LackyLuke77 schrieb:Ich habe zu dem Sachverhalt auch viele Fragezeichen im Kopf.
Wie so häufig in der Diskussion um mysteriöse Vermisstenfälle wäre es sehr hilfreich, etwas mehr über die verschwundene Person zu wissen. Im Falle der Eleonore Sch. kommt noch der zeitliche Abstand von beinahe 40 Jahren hinzu und spielt der historische Kontext eine nicht unbedeutende Rolle. Damalige Rahmenbedingungen sowohl im beruflichen als auch privaten Feld unterscheiden sich doch erheblich von den heutigen. Auch in der polizeilichen/kriminalistischen Ermittlungsarbeit hat sich seitdem vieles getan und würde man heute vermutlich komplexere Indizien und Informationen sichern, Zeug*innen anders befragen etc.
Bei mir hat der xy-Filmfall den unbestimmten Eindruck hinterlassen, das Verschwinden der Eleonore Schneeweiß könnte möglicherweise im Zusammenhang mit ihren beruflichen Aktivitäten stehen. Ein paar Tage nachdem ihr die Kündigung wegen Diebstahls angedroht wird, verschwindet die Frau spurlos. Unklar geblieben ist wohl nicht nur für mich, wie es zu der Anschuldigung des Pfandbon-Diebstahls durch die Filialleitung kommen konnte? Hier hätte ich mir tatsächlich mehr dramaturgische Klarheit gewünscht, denn der Ausgang der Sache ist ja bekannt: Ihr konnte nichts nachgewiesen werden und die Anschuldigungen waren haltlos. Welche Informationen soll ich nun als Zuschauer/in aus der filmischen Darstellung entnehmen? Dass die Vermisste zum Zeitpunkt ihres Verschwindens höchst verunsichert war, ob man ihr nicht doch etwas am Zeug flicken könne? Hatte sie evtl etwas zu verbergen? Aber es wäre ja unsinnig, dies nicht öffentlich zu kommunizieren, wenn man sich nach Jahrzehnten noch mal die Mühe macht, den Fall wieder aufzurollen. Warum also Nebelkerzen legen, wenn man potenzielle Zeug*innen oder Mitwisser*innen ansprechen möchte? Warum sich nicht stattdessen auf Dinge und Details fokussieren, zu denen man Hinweise und Informationen braucht? Offenbar hat man im Laufe der Jahre schon einige Arbeitshypothesen per Ausschlussverfahren ad acta legen können. Da von einem Verbrechen ausgegangen wird, scheiden ein freiwilliges Verschwinden, Untertauchen oder Suizid aus. Bleibt nicht mehr viel übrig. Möglicherweise war der Filmfall deshalb so diffus gehalten.
Drom schrieb:Mein Fazit: Man muss bei Entscheidungen von anderen Menschen, sich immer ein Stück weit in den anderen hineinversetzen. Das ist natürlich manchmal schwierig, da man selbst ja eventuell ganz anders gehandelt hätte.
Klaro. Wenn man sich auf empathische Weise mit dem Verhalten und den Reaktionen von Eleonore Sch. auseinandersetzt, dann sieht man eine emotional sehr belastete Frau in einer schweren Lebenskrise. Von einem (filmisch so inszenierten) dominanten, chauvinistischen Ehemann betrogen, hatte sie sich zur Trennung durchgerungen. Wollte sich räumlich separieren, musste aus ihrem Zuhause ausziehen. Damit verbunden war in Konsequenz die Auflösung des gemeinsamen Haus- und Besitzsstandes. Wegen ihres ehebrechenden Partners musste sich von ihrem alten Leben verabschieden. Hatte dabei die meiste Last zu tragen. Wie frustrierend muss das gewesen sein?! Es hieß, der Ex-Mann habe ihren Anteil vom gemeinsamen Haus eingefordert. Ich meine mich zu erinnern, dass dieser überschrieben werden sollte? Wenn sie Miteigentümerin und im Grundbuch eingetragen war, dann hätte er sie ausbezahlen müssen. Evtl lagen die Verhältnisse hier anders, bspw. aufgrund eines Ehevertrages? Im Zuge der Trennung hätte sie Anspruch auf Unterhalt gehabt. Im Falle einer Kündigung wäre sie dann nicht gänzlich mittellos gewesen. Für den Ehemann standen vermutlich einige finanzielle Aufwendungen gegenüber seiner Ex an. Den Auszugstermin hatte sie ihm (laut seiner Aussage) nicht mitgeteilt. In der Summe werden die Ereignisse eine große emotionale Belastung für Eleonore Sch. gewesen sein. Und obendrauf kamen noch der Vorwurf des Diebstahls mit Kündigungsdrohung. Wieder hatte sie viel zu verlieren. Ihre Belastungsgrenze war möglicherweise erreicht. Durch Krankschreibung konnte sie sich vorerst dem Konflikt entziehen. Ein paar Tage später verschwand sie spurlos. Die Polizei geht von einem Verbrechen aus. Wie so oft fehlen uns auch in diesem Fall detailliertere Informationen, um zu verstehen, warum das so ist. Aus dem Filmfall wurde es für mich nicht so richtig deutlich. Aber das kann mit den rechtlichen Rahmenbedingungen in solchen Fällen zusammenhängen.
MelodyLee schrieb:Der 01.11., Allerheiligen, ist ein Feiertag, 27.10.1984 und 28.10.1984 waren ein Wochenende - bleiben also maximal 5 Werktage.
Danke für die Timeline, die hatte ich nicht mehr so genau auf dem Schirm. Immerhin hatte sie sich krankschreiben lassen, das ist ja schon mal eine Reaktion. Ist nicht auszuschließen, dass sie sich innerhalb der 5 Werktage mit Familie und Freunden dazu ausgetauscht oder eine anwaltliche Beratung eingeholt hat? Wissen vllt die Ermittler, wurde aber bei Aktenzeichen xy nicht gesagt. Mein Unverständnis bezog und bezieht sich auch nicht auf die etwaigen Handlungsweisen der Vermissten, sondern auf die für mich diffuse Dramaturgie des Filmfalls.
MelodyLee schrieb:
Davon mal ab, dass du die Sachlage etwas phantasievoll "ausschmückst" (...).
Ehrlich? Ich finde meinen Text nicht besonders phantasievoll? Unabhängig davon gäbe es ohne Vorstellungskraft keine Arbeitshypothesen. Alleine durch Daten und Fakten wird eine Erzählung nicht lebendig, und über die Leerstellen wird man auch nichts erfahren.
MelodyLee schrieb:
Daraus also irgendetwas argumentativ zu Schlussfolgern, halte ich für wenig sinnvoll.
Auch hier wieder ein Missverständnis. Ich argumentiere und schlussfolgere in dem Fall gar nichts. Ich will lediglich verstehen, was mir der Filmfall sagen will und in welche Richtung der Ermittlungsansatz geht? Das kam für mich nicht deutlich rüber bzw. kann es vllt auch nicht eindeutiger dargestellt werden.