@frauZimt frauZimt schrieb:Was ich meine:Hier wird immer wieder sehr viel Verständnis für den mutmaßlichen Täter eingebracht. Deinen Beitrag nehme ich da nicht aus.
Mit Verlaub: du scheinst meine Beiträge weder gelesen noch verstanden zu haben. Wenn ich überhaupt für irgendwas plädiere, dann dafür, den gesunden Menschenverstand einzuschalten, was insbesondere meint, sich von Plattitüden, Moralin, Alltagsweisheit und Küchenpsychologie zu lösen und dem differenzierten Denken Vorschub zu leisten.
Differenziertes Denken kommt im Übrigen äußerst gut ohne Polarisierung, Voreinstellungen, Gleichmacherei und Unterstellungen aus. Warum siehst du in differenziertem Denken, das eben leider keine einfachen schwarz-weiß-Lösungen des Lebens vorsieht, ein "Verständnis" für den Täter? Das ist DEINE Voreinstellung - nicht meine. TATEN sind erklärbar und es ist die wissenschaftliche Aufgabe, derlei Taten zu erklären, ebenso wie das Verhalten und Erleben von Tätern zu er-klären - basierend auf biopsychosozialen Erkenntnissen, Mechanismen und Gegebenheiten. Und da du eine an Kriminalfällen interessierte Userin bist, werde ich dir sicherlich nicht erklären müssen, dass der Hintergrund dieser Aufgabe vornehmlich im Opferschutz zu suchen ist.
"Schuld" und "Unschuld" sind juristische, religiöse und moralische Begriffe - KEINE wissenschaftlichen. Mein Interesse ist ein Wissenschaftliches. Wenn du mir das vorwerfen möchtest, weil es dich in Bezug auf dein Diskussionsinteresse unbefriedigt zurücklässt, kannst du das gern tun, ändert aber nichts an meinem Fokus.
frauZimt schrieb:Vielleicht schlummern auch in uns finstere Seiten.Höchstwahrscheinlich ist das so, sag ich dazu.
Nein, nicht vielleicht, sondern mit äußerster Wahrscheinlichkeit. Auch in dir.
frauZimt schrieb:Aber warum äußerst du diese Gedanken hier und nicht in anderen threads?
Lesen verhütet.
Ich bin seit 2011 hier im Forum - damals noch unter dem Pseudonym "redfern". Unter meinem jetzigen Profil "traces" bin ich mit 2144 Beiträgen vertreten, die bis auf eine Handvoll allesamt unter der Rubrik "Kriminalfälle" zu finden sind. Mein Profil ist nicht versteckt, sondern für jeden offen einsehbar. Ich "beobachte" aktiv um die 50 Threads und das nicht nur aus privatem Interesse. Sicher, im Laufe der Zeit entwickle auch ich mich und mein Wissen weiter, so dass man mir verzeihen möge, wenn sich 2011 noch Moralin in meinen Beiträgen befunden haben sollte. Du bist herzlich eingeladen, zu schmökern. Was das Erklären von Taten bedeuten kann, findest du u.a. (nur mal als Beispiel) im Thread "Würger von Norderstedt".
frauZimt schrieb:In jedem thread geht es um jemanden, der von der Norm abgewichen, auf die wir uns geeinigt haben. Damit hier nicht Mord und Totschlag Normalität sind.
Und erneut eine Voreinstellung deinerseits. Nur, weil ich für meinen Fokus auf irgendeine geartete Form von Norm im alltagsgemäßen Sinne verzichte, heißt das nicht gleichzeitig auch, dass ich Mord oder Totschlag als "normal" im alltagsgebräuchlichen Sinne ansehe. Ich gehe von einer wissenschaftlich, objektiven Form von Norm aus, die einerseits zwar statistische und Verhaltensvergleiche zwischen unterschiedlichen Taten anstellen kann, die aber gleichzeitig vom pauschalen Vergleich von Fällen absieht, weil deren innere Dynamiken individuell und somit kaum vergleichbar sind. Daher gibt es in meinem Sprachgebrauch und Verständnis auch keine Begriffe wie "normal", "unnormal", "richtig", "falsch" oder "heftig" oder "langweilig". Ich kann nachvollziehen, dass Menschen sich gern in ihrer Not und in ihrem Bemühen um ein Verstehen an Normen festklammern - aber dennoch werde ich nicht müde, stets daran zu erinnern, dass dies nur Scheinsicherheiten sind, die nicht unbedingt ein ganzheitliches Verstehen ermöglichen.
frauZimt schrieb:Uns trennt nur eine dünne Zivilisationsschicht vom Tier.
Dazu vielleicht eine beruflich-private Anmerkung:
Die Schicht zwischen uns und Mördern ist weitaus dünner, als die zwischen uns und Tieren.
frauZimt schrieb:Wenn PM tatsächlich "das getan" hat, was wir befürchten, um "seinen Traum" zu retten, können wir das nicht entschuldigen.
Wie ich bereits habe anklingen lassen:
Ich kann mit Begriffen wie "entschuldigen" im Bereich Kriminalistik und Psychologie nichts anfangen. Und auch hier eine private Anmerkung: Für die Erteilung einer Absolution mag Gott zuständig sein, oder die Kirche. Oder Menschen, die sich für Gott halten. Ich sehe das nicht als meine Aufgabe an. Ein Fall muss auf-ge-klärt werden. Da kann man nicht warten, bis der Mob fertigdiskutiert hat, was wo wem wie man zu entschuldigen hat.
frauZimt schrieb:In Brandenburg hat (im letzten Jahr glaube ich), ein Landwirt auf Angestellte des Veterinäramtes geschossen, weil die ihm die Tiere wegnehmen wollten.Dessen Lebenswerk ging doch auch in Trümmern?
Ja richtig, das wird ein Grund dafür gewesen sein, weswegen er geschossen hat. Er hätte auch einfach heulen können, oder sich suizidieren (wie im Übrigen recht viele Landwirte handeln, wenn ihr Lebenswerk in Trümmern liegt) oder er hätte auch beides tun können, wie der Patient letztes Jahr am Klinikum Benjamin-Franklin. Der einen Arzt einfach mit in den Tod nahm, der für dessen Erkrankung jedoch nichts konnte. Er hätte aber auch gar nichts tun müssen, so wie viele, die eine Schockdiagnose erhalten... Alles ist möglich und alle Möglichkeiten dieses Verhaltens finden ihren Ausdruck in der Realität wieder. Daher weiß ich nicht wirklich, worauf du mit deinen Ausführungen über den Landwirt hinaus willst.
frauZimt schrieb:Was sagt man über einen Pädophilen, der ein Kind missbraucht hat?
Keine Ahnung was "man" sagt. Ich weiß nur, was Wissenschaft sagt: Er ist pädophil veranlagt. (Punkt)
frauZimt schrieb:Er sagt aus "Liebe"? Wie weist man nach, dass er das Kind nicht geliebt hat?Das machen wir nicht. Wir erklären ihm, dass er ein Verbrecher ist.
Man weist es nach, indem Liebe in ihrem Verhaltensausdruck ein subjektzentriertes, wohlwollendes, fürsorgliches Verhalten beinhaltet, das keine schädigenden, juristisch-illegalen Handlungen beinhaltet. Durch sein Verhalten schädigt er das Kind i.d.R. physisch, psychisch und emotional. Ergo: Keine "Liebe" - weder in Motivation noch Handeln.
Nein, wir erklären ihm nicht, dass er ein Verbrecher ist, da er i.d.R. selbst weiß, dass er mit seinem Handeln Straftaten begeht. Woher wir wissen, dass er es weiß? Durch seine Verdeckungshandlungen.