Fraukie schrieb:Interessant wäre meiner Ansicht nach ob Eltern und Freunde das Mädchen schon in der Nacht gesucht haben, weil es nicht wie verabredet nach Hause kam oder weil die Freundin die mit im Taxi saß Alarm geschlagen hat, also sich bei den Eltern gemeldet und sinngemäß gesagt "Die ist einfach ausm Taxi raus und weg, irgendwas stimmt da ggf nicht."
Rooseman schrieb:Die Mädchen sind anscheinend direkt hinter Sina her, konnten sie aber nicht finden. Liefen daraufhin direkt zum Elternhaus, wo sie auch nicht war. Haben sofort die Eltern geweckt und sich zusammen auf die Suche gemacht. Absolut vorbildlich!
Danke für die Antwort. Ich hoffe sehr, dass es den Freundinnen bei der Trauerbewältigung hilft sich klar zu machen, dass sie all das was sie tun konnten auch getan haben.
Spürnase62 schrieb:@Fraukie
Ich finde deine Beiträge immer total schlüssig und lesenswert... bist du Gerichtsmedizinerin oder ähnlich oder woher hast du dein Wissen?
Danke.
Nein bin ich nicht. aber neben verschiedenen Bereichen der Kriminaltechnik und vielen Anderen stand auch Pathologie bzw Gerichtsmedizin auf meiner "Wunschliste" während ich mich orientiert habe, was ich beruflich machen möchte.
Entsprechend habe ich mich in diesen Feldern schlau gemacht, Kontakte geknüpft um an mehr Infos zu kommen (Berufsbeschreibung und Berufsalltag sind ja oft zwei paar Schuhe).
Und obwohl Tiermedizin am Ende das Rennen gemacht hat ist das Interesse an den anderen Dingen ja nicht plötzlich weg, Kontakte/Bekannte bzw Freunde, die dort beruflich tätig sind bleiben bestehen ebenso wie die angesammelte Literatur und die Lust darauf nen interessanten Artikel oder ein Paper auf das mich jemand aufmerksam macht bzw das ich so mehr oder minder zufällig beim recherchieren finde ebenfalls bestehen bleibt.
Froschteich schrieb:Warum sie aber vom Zuhause aus gesehen ganze 350m weiter lief, womöglich sogar gezielt zu dem Bach, um die Uhrzeit, nachts im dunkeln und allein, finde ich weiterhin merkwürdig
Ich gebe Dir völlig Recht, das ist natürlich merkwürdig.
Aber ich bin irgendwann zu einem Punkt gekommen an dem ich akzeptiert habe, dass Menschen generell nicht selten zu Denk- und Verhaltensweisen neigen, die von außen einfach nur merkwürdig wirken und das "Maß an normaler Merkwürdigkeit" ist bei Teenagern ohnehin nochmal höher und ganz besonders dann, wenn sie z.B. psychisch unausgeglichen/aufgewühlt sind, was bei jungen Menschen in Sinas Alter ja fast normaler ist als voll gefestigt zu sein. Da muss oft gar kein Alkohol oder andere Substanzen dazukommen um ein Verhalten auszulösen bei dem nicht nur Außenstehende, sondern auch der Betroffene selbst nach wenigen Stunden kaum noch erklären kann, welche Ursache zu einer echt seltsam wirkenden Reaktion geführt hat.
Leider passieren in solchen Situationen dann aber manchmal derart tragische Unfälle.
E_M schrieb:Worauf wollt ihr denn hinaus?
Vermutlich ganz allgemein darauf, dass ein derart sinnloser Tod eines so jungen Mädels viele Menschen einfach fassungslos zurücklässt und insbesondere Menschen mit einem hohen Maß an Empathie Schwierigkeiten haben ihren Frieden damit zu machen, dass sowas leider einfach mal hier und da passiert, immer schon passiert ist und auch wieder passieren wird und zwar ganz ohne, dass es den fiesen Exfreund, der Lügen und Halbwahrheiten verbreitet, den üblen Stalker, der Getränke mit Drogen versetzt oder eine andere Person oder Umstand gibt den man in die Zange nehmen und "Daran lag es also!" sagen kann.
