LARA43 schrieb:Wenn also die Ermittler vom Totschlag ausgehen, dann heißt es, das keine mitgebrachte Waffen ( Messer, Pistole) zum Einsatz kam, richtig?
Meine zweite Frage ist, warum in einigen Fällen die Ermittler von mehreren Tätern ausgehen und am Ende nur ein Täter verhaftet wird? Ist es Taktik oder Fehler seitens der Ermittler?
Nein. Ob ich eine Waffe an den Tatort mitnehme oder eine dort vorgefundene benutze sagt erst einmal nichts über den Vorsatz aus. Ich kann ein Messer in der Tasche haben und doch nicht vorhaben, das Opfer zu töten, und ich kann vorhaben das Opfer zu töten, in dem ich es mit einem Stein erschlage, der am Tatort liegt.
Das Mitführen einer Waffe kann aber freilich ein Indiz dafür sein, dass ich vorhabe, das Opfer zu töten. Sogar ein starkes Indiz. Aber der Vorsatz muss immer noch geprüft und bewiesen werden.
Wenn die Ermittler hier von Totschlag (oder Mord) ausgehen, dann heisst das, dass sie der Meinung sind, der Täter wollte in dem Moment, in dem er die Tat begangen hat, dass das Opfer stirbt. Wie gesagt, dieser Vorsatz kann aber auch erst in dem Moment gefasst werden, in dem ich den Stein neben dem Opfer liegen sehen und mir denke: "prima, mit dem Stein erschlage ich jetzt das Opfer."
Anderes Beispiel: der Toni will den Ottokar zur Rede stellen, weil dieser sich an Zenzi rangemacht hat, die aber die Freundin des Toni ist. Toni sucht den Ottokar auf und es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung. Toni erschiesst den Ottokar.
Nun ist es egal, ob Toni die Waffe mitgebracht hat, oder die Pistole des Ottokar benutzt, die in Ottokars Wohnung auf dem Wohnzimmertisch gelegen hat und von der Toni gar nicht wusste, dass Ottokar sie besitzt. Entscheidend ist nur, dass Toni den Ottokar erschiessen wollte, als er abdrückt. Nicht, was er vorher wollte oder nicht wollte.
Ich hoffe, ich mache es nicht zu kompliziert. Planung ist immer ein Indiz für den Vorsatz, aber der kann auch ohne Planung existieren.
Das Mitbringen einer Waffe kann auch ein Indiz für Heimtücke sein, das wäre dann ein Mordmerkmal, aber es muss es nicht sein.
Zur zweiten Frage: juristisch macht es tatsächlich erst einmal keinen Unterschied, ob die Ermittler von zwei Tätern ausgehen, aber nur einen finden, verhaften, und anklagen. Das muss ja kein Versagen sein und auch kein Fehler sein.
Beispiel: Toni und Thorsten brechen in eine Wohnung ein und stehlen die Wertgegenstände. Die Ermittler finden Spuren von beiden, die klar beweisen, dass sie die Tat begangen haben. Im Laufe der Ermittlungen gelingt es ihnen aber nur, die Spuren des Toni diesem zuzuordnen und ihn zu verhaften. Die Spuren des Thorsten können sie dem nicht zuordnen und daher auch nichts gegen ihn tun. Toni verrät ihn auch nicht. Trotzdem hat Toni ja die Tat begangen und es ist richtig ihn anzuklagen und zu verurteilen. Thorsten hat dann einfach Glück gehabt.
Kompliziert wird es nur, wenn die Spuren so sind, dass garantiert nur einer der beiden die Tat begangen hat, aber nicht klar ist wer von beiden. Dann aber greifen juristische Konzepte wie Mittäterschaft, Versuch usw.
Beispiel: Sowohl Toni als auch Thorsten wollen den Ottokar umbringen. Zufällig und ohne voneinander zu wissen, schiessen beide genau im gleichen Moment auf Ottokar. Der stirbt. Es ist unmöglich genau festzustellen, welche der beiden Kugeln nun den Ottokar getötet hat.
Aber selbst hier bedeutet das nicht, dass beide Täter nicht verurteilt werden können, solange beide Kugeln den Tod verursacht haben könnten. Mindestens kann hier eine versuchte Tötung im Raum stehen. Usw.
Anders ist es, wenn klar ist, dass nur zwei Täter zusammen die Tat verursacht haben können und die Polizei dann sagt, nein, wir sehen das anders, der Toni hat es allein getan. Dann wird Toni nicht der richtige Täter sein, wenn auszuschliessen ist, dass er mit jemand anderem zusammen die Tat begangen hat.