Tritonus schrieb:Wie wird es deiner Meinung nach vor Gericht aussehen, dass die Dame zur Presse gegangen ist und nicht zur Polizei?
Wie oben schon gesagt, sollte sie wegen "Besitz" angeklagt worden sein, spielt es keine Rolle, was sie danach noch mit den Dateien gemacht hat: da sie diese nicht "sofort" gelöscht oder zur Polizei gebracht hat, als sie registrierte, um was es sich handelt, hat sie sich wegen Besitz strafbar gemacht.
Zusätzlich dazu könnte sie sich gar noch wegen der sog. Drittverschaffung oder sogar Verbreitung strafbar gemacht haben, das ist, wenn sie diese Dateien weitergegeben hat (egal an wen, wenn nicht die Polizei).
Weiterhin gibt es noch ein strafbares Verhalten, das laut BGH verwerflicher ist, als der einfache "Besitz," nämlich das "sich verschaffen." In Besitz kann man zufällig und ungeplant kommen, "sich verschaffen" aber setzt voraus, dass man solche Dateien haben will. Und anscheinend wird das hier der Frau vorgeworfen:
Kreuzbergerin schrieb:Der Hauptzeugin wird vorgeworfen, sich den Besitz von Kinderpornographie durch motivierende Handlungen verschafft zu haben.
Darüber brauchen wir jetzt auch gar nicht weiter spekulieren, denn wenn die Staatsanwaltschaft sich in der Hinsicht festlegt, ist zu vermuten, dass sich das aus dem Chatverlauf so ergibt. Fraglich bleibt natürlich ihr Motiv. Da gibt es möglicherweise auch welche, die nichts mit einem eigenen Wunsch nach KP zu tun haben können.
Coldcases schrieb:Ja eben. Wäre ganz gut, wenn er sich da noch einmal zu Wort meldet, inwieweit die Anwälte da Einfluss drauf haben könnten?
Im Prinzip ist es im deutschen Recht klar: ein Prozess ist öffentlich (§ 169 GVG, so auch die EMRK). Aber wie so oft, gibt es Ausnahmen. So heisst es in § 171b GVG:
1Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, eines Zeugen oder eines durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs) Verletzten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde. 2Das gilt nicht, soweit das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt. 3Die besonderen Belastungen, die für Kinder und Jugendliche mit einer öffentlichen Hauptverhandlung verbunden sein können, sind dabei zu berücksichtigen. 4Entsprechendes gilt bei volljährigen Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch die Straftat verletzt worden sind.
So. Nun könnte Metzelder als "Prozessbeteiligter" geltend machen, dass all das viel zu peinlich ist, weil hier Umstände aus seinem persönlichen Lebensbereich zur Sprache kommen könnten. Nach Absatz 2 aber muss das öffentliche Interesse ebenfalls berücksichtigt werden.
Entscheiden tut das Gericht. Anwälte können nur den Antrag stellen. Und da es sich hier um den Angeklagten handelt, in dessen Interesse eigentlich ja gerade der Öffentlichkeitsgrundsatz besteht (um Geheimprozesse zu vermeiden), hat ein Angeklagter bei diesen Dingen nur geringe Chancen, einen Ausschluss der Öffentlichkeit zu erreichen. Etwas anderes wäre es, wenn hier z.B. eines der Kinder, die auf diesen KP Dateien zu sehen sind, als Zeuge geladen wäre: dann würde die Öffentlichkeit mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Da das aber nicht wahrscheinlich ist, darf man hier davon ausgehen, dass der Prozess öffentlich bleiben wird.
Coldcases schrieb:Im Ernst, ich verstehe auch die Anwälte nicht, die sich in der Öffentlichkeit zu so einem heiklem Thema vor einem Prozess äußern müssen. Sei es im Fernsehen, Printmedien, usw. Nennt man das Geltungsdrang, Profilerungsneurose? Ich kann das nicht nachvollziehen. Die sollen ihren Job im Gerichtssaal machen. Das scheint irgendwie im Mode gekommen zu sein. Einen Gefallen tun sie ihren Mandanten dadurch sicher nicht...
Willkommen in der Mediengesellschaft. Ich bin auch noch so altmodisch, dass ich meine Arbeit als Strafverteidiger gerne ausschliesslich vor Gericht und in der Kommunikation mit Prozessbeteiligten mache (also Staatsanwaltschaft etc.) und ich verabscheue es, Verfahren im "Gerichtshof der Medien" zu führen. Aber, ich nenne es mal ganz bewusst so, die Gier nach Unterhaltung hat bei manchen Leuten heutzutage dazu geführt, zu glauben, dass Gerichtsprozesse eher wie die antiken Gladiatorenkämpfe sein sollten: möglichst verletzend, blutig und vor riesiger Zuschauerkulisse. Und dann gibt es eben auch manchmal Angeklagte, die selbst in dieser Mediengesellschaft gross geworden sind und davon profitiert haben, die sehen m.E. oft nicht die Nachteile und möchten gerne selbst an der Medienschlacht ihres eigenen Verfahrens teilnehmen. Ist aber nicht mein Ding. Ich habe auch nicht das Interesse "Staranwalt" zu werden. Allerdings sehe ich ein, dass es heutzutage manchmal notwendig erscheint, Dinge in der Öffentlichkeit richtigzustellen, gerade wenn es um den klassischen Aufreger per se im Strafrecht geht, nämlich sexuelle Gewalt gegen oder Missbrauch von Kindern.