Searchingtruth schrieb:Das Problem für mich sind an diesem Fall die Wahrscheinlichkeiten.
Auch wenn ich Mathematik im Ganzen liebe muss ich zugeben, dass ich Statistik und Stochastik noch nie leiden konnte.
Haben beide doofe Ohren, aber dummerweise auch beide ihre Daseinsberechtigung.
Der Fehler dem Du hier aufsitzt heißt "Wahrscheinlichkeitsvernachlässigung".
Du erkennst zwar die geringe bis sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses, machst dann aber den Fehler die Eintrittswahrscheinlichkeit so stark aus dem Kontext zu reißen und auf einen Einzelfall zu projizieren, dass Dir selbst eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit noch als praktisch unmöglich erscheint.
Gut greifen tut da immer das "Lottobeispiel".
Wenn Du siehst wie jemand einen Lottoschein ausfüllt, dann liegt es natürlich nahe ihm zu sagen "Du gewinnst nichts."
Einfach weil die Eintrittswahrscheinlichkeit eines eines nennenswerten Gewinnes "gegen null" geht.
Trotzdem ist es auch eine Tatsache, dass sich wenn mehr Leute mitspielen auch zwangsläufig die Chance, dass doch jemand gewinnt erhöht (vorausgesetzt es wird auch primär mit unterschiedlichen Zahlenfolgen gespielt) und der Typ der vor Deinen Augen den Schein ausfüllt hat genauso gute oder miese Aussichten unter den Gewinnern zu sein wie jeder andere Mitspieler auch.
Bei solchen Unglücksfällen spielen zwar mehr Faktoren mit aber im Grunde ist die Vorraussetzung ähnlich:
Je mehr Leute ein riskantes Verhalten an den Tag legen, desto höher ist das Risiko das darunter jemand ist dem dabei etwas Schlimmes passiert.
Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Unglücksfalls gering.
Wäre dem nicht so könnte man nicht mehr feiern gehen, Seelsorgern müsste man Wochenendtripps verbieten, weil sie Sonntags gebraucht würden und Rechtsmediziner sollten ihren Terminplan für Montags freihalten.
Aber wenn man sich mal klar macht wie viele (meist junge) Menschen an Wochenenden feiern gehen und wie viele davon ihrem Heimweg in einem Zustand oder auf einem Weg antreten bei dem einem Angst und Bange wird, dann ist es fast schon eine schöne Überraschung, dass die meisten von denen wohlbehalten ihr Ziel erreichen und wie verhältnismäßig selten da etwas ernsthaft schief geht.
Jeder in meinem Bekanntenkreis weiß, dass ich keine betrunkenen Personen in meinem Auto mitnehme und selbst enge Freunde eine andere Gelegenheit zum Heimkommen brauchen wenn sie viel getrunken haben, weil ich da auch nicht verhandle.
Trotzdem fahre ich in schöner Regelmäßigkeit Betrunkene die mir völlig fremd sind nach Hause.
Ich lebe in einer sehr ländlichen Gegend in der öffentliche Verkehrsmittel Fabeltiere sind deren Existenz noch nicht als bewiesen angesehen werden kann.
Die einzelnen Dörfer liegen mehrere km auseinander, die Straßen sind schmal, meist ohne befestigten Seitenstreifen und Rad- oder gar Fußwege gibt es nicht. Hinzukommen die Serpentine voller schicker, enger Kurven und Bewuchs neben der Straße die die Sicht massiv einschränken.
Trotzdem versuchen regelmäßig Leute nach einer Feier in dem einen Dorf zu Fuß nach Hause ins andere zu gehen.
Die wanken dann da so halbsichtbar durch die Nacht und dran vorbeifahren statt eben anzuhalten und sie ins Auto zu packen grenzt bei den Bedingungen an unterlassene Hilfeleistung, vor allem im Winter.
Da frag ich mich gar nicht so selten wie viele Schutzengel hier kreisen, denn passieren tut mehr als nur selten etwas.
Aber da deutschlandweit regelmäßig Partygäste einen Heimweg antreten, der nicht wirklich sicher ist, liegt es eben leider auch in der Natur der Sache, dass hin und wieder eben doch was passiert.
Natürlich ist es "extra tragisch" wenn es dann jemanden trifft, dessen Verhalten vom Gipfel der Verantwortungslosigkeit noch ziemlich weit weg war (das hier verstorbene Mädel war ja scheinbar weder sternhagelvoll, noch neigte es zu Drogenkonsum, stieg nicht zu einem Fremden oder einem Betrunkenen ins Auto usw.
Aber das das Leben fair ist würde ich auch nicht behaupten und es wäre ja auch nicht so, dass die, die sich für noch riskantere Verhaltensweisen entscheiden den Tod "verdienen" bzw "mehr verdienen" würde.
Das ist dann eben einfach der Zufallsfaktor und manchmal hat man eben Pech.
Searchingtruth schrieb:Wie wahrscheinlich ist es dass sie ausgerechnet dort stürzt und hinfällt wo sie ertrinken kann ?
Searchingtruth schrieb:Wie wahrscheinlich ist es dass sie durch einen Bachsturz sofort bewusstlos wird und dadurch den Tod durch Ertrinken nicht bemerkt ?
Zum Glück ist auch hier die Wahrscheinlichkeit gering, deswegen finden in Gegenden,
in denen es sehr üblich ist, dass die Leute Party machen und sich dann sternhagelvoll auf den Fußweg nach Hause machen, der über Felder, Wälder, vorbei an Gräben, Flüssen und Co führt,
die meisten Eltern ihre Kinder am Tag nach der Party zerwühlt und mit miesen Kopfschmerzen aber sonst unbeschadet in deren Zimmer vor und es ist nicht nötig, dass all jene, die ein leeres Zimmer vorfinden sich zur allwöchentlichen Leichensuche zusammenfinden.
Aber auch wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit gering ist, bedeutet "gering" eben nicht "null" und ab und an hat eben jemand weniger Glück bzw mehr Pech und ertrinkt sogar in der einzigen Pfütze die auf dem Feld über das der Heimweg geführt hat zu finden war.
Searchingtruth schrieb:Warum hat man sofort ein Verbrechen ausgeschlossen ?
Das hat niemand getan.
Mit der Auffindung des Leichnams wurde aus der Suche nach einer Vermissten ein Todesfall und die entsprechenden Ermittlungen beginnen nicht mit der Obduktion, sondern mit Eintreffen der ersten Fachkräfte am Leichenfundort.
Beurteilt wird die Auffindesituation nicht nur anhand der Spuren die vorgefunden werden, sondern auch im Hinblick auf Spuren die nicht da sind.
Es gibt Spuren und Details bei der Auffindesituation, die eine Fremdeinwirkung wahrscheinlich machen aber genauso kann die Gesamtheit einer Auffindesituation sich eben auch so darstellen, dass es zunächst keinen Anhaltspunkt gibt der auf ein Verbrechen hinweist.
Niemand hat hier einen Blick auf die Leiche geworfen und gesagt "War kein Verbrechen."
Es wurde der Öffentlichkeit lediglich mitgeteilt, dass die bisherige Einschätzung eher auf einen Unglücksfall hinweist als auf Fremdeinwirkung.
Darüber hinaus wurden mindestens die Freundinnen und der Taxifahrer mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zeitnah befragt und offenkundig haben deren Angaben in ihrer Gesamtheit den Verdacht auf ein Tötungsdelikt entweder gar nicht erst aufkommen lassen oder nicht erhärtet.
Searchingtruth schrieb:Sinnvoller ist es doch, erst einmal die Obduktion abzuwarten bevor man sich schon so festlegt.
Festgelegt hat sich niemand und die Obduktion abzuwarten ist zwar sinnvoll, wenn man die Ermittlungsergebnisse zusammenträgt aber jede anderweitige Ermittlungsarbeit auszusetzen während man auch die Obduktion bzw die Obduktionsergebnisse wartet ergibt nicht nur keinen Sinn, sondern ist im Bezug auf die Beurteilung der Auffindesituation vor der Bergung der Leiche und die Spurensicherung schlicht und ergreifend unmöglich und im Hinblick auf erste Zeugenbefragungen keine gute Idee, denn erfahrungsgemäß bekommt man die brauchbarsten Zeugenberichte wenn die Befragung möglichst zeitnah stattfindet.
Searchingtruth schrieb:In jedem Fall weiß der Rechtsmediziner Bescheid.
Auch nur begrenzt.
