FrokenLisbeth schrieb:Crusader2k13 schrieb:
Dieser dauerhafte, immerwährende Druck, wird sicher noch sehr viel größer werden, wenn er wieder neben seiner Frau in dem Bett liegt, von dem er aufgestanden ist, um ins Badezimmer zu gehen / das Wohnzimmer zu checken. Wird größer werden, wenn er eines morgens, zur Uhrzeit der Tat - die Sonne geht gerade auf, er ist mit sich allein - zufällig in dem Badezimmer steht, in dem er möglicherweise die schreckliche Tat begangen hat. Wenn er in dem Wohnzimmer auf dem Sofa sitzt, auf dem RR schlief. Kurzum: RR wird über ihm einstürzen, ob im Haus, oder im Auto, in den Augen seines Schwiegervaters, oder den Bildern auf der Fensterbank, dem Weihnachtsgeschenk von RR an seine Frau Jessica, oder sogar an ihn selbst. RR wird ihn überfluten - überall und immer, für den Rest seines Lebens.
Du lässt dabei die Möglichkeit außer acht, dass es Menschen gibt, die eine Tat völlig von ihrer gelebten Realität abspalten können. Manche können, meist wohl unbewusst, etwas was so schrecklich ist, dass sie jegliche Auseinandersetzung mit dem Vorgang nicht aushalten können, komplett ausblenden - so als hätte das Grauen nie stattgefunden.
Das macht eine Aufarbeitung zwar schwierig bis unmöglich, kann demjenigen aber helfen zu überleben. Dazu braucht es dann eines sehr gut ausgebildeten Therapeuten... und wer hat den schon.
Bezogen auf den TV:Ich gehe sogar davon aus, dass er sich genau jetzt in dieser Situation befinden könnte. Sein 'Selbst' könnte wie ein Spiegel zerbrochen sein, und eine der Scherben ist der Aspekt des mutmaßlichen Mörders / Totschlägers, die er derzeit ignoriert, nicht aufhebt, nicht seiner Seele hinzufügt. Wenn er wirklich eine Affekttat vollbracht hat, würde es mich doch sehr wundern, wenn er nicht in genau so einem Zustand eines
depersonalisierten Schismas ("das kann ICH gar nicht gewesen sein?!") gefangen ist.
Genau auf diesen Moment, wenn sich seine Seele (als Methapher der Spiegel) wieder zusammenfügt - im Angesicht des lichtdurchfluteten, Tatortes eines Morgens, oder eines Bildes von RR auf der Fensterbank im Wohnzimmer - wenn der Aspekt dieser tödlichen Dunkelheit in sein Bewusstsein tritt und wieder sein vollständiges, seelisches Spiegelbild formt, dann, genau dann könnte er zusammen- und die Wahrheit sich Bahn brechen..... und darauf wollte ich oben hinaus.
Bezogen auf die Familie:Ich denke, die jeweiligen Phasen der Trauer werden die Aufarbeitungsart und Aufarbeitungsmöglichkeiten individuell, bestimmen. Ich kann Dir nur beipflichten: Die Familie wird einen richtig guten Therapeuten und ein sehr liebevolles, verständnisvolles und unterstützendes Umfeld benötigen, um irgendwann überhaupt in der Lage zu sein, der Wahrheit in die Augen zu schauen und sie zu begreifen. Der ganzen Wahrheit. Nicht nur, dass RR womöglich wirklich tot ist (sollte sie nie gefunden werden), sondern auch, dass ihr Mörder ggf. ein ehemals geliebtes Familienmitglied des engsten Kreises war.