörder, Mörder im allgemeinen etc. genauso fordern und begründen.