Manches kann der Rechtsmediziner rausfinden, anderes nicht und so manche Befunde des Rechtsmediziners müssen im Abgleich mit anderen Ermittlungsergebnissen beurteilt werden.
Für zahlreiche weitere Erkenntnisse sind dann die Ergebnisse anderer Ermittlungsarbeit aussagekräftiger.
Searchingtruth schrieb:Je später sie ertrunken ist umso wahrscheinlicher wird ein Verbrechen.
Wodrauf diese Annahme sich stützt, kann ich nicht nachvollziehen.
Genauso könnte man ja behaupten "je später der Tod eintrat, desto wahrscheinlicher ist ein Unfallgeschehen, weil die Verstorbene bei ihrem Verschwinden noch in der Lage war recht zügig zu rennen, während sich die Wahrscheinlichkeit eines derart tragischen Unglücksfalles erhöht, wenn aufgrund mehrstündigen Herumirrens ein Erschöpfungszustand die Gesamtlage der jungen Frau noch verschlechtert."
Bei Tötungsdelikten (wodrauf es hier ja offenkundig keinen Hinweis gibt) ist es statistisch betrachtet doch eher so, dass das Opfer tot ist bevor das Verschwinden bemerkt wurde oder gar eine Vermisstenmeldung gemacht wurde.
Trotzdem gab es ja im Vorliegenden Fall keine Spuren oder Hinweise auf Fremdverschulden, aber auch keine schlüssigen Aussagen und Annahmen zu dem Vorhaben und dem psychischen Zustand des Opfers.
Das hat irgendwie zur Folge, dass die Erkenntnis ob die Leiche da nun ein paar Stunden mehr oder weniger lag zumindest im Hinblick auf die bisher öffentlich mitgeteilten Ermittlungsergebnisse auch nicht zur Lösung der Rätsel beiträgt die wohlmöglich niemals gelöst werden.
Searchingtruth schrieb:Ich halte das alles für eher unwahrscheinlich dass sie da so viel Pech gehabt haben soll.
Zum Glück ist es auch unwahrscheinlich soviel Pech zu haben.
Aber da "unwahrscheinlich" eben nicht "unmöglich" bedeutet ist es eine traurige Tatsache, dass eben manchmal schlimme Dinge geschehen, auch dann, wenn man alles tut was man kann, das es nicht dazu kommt.
Deswegen heißt es ja auch "Unglücksfall".
Wer mehr vom Leben möchte als nur in der Bude zu sitzen und in jeder Lebenslage auf Nummer sicher zu gehen, der muss wohl seinen Frieden damit machen, dass es Restrisiken gibt die sich nicht ausschließen lassen.
Searchingtruth schrieb:Vielleicht möchte man keine Gewaltverbrechen mehr haben ....wer weiß..
Na wer möchte das schon.
Trotzdem neigen Menschen dazu, im Zweifel das geringere Übel zu wählen.
In den meisten Fällen leben die Menschen die denen, die an der Ermittlung solch eines Falles beteiligt sind, nahe stehen in der gleichen Gegend in der auch das Opfer sich aufhielt.
Und wenn man abwägt ob man "zugibt", dass es Gewaltverbrechen nicht nur weit weg in der großen, bösen Welt gibt sondern auch in der eigenen Heimat und anschließend in die Hände spuckt und seine Job so gut macht wie es einem möglich ist um den Täter zu erwischen oder ob man lieber die berufliche Karriere und die Sicherheit von Menschen die man liebt aufs Spiel setzt indem man den Fall unter den Teppich kehrt und dann eben spätestens beim nächsten Opfer mehr als nur doof dasteht..
Da ist es doch definitiv das kleinere Übel im Hinblick auf ein Gewaltverbrechen Klartext zu sprechen und anschließend den Job zu machen für den man bezahlt wird.
Der Umgang mit den Angehörigen ist sogar einfacher, wenn man wegen eines Gewaltverbrechens ermittelt.
Denn dass es auch nicht so gute Menschen gibt die Anderen schlimme Dinge antun, das ist eine allgemein bekannte Tatsache.
Dass aber ein junger Mensch aufgrund eines so "saublöden" Unfalls sein Leben verloren hat und niemand dafür verantwortlich gemacht werden kann ist für Angehörige oft sehr viel schwerer zu akzeptieren.
