Froschteich schrieb:Warum wird eigentlich mit Beginn der Obduktion erst um 13 Uhr begonnen.
Rechtsmediziner müssen ihren Arbeitstag eben auch planen und da geht es nach Reihenfolge in der die Aufträge reinkamen und akute Fälle werden dann eben nach Priorität in den Terminplan reingeschoben.
Es ist einerseits zwar durchaus möglich, dass die Obduktion vorgezogen wurden wäre, wenn ein Verdacht auf Fremdeinwirkung bestehen würde.
Andererseits kann es aber auch grade wenn es um Spuren von Gewalt geht sogar von Vorteil sein, wenn die Leiche nicht "zu frisch" ist.
Bei Bestattern kommt es recht häufig vor, dass z.B. bei Personen bei denen es aufgrund der Todesumstände keine Obduktion gab nochmal bei der Polizei angerufen und um eine weitere Leichenschau gebeten wird, weil sich plötzlich z.B. Würgemale am Hals zeigen, die der Arzt der den Totenschein ausgestellt hat gar nicht erwähnt hat.
Sowas hat dann keineswegs immer mit Inkompetenz oder Schludrigkeit des entsprechenden Arztes zu tun, sondern damit, dass insbesondere bei solchen Verletzungen, die eher das Gewebe unter der sichtbaren Haut betreffen an einer frischen Leiche nicht, bzw bestenfalls mikroskopisch zu sehen sind und erst Stunden oder gar Tage später sichtbar werden.
Befunde hingegen, die so zeitkritisch sind, dass die Verbrechensaufklärung mit der Obduktion weniger Stunden oder einen Tag später stehen und fallen sind selten.
Die Ausnahme stellen hier Leichen die gefroren waren, sobald die aufgetaut sind befindet man sich im Wettrennen mit der dann massiv beschleunigten Verwesung.
Froschteich schrieb:Stichpunkt Abbauprodukte im Blut usw.
Das ist zum Einen gar nicht so kritisch wie oft angenommen.
Das Problem, dass den Nachweis von chemischen Substanzen zeitlich interessant macht ist ja die Verstoffwechselung bestimmter Substanzen.
Dabei wird die Ursprungssubstanz vom Organismus verstoffwechselt und sowohl Ausgangssubstanz als auch die von Dir genannten Abbauprodukte bleiben nur eine gewisse Zeit im Körper ehe sie z.B. über die Niere ausgeschieden werden.
Mit dem Tode kommt dieser Stoffwechsel aber zum Erliegen.
Ein aktiver Abbau der Substanzen findet nach Todeseintritt nicht mehr statt.
Natürlich bleiben auch nach dem Todeseintritt nicht alle Substanzen in der Form die sie vor dem Tod hatten, aber der "Zerfall" in einem totem Organismus bzw der Abbau durch Mikroorganismen die auch am Verwesungsprozess beteiligt sind ist weit weniger kritisch als die Verstoffwechselung und Ausscheidung der Abbauprodukte bei einem noch lebenden Organismus.
Dazu kommt, dass "Obduktion angesetzt für 13 Uhr" keineswegs bedeutet, dass die Leiche vorher nur gekühlt und sonst ignoriert wird.
Je nachdem wie groß das Institut ist bzw wieviele Leute da arbeiten und wie ausgelastet die sind heißt das, dass der Pathologe um 13 mit der Obduktion beginnt.
Meistens bedeutet das aber auch, dass in dem Zeitraum davor eine Vorbereitung des Leichnams durch andere Angestellte stattfindet.
Dazu gehört dann z.B. all das, was an Spurensicherung nicht bereits am Auffindeort geschehen ist, wie die Entnahme von Material unter den Fingernägeln, Sichern von Fasern oder anderen Spuren die sich auf der Kleidung bzw der Leiche selbst befinden.
Auch die "Trennung" von dem Leichnam und sonstigen Beweismaterialien (Kleidung, Schmuck, usw) gehört zu dieser Vorbereitung und selbstverständlich können auch bereits Blut- und/oder Gewebeproben entnommen werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, das die Untersuchung auf Substanzen die möglicher Weise sonst "zerfallen" notwendig ist.
Je nachdem wie umfassend und gründlich diese Vorbereitung ist und wie das in dem dortigen Institut gehandhabt wird kann das also durchaus bedeuten, dass dieser Fall recht weit oben auf der Prioritätenliste steht, aber zwischen
"Wir schließen die Türe auf und gehen an die Arbeit"
und
"Der Leichnam ist einer gründlichen Untersuchung auf Spuren unterzogen wurden (und zwar vor UND nach dem Entkleiden) und alle vorhandenen/relevanten Spuren wurden sorgfältig gesichert, sodass der Pathologe mit Leichenbeschau und Obduktion beginnen kann"
liegt einfach mal ein Prozess, der Personal und Zeit in Anspruch nimmt.
Also "Obduktion angesetzt für 13 Uhr" und "Schauen wir uns nach der Mittagspause mal an" sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.