Ich weiß mittlerweile, dass Menschen die solche Schicksale einfach mal traurig und bestürzt machen (oft obwohl sie den Verstorbenen gar nicht kannten) oft graben und graben und nach "der Ursache die alles erklärt" suchen und entsprechend lange brauchen um die Tatsache zu verdauen, dass es solch eine alleserklärende Ursache manchmal nicht gibt sondern nur die Gewissheit, dass Menschen sich manchmal irrational verhalten und es keine "Fairness" gibt bei der "Verteilung", wer nach solch einer Aktion wohlbehalten aufgefunden wird und somit noch eine weitere Chance erhält und für wen ein einziger, dummer Fehler Endstation ist, ganz ohne "eigentliche Ursache" und ohne jede Möglichkeit irgendeinen tieferen Sinn in so einer Tragödie zu finden.
marlonc schrieb:Das hört sich für mich stark nach irgendeiner Form von K.O. Tropfen an.
Für mich tatsächlich nicht wirklich.
Für mich klingt das eher nach einem aufgekratzten Teenager, der in Feierlaune war, nicht einschätzen konnte wieviel Alkohol gut ist und der den Freundinnen die alles richtig gemacht haben trotzdem "entwischt" ist und dann eben verunglückt.
marlonc schrieb:Da ist dann die Frage, ob man die Substanz überhaupt findet, wenn man nicht konkret weiß, wonach man sucht.
Mit wenigen Ausnahmen findet man bei solchen Untersuchungen grundsätzlich nur die Substanzen nach denen auch explizit gesucht wird.
Allerdings werden diese Toxscreens auch ständig an den aktuellen Wissensstand angepasst und "durch die Lappen" gehen wenn überhaupt nur Substanzen die
- so neu bzw ungewöhnlich sind, dass nicht danach gesucht wird
- das Verhalten des Verstorbenen so gar nicht zu den üblichen Auswirkungen passt
- zwischen Einnahme und Tod genug Zeit liegt um die Substanz abzubauen und auszuscheiden
- ausreichend instabil sind, dass sie zwischen Todeseintritt und Probenentnahme "zerfallen", (in diesem Fall war die Leichenliegezeit aber verhältnismäßig kurz)
Natürlich können auch ganz schlicht und ergreifend Fehler (bei der Probenentnahme, Aufbewahrung, Testdurchführung, der Entscheidung welche Tests gemacht werden) für das Nichtauffinden einer Substanz verantwortlich sein.
Mo3549 schrieb (Beitrag gelöscht):Wenn das so abgelaufen ist, verstehe ich aber überhaupt nicht, warum sie nicht eher (evtl. sogar noch lebend) gefunden wurde.
So wie der Ablauf beschrieben wird ist der Zeitraum zwischen dem Antritt ihrer Flucht und dem Sturz nachdem sie zumindest bereits bewusstlos war ziemlich kurz.
400m sind wenn jemand "einfach mal so losrennt" zwar keine so große Entfernung, aber dennoch ist der Bereich der dann nachts, im dunklen von Familie und Freunden abgesucht wurde bzw hätte abgesucht werden müssen um Sina zu finden ganz schön groß.
Jeder der schonmal einen entlaufenen Hund oder eine Katze gesucht hat weiß wie lange man da suchen kann, selbst wenn der Umkreis in dem sich das Tier aufhält gar nicht so riesig ist.
Wenn Sina wirklich recht zeitnah verunglückt ist, dann ist der Zeitraum indem es möglich war sie noch lebend aufzufinden mitunter sehr kurz (weniger als eine Stunde) und der in dem sie ggf noch auf Rufe hätte reagieren können noch kürzer.
War es wirklich so, dass sie davonlief, weil sie meinte ihre Freundinnen übertreiben und sie wolle lieber zurück zur Party, dann hätte sie auf Rufe ggf nicht einmal dann reagiert, wenn sie noch dazu im Stande gewesen wäre.
Da trotz der sehr umfangreichen Suchmaßnahmen nach der Vermisstenmeldung noch Stunden vergingen und laut dem einen Zeitungsbereicht die Leiche dennoch von einem Spaziergänger, also eher durch Zufall entdeckt wurde, darf man auch annehmen, dass das Gebiet entweder sehr unübersichtlich ist oder sie an einer ganz anderen Stelle gelandet ist als ihre "Fluchtrichtung" vermuten ließ, ggf sogar beides.