Searchingtruth schrieb:Kann sein dass uns das so verkauft werden soll.
Und was soll dann damit erreicht werden?
Die Menge der Gewaltverbrecher die mit einem Tötungsdelikt davongekommen sind und frei herumlaufen erhöhen ist ja nun nichts das so verlockend klingt, dass es den benötigten Anteil derer die dafür lügen müssten davon zu überzeugen das das eine tolle Idee ist.
veggieMP schrieb:Vielleicht wird dieser Fall nie zu 100% „aufgeklärt“ werden. Das „merkwürdige“ Verhalten, welches Sina M. kurz vor ihrem Verschwinden zeigte, wird wohlmöglich nie beantwortet werden.
Das sehe ich auch als wahrscheinlich an.
veggieMP schrieb:Ich glaube persönlich hier nicht an ein Verbrechen, eher an eine Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände.
Das ist bei solchen Unglücksfällen ja häufig der Fall, weswegen sie zum Glück verhältnismäßig selten sind.
Taugt zwar nicht als Trost für die Angehörigen, aber sorgt wenigstens dafür, dass solche Tragödien nicht massenhaft vorkommen.
MissMarple1 schrieb:Eine toxikologische Untersuchung könnte natürlich schon Klarheit bringen sofern noch etwas nachweisbar ist.
Auch nur bedingt.
Wenn dabei irgendwelche Substanzen gefunden werden, die nicht da sein sollten ist ja noch lange nicht geklärt wie die ins System kam. Freiwillig oder untergeschoben und wenn ja von wem.
Wenn ich in den Artikeln lese, dass die Freundinnen den Verdacht hegen, dass jemand Sina etwas ins Getränk gemischt hat, dann liest sich das für mich eher wie eine erhebliche Betonung darauf, dass Sina sich sehr anders als gewohnt verhalten hat und ihnen keine plausible Erklärung dafür einfällt.
Sie scheinen ja aber nicht berichtet zu haben, dass sie diesen Verdacht hegen, weil sich eine bestimmte Person auffallend für Sina interessiert habe und ggf gar verdächtig hartnäckig die Nähe des Mädchens suchte.
Wäre das der Fall und ggf gar einer der Gründe warum man sich entschieden hat Sina heimzubringen, dann hätten sie absolut keinen Grund das den Eltern und der Polizei gegenüber nicht auch genauso zu erwähnen.
grizzlyhai schrieb:Ein paar Tage vorm 18. kann man schon aufgekratzt sein. Vielleicht hat sie was eingeworfen, vor der Feier.
Da ich keinerlei Ahnung von sowas habe, weiß ich nicht, ob das plausibel ist.
Da das Verhalten des Mädchens offensichtlich selbst ihren Freundinnen Rätsel aufgibt, die sie nicht nur gekannt, sondern auch miterlebt haben wie sie sich genau verhalten hat dürften fremde Personen das gar nicht einschätzen können und selbst ein toxikologischer Befund gäbe hier nur begrenzt Auskunft.
Vermutlich ist auch genau das gemeint, als in dem einen Artikel die Vermutung, dass es eine gänzliche Aufklärung vielleicht nicht geben wird geäußert wurde.
grizzlyhai schrieb:Es ist immer frustrierend, wenn man mitten aus einer Party gerissen wird.
Und tragisch, dass sie keine "zweite Chance" erhält..
Dann hätte sie mitunter irgendwann die Erfahrung gemacht, dass gute Freunde nun einmal so oder vergleichbar handeln und zwar vollkommen unabhängig davon ob man 17, 30 oder 70 ist.
Und das man solche Freunde nicht an jeder Ecke findet.
Ich hoffe ihr war klar, dass sie den Berichten nach wirklich ganz außergewöhnlich großes Glück mit ihren Freunden hatte und das diese Mädels jetzt Unterstützung haben die ihnen dabei hilft zu begreifen, dass sie sich derart vorbildlich verhalten haben, wie man es selbst bei den besten Freunden nur erhoffen aber keineswegs voraussetzen darf und Sina mit diesen Freundinnen wirklich Glück hatte, auch wenn es für diese Mädels sicher nicht einfach wird zu verstehen, dass auch in solches Glück diesen schrecklichen Ausgang nicht verhindern konnte und solche Dinge eben manchmal passieren ohne das jemand "Schuld" ist.