Minnimaus123 schrieb:Wir kommen der Sache näher. In diesem Artikel steht, dass ein als Erbe in Aussicht gestelltes Haus, vom Staat gepfändet wurde.
Der Angeklagte wird verurteilt, damit trägt er auch die Kosten. Und die können sich in dem beschrieben Verfahren schnell auf mehrere Zehntausend Euro belaufen.
Als Beispiel beschreibt Katharina Krützfeldt, Sprecherin des Landgerichts Verden, einen ähnlichen Fall, den das Gericht vor einigen Jahren verhandelte. „Der Angeklagte musste rund 60 000 Euro bezahlen, der Großteil sind dabei Anwalts- und Sachverständigenhonorare“, erklärt sie. Sachverständige werden in vielen Verfahren gehört.
Zahlen muss derjenige, der verurteilt wird. Bei einem Freispruch bezahlt die Staatskasse.
Ein Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft prüft, ob von einem Verurteilten in absehbarer Zeit zu erwarten ist, dass dieser seine Rechnung zahlt. Beispielsweise bei Obdachlosen oder hoch verschuldeten Tätern ist das aussichtslos, weswegen auch hier die Staatskasse zahlt.
„Es gibt aber Ermittler, die darauf achten, dass ein Täter dann zahlt, wenn er beispielsweise ein Haus erbt“, erklärt Krützfeldt.
Dieses werde dann gepfändet
Der Verurteilte zahlt die Rechnung - WESER-KURIER - Nachrichten aus Bremen und der Region
https://www.weser-kurier.de/region_artikel,-Der-Verurteilte-zahlt-die-Rechnung-_arid,866309.html
@Minnimaus123 Das ist so richtig. Wir haben hier aber den Sonderfall, dass der (mutmaßlich) Verurteilte das Haus (bzw. das ganze Vermögen) seiner Opfer erben würde, und dass der Erbfall durch die Tat des Verurteilten überhaupt nur eingetreten ist. Für diese Sonderfäle gibt es die Möglichkeit der Feststellung der Erbunwürdigkeit, durch die der Verurteilte so gestellt wird, als ob er gar nicht als Erbe existieren würde. Dadurch käme dann (bei gesetzlicher Erbfolge, also ohne Testament) der nächste Verwandte als Erbe zum Zuge, in unserem Fall hier soweit ich weiß, die Eltern bzw. Geschwister der Opfer.
Und wenn dann die Erbunwürdigkeit festgestellt wurde und das Erbe an den nächsten Verwandten gefallen ist, dann kann der Staat auch nicht pfänden, denn Schuldner bezüglich der Prozesskosten ist der Verurteilte und seine Verwandten (die dann geerbt haben) müssen nicht für seine Schulden haften, auch nicht mit dem Erbe, das gehört dann zu ihrem Eigentum.
Dass es die Möglichkeit der Feststellung der Erbunwürdigkeit gibt, hat sicher moralische Gründe. Der Gesetzgeber wollte wohl die Möglichkeit bieten, bei besonders krassem Fehlverhalten des potentiellen Erben gegenüber dem Erblasser diesen Erben auszuschließen.
Weil ja wahrscheinlich jeder der Meinung ist, der hätte es dann nicht mehr verdient zu erben.
Der für den Staat ungünstige Nebeneffekt, dass er dadurch wahrscheinlich auf seinen Kosten für den Prozess sitzenbleibt, weil bei dem Verurteilten auf lange Zeit nichts zu holen sein wird, wird in Kauf genommen. Allerdings kann ja auch immer noch der Fall eintreten, dass der Verurteilte (während der Haft oder auch später) von anderer Seite etwas erbt, da könnte der Staat dann versuchen, zu seinem Geld zu kommen.
Bezüglich eines Präzedenzfalles habe ich hier
Wikipedia: Mordfall Charlotte Böhringer#Fingierter Erbrechtsstreit mit dem Ziel einer Wiederaufnahme in der Strafsache etwas über die Erbunwürdigkeitsklage gelesen. Aber ganz klar ist mir das auch nicht, vor allem nicht, wieso die Strafkammer das Erbteil als "verfallen" und an den Staat fallend erklären konnte. Allerdings gab es da ein Testament, vielleicht spielt das eine Rolle. Aber die Frage, ob der Staat sich, bevor die Erbunwürdigkeit festgestellt werden konnte, schon an dem Erbe bedienen konnte, wird dort auch nicht beantwortet.
Ich wünschte, es würde sich ein User, der Jurist ist (bzw. eine Userin, die Juristin ist), finden, der/die uns das mal richtig erklären kann. Interessiert mich nämlich wirklich.