Offensichtliche Fehler wurden ja scheinbar nicht gemacht und selbst wenn die Polizei bereits nachts allamiert und ausgerückt wäre, war das Zeitfenster für eine Lebendauffindung vermutlich einfach mal viel zu klein.
Myon-Neutrino schrieb:Ganz schönes Horror-Szenario. Allerdings verstehe ich die Aussage im Merkur Bericht nicht so ganz, bezüglich ihres sonderbaren Verhaltens, "kann vielleicht nie ganz aufgeklärt werden".
Ich denke mal, dass damit gemeint ist, dass Sinas Angehörige nie erfahren werden was in dieser Nacht wirklich in Sinas Kopf vorging und warum.
Sollten sich da noch Hinweise ergeben, z.B. ein Tagebuch in dem es Hinweise darauf gibt, dass Sina Liebeskummer, Zukunftsängste oder sonstige Sorgen, die für ihr Alter recht normal sind hatte und es möglich ist, dass (ungewohnter) Alkoholkonsum temporär depressive Züge hervorgerufen hat (also mal wirklich absolut rein spekulativ), dann hoffe ich sehr, dass sich das für die Familie dann im Rahmen der Seelsorge klären lässt, aber an die Öffentlichkeit gehört so etwas dann nicht.
Das wäre allenfalls dann sinnvoll, würde sich nachträglich ein Bild formen, dass darauf schließen lässt, dass Sina z.B. an schweren Depressionen litt und dies vor ihrem Umfeld verborgen hat.
In solchen Fällen entscheiden Angehörige manchmal bewusst an die Öffentlichkeit zu gehen um auf solche Probleme aufmerksam zu machen.
Aber für all das gibt es keinerlei Hinweis, deswegen würde ich die Aussage:
"kann vielleicht nie ganz aufgeklärt werden"so werten, dass bei diesem tragischen Unglück keine Antwort auf was "wie und warum" geben wird, zumindest keine die das Geschehene für Sinas Familie und Freunde irgendwie schlüssig erklärt oder auch nur im Ansatz greifbar macht.
Denn bisher scheint es ja gar keine Hinweise auf mögliche "Gründe" zu geben wie außergewöhnlich belastenden Stress, erheblichen Streit mit Freunden und Familie, psychische Erkrankungen, Belastung durch Stalker oder Mobbing.
Die vorbildliche Führsorglichkeit ihrer Freundinnen und die Tatsache, dass die Eltern ihr "Verschwinden" sofort ernst genommen haben spricht auch für ein stabiles und glückliches soziales Umfeld. Es ist keine Rede von akutem Liebeskummer oder dem "Nach-Abi-Loch" in das manch junger Mensch fällt, weil er nun zwar sein Abi in der Hand hat, aber damit auch die große Befürchtung dem Anspruch seines Umfeldes "jetzt so richtig was aus seinem Leben zu machen" nicht standhalten zu können.
All solche Dinge können es Angehörigen manchmal erleichtern zu lernen mit dem eigentlich umfassbarem umzugehen.
Auch wenn es natürlich grundsätzlich schön ist, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Sina in irgendwelchen Schwierigkeiten gesteckt hat ändert das eben nichts darum, dass ihr Verhalten und ihr tragischer Tod damit nur noch viel unfassbarer wird.
Ich denke, dass sich dieses "kann vielleicht nie ganz aufgeklärt werden" genau so gemeint ist, dass die Ermittler nicht erwarten dass es bei den Ermittlungen oder durch Hinweise aus der Bevölkerung diesen gewissen "Aha-Effekt", der das Unfassbare in etwas mit dem sich leichter umgehen lässt verwandelt.
Manchmal muss man akzeptieren, dass trauernde Angehörige ohne "Erklärung" zurück bleiben und das findet kein Ermittler gut.
Myon-Neutrino schrieb:Ich gehe mal stark davon aus bzw. hoffe, dass hinreichende Blut- Urinproben entnommen wurden, auch wenn GHB nur sehr kurze Zeit nachweisbar ist. Max. 6-12 Stunden nach Verabreichung, wie ich mich gerade mal schlau gemacht hab.
