"Snapchat-Killer" Mordfall Liberty German & Abby Williams

Kaietan schrieb:Allen wurde in seiner U-Haft 13 Monate am Stück in Isolationshaft gehalten. In einer 3,60 x 2,40 m großen Zelle unter Dauerbeleuchtung.

Oha! Ist sowas denn überhaupt erlaubt?!

Das ist wirklich heftig und hat mehr von Folter als von Untersuchungshaft.

Die beschriebenen psychotischen Zustände, das Essen der Akten und Exkremente sind vor diesem Hintergrund nicht mehr sonderlich überraschend.

Mir fehlen die Worte.

Und dann obendrauf auch noch diese Prozessführung, bei der allem Anschein nach potentiell entlastendes, wie die Phantombilder, gleich mal komplett ausgeschlossen werden.

Wirklich gruselig, dass ein solches Verfahren mit einem Tatverdächtigen - Schuld oder Unschuld sei dahingestellt - möglich ist und anscheinend weder in Haft noch vor Gericht eine Kontrollinstanz greift.

Schneewi77chen schrieb:Oha! Ist sowas denn überhaupt erlaubt?!

Habe ich dem Bericht von Andrea Burkhart zum Tag 13 entnommen. Sie ist täglich vor Ort, berichtet z.T. sehr emotional, und nimmt sich auch mal 5 1/2 Stunden Zeit, einen Prozesstag zu erörtern. Ihre Ausführungen sind extrem detailliert, aber natürlich immer aus der Sicht einer Prozessanwätin eingefärbt. Spoiler: Die Richterin und die Staatsanwaltschaft kommen nicht gut weg. Die geschilderten Umstände sind, ehrlich gesagt, erschütternd!

Ab etwa 1:47:15 im angehängten Video. Achtung! Die Beschreibung ist extrem detailliert und dauert:

Delphi Murders - State v. Richard Allen trial - DAY 13 - State's Case in Chief

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Ich finde es gut, dass Du das nochmal direkt verlinkt hast.

Bevor wir zu den weiteren Indizien kommen.

Weil es bemerkenswert ist, dass die Behandlung von Allen jetzt im Prozess so eine große Rolle spielt und so ausführlich eingebracht und verhandelt wird. Und zwar nicht von der Verteidigung ausgehend, sondern vom StA selber.

Und, dass alles noch schlimmer war als man gedacht hat.

Kaietan schrieb:berichtet z.T. sehr emotional,

Ja, am Anfang des Videos ist sie noch sehr rational und verliert dