Hammurapi schrieb am 06.05.2019:Genau! Und wenn ich von einem Zeugen wissen will, warum er zweimal mit diesem Auto auf der A12 erfasst wurde, dann bekomme ich vielleicht auch eine belastbare Antwort. Ab dem Moment aber, in dem ich den Zeugen mit einem Tatvorwurf konfrontiere und über seine Rechte belehre, spätestens aber wenn der Rechtsbeistand anrauscht, dann ist schlagartig Schluß mit antworten und Erklärungen. Dann ist der Zeuge stumm und die Ermittler müssen sich ab sofort selbst darum kümmern, diese Antworten zu ermitteln. Aus diesem Grunde zweifle ich daran, ob es wirklich klug war, den Schwager zu einem sehr frühen Zeitpunkt zum Tatverdächtigen zu erklären.
Ja, das wäre zwar eine taktische Überlegung in Deinem Sinne wert, aber dieser Spielraum besteht da eigentlich nicht. Denn StPO und Rechtsprechung setzen in diesem Zusammenhang klare Grenzen.
Die Polizei/Staatsanwaltschaft kann in zeitlicher Hinsicht nicht frei wählen, wann sie die gesetzlich vorgeschriebene Beschuldigtenbelehrung erteilt - und ob das gerade ermittlungstaktisch unklug wäre und man diese nicht deshalb besser verschieben sollte auf einen späteren Zeitpunkt.
Die Belehrung muß sie nämlich schon dann zu Protokoll vornehmen, wenn sie den nach Aktenlage/Ermittlungsstand begründeten Verdacht hat, daß ein gerade informatorisch zu Befragender oder zu vernehmender Zeuge in Wirklichkeit Täter oder Teilnehmer der vermuteten Straftat sein könnte. Manchmal muß dann sogar mitten in einer informatorischen Befragung oder Zeugenvernehmung der Schalter umgelegt werden. Es muß ihm dann gesagt werden, daß er ab jetzt tatverdächtig ist und das Recht hat zur Sache keine Angaben zu machen, Anwalt usw... zuweilen mit vergleichbaren Folgen, wie Du sie oben richtig dargestellt hast. Und man konnte m. E. die Vernehmung auch nicht generell zeitlich einfach weiter aufschieben, weil er hier nach Ansicht der Ermittler eine der Haupterkenntnisquellen war.
Wann dieser Zeitpunkt der Beschuldigtenbelehrung gekommen war, kann ich/man ohne Aktenkenntnis nicht bestimmen, aber es handelt sich um erfahrene Ermittler und ich gehe deshalb davon aus, daß sie es jedenfalls rechtzeitig getan haben.
Und Akten könnten in dieser Hinsicht verräterisch sein. Jeder Verteidiger prüft sie generell immer auch daraufhin ab, ob sein Mandant ggf. rechtzeitig als Beschuldigter belehrt wurde. Und zumindest derzeit sind -soweit für mich ersichtlich- diesbezüglich keine Einwndungen von der Verteidigerin erhoben worden.