Du verwechselst die "Nachweisbarkeit" mit der die für eine lebende Person gilt.
Nach Todeseintritt liegt das Hauptproblem beim Test auf GHB bzw dem Interpretieren der Ergebnisse hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Fall nicht mehr in dem schnellen Abbau, sondern darin, dass GHB auch ein Stoff ist, der natürlich im Körper vorkommt.
Als Abbauprodukt des Neurotransmitters GABA ist GHB immer in geringen Mengen in solchen Proben nachzuweisen.
Ist der Tod eingetreten, dann beginnt der Verwesungsprozess, also auch die Zersetzung von GABA und der GHB-Wert beginnt anzusteigen und es entsteht eine echte Herausforderung halbwegs sicher zu bestimmen ob die GHB-Werte in den endogenen Normalbereich fallen oder eine exogene Zuführung stattgefunden hat.
Die fortlaufende Bildung von GHB lässt sich in den entnommenen Proben durch Kühlung und/oder dem Zusatz bestimmter Chemikalien gut stoppen, sodass der GHB-Wert in ordnungsgemäß aufbereiteten und gelagerten Proben sehr lange stabil bleibt.
Hier kannst Du kostenlos eine sehr gute und ausführliche Arbeit zu dem Thema als pdf einsehen:
"Untersuchungen zum Metabolismus und Nachweisfenster von γ-Hydroxybuttersäure in biologischem Material"In diesem Fall scheint bisher nichts für die Anwendung von GHB zu sprechen.
Das Verhalten, das Sinas Freundinnen beschreiben weicht massiv von der Wirkung von GHB ab.
Das Wirkspektrum "beginnt" mit Euphorie und einer angstlösenden, Wirkung, geht dann über eine Enthemmung und Steigerung der Libido ab einer gewissen Dosierung in Bewusstseinstrübung und Sedierung über.
Sinas Freundinnen beschreiben sie zwar als "aufgekratzt" aber auch als ängstlich und nervös, das ist mit GHB eigentlich nicht in Einklang zu bringen.
Dazu kommt auch noch die Frage wer Sina mit welcher Motivation irgendwas untergejubelt hat.
Allen Berichten nach sind Sinas Freundinnen sehr fürsorglich und vernünftig, hätten sie mitbekommen, dass Sina selbst irgendwas genommen hat hätten sie das der Polizei ganz sicher mitgeteilt.
Zumindest nach dem was in der Zeitung steht wirkt ihr Verdacht irgendwer habe Sina etwas untergejubelt eher darin begründet zu sein, dass Sina sich untypisch verhalten hat, dass irgendwer ihr auffallend nachgestellt habe oder die Wesensänderung zeitlich mit dem Konsum eines Getränkes zusammenfällt bei dem ein unerwünschter Zusatz nicht nur möglich ist sondern auch Sinn ergibt wurde nirgends erwähnt.
temporari schrieb:Mich wundert die Formulierung: Kopfverletzungen. Bei einem Sturz hat man doch nur eine von dem Aufprall?
Es ist aber eher selten, dass man einmalig stürzt und dann umgehend bewusstlos ist. Meist folgt der eine oder andere Versuch wieder aufzustehen, begleitet von einem weiteren Sturz.
Ob die Verletzungen mit solch einem Sturzgeschehen übereinstimmen hängt eher davon ab wo sie sich befinden und von deren Beschaffenheit als davon wie viele es sind.
temporari schrieb:Alkohol an sich macht doch nicht gleich ängstlich ohne Anlass?
Das würde ich zumindest nicht vollständig ausschließen.
Ich selbst trinke zwar nicht, habe aber durchaus schon mitbekommen dass Personen von Alkohol ängstlich oder gar schreckhaft wurden.
Das kam primär dann vor, wenn die Person Alkoholkonsum nicht wirklich gewohnt war oder bereits vor dem Konsum irgendwie nervös was dann durch den zusätzlichen "Kontrollverlust" verstärkt wurde.
Das Alkohol mitunter sehr individuell auf Menschen wirkt ist ja allgemein bekannt.