frauZimt schrieb:Das finde ich sehr spannend, weil ich damit nicht gerechnet habe.
Warum ist das- deiner Einschätzung nach - in den USA so?
Traut man der Versicherung nicht, alles Material wird anschließend vernichtet?
Wenn du sagst, "ist rechtlich in den USA nicht erlaubt" im Bundesrecht festgelegt.
Gewohnt sind wir doch, dass die Staaten in vielen Fragen ihre eigene Politik machen. Das Waffenrecht ist ein Beispiel und krasse Unterschiede sieht man ja schon bei der Todesstrafe: zugelassen, nicht zugelassen, zugelassen-wird aber nicht angewendet
Warum sind in den USA DNA-Tests zur Verbrechensaufklärung - richterlich angeordnet- und auf freiwilliger Basis - nicht möglich?
Ein Argument, das mir noch einfällt, ist das hier schon angesprochene:
Ein Verweigerer macht sich verdächtig, obwohl er nur sein Recht auf Nichtteilnahme wahrnimmt.
OK, fangen wir mal bei der zweiten Frage an. Ja, die einzelnen Bundesstaaten können strafprozessuales Recht selbst bestimmen, aber über allem steht noch die Bundesverfassung. Ist eine bundesstaatliche Gesetzgebung nicht mit den Rechten dieser vereinbar, ist sie unwirksam. Dazu haben alle Bundesstaaten noch eine eigene Verfassung, die manchmal Bürgerrechte enthalten, die sogar über die in der Bundesverfassung verbrieften hinausgehen.
Und da liegen die Grundlagen für die Problematik. Entscheidend ist aber genau, was Du in Fragen 1 und 3 ansprichst: der durchschnittliche Amerikaner misstraut jeglicher Regierung weit mehr als der durchschnittliche Europäer. Dabei ist es ganz egal, wer die Regierung stellt.
So hat die Polizei in den USA z.B. weitaus weniger Befugnisse als die typische deutsche Polizei, z.B. in Bayern. Der Amerikaner ist in der Regel sehr skeptisch, wenn es darum geht der Polizei weitreichende und unklar begrenzte Rechte einzuräumen. Und die obersten Gerichte, also die Hüter der Verfassung, teilen diese Skepsis sehr oft.
Das heisst nicht immer, dass in den USA die Regeln frei von Widersprüchen sind, Amerikaner sind auch recht emotionale Menschen, die schnell mal eine "harte Regelung" fordern, wenn ein entsprechendes Verbrechen genug Wellen geschlagen hat usw. Aber meistens geht das so aus, dass wenn die Diskussion wieder kühler wird, dann doch eher auf Seiten der Bürgerrechte entschieden wird.
Die Vorstellung, vom Staat als unbescholtener Bürger zu einem so heftigen Eingriff gezwungen zu werden, wie es ein DNA Test ist, lässt vielen Amerikanern die Haare zu Berge stehen. Denn aus gutem Grund misstraut man der Regierung, ob sie einmal gewonnene Informationen wirklich wieder löscht etc. Das kennt man ja auch aus Deutschland, z.B. in der Diskussion der Vorratsdatenspeicherung.
Aus meiner Praxis heraus denke ich daher, haben Massengentests der deutschen Art in den USA keine Zukunft.
Dazu kommt, dass derzeit unter Fachleuten, z.B. Strafverteidigern, die anfängliche Euphorie über die Möglichkeiten der DNA-Analyse etwas einer Ernüchterung weicht. Hat man diese vorher sehr begrüsst, da dadurch schon einige unschuldig verurteilte Menschen frei kamen, mehren sich jetzt die Fälle, in welchen durch Fehler in Laboren usw. unschuldige Menschen auf grund einer DNA-Analyse verurteilt wurden. Man erinnere sich da an den Fall Amanda Knox. Ich selbst gehöre inzwischen zu jenen, die sehr skeptisch geworden sind und in jedem Fall, in dem ich mit DNA konfrontiert werde, die Ergebnisse sehr hinterfrage.
Es gibt dann natürlich auch immer wieder ganz radikale Vorschläge. So forderte vor Kurzem ein Provinzpolitiker, man solle doch in Zukunft bei allen Neugeboren auch gleich ein DNA-Profil feststellen, dann könnte man in Zukunft Vermisste einfacher finden, Leichen identifizieren und eben Verbrecher fangen. Ich vermute allerdings, sein Vorstoss wird nicht viel Gegenliebe finden.
Nicht vergessen darf man bei der Diskussion, dass bei DNA-Tests viel mehr Information zu Tage kommt, als z.B. bei Fingerabdrücken. Es lassen sich z.B. genetische Dispositionen feststellen, z.B. ob jemand eher anfällig für schwere Krankheiten ist usw. Das weckt Gelüste z.B. bei Krankenversicherungen, solche Informationen zu erhalten. Und davor haben viele Amerikaner berechtigter weise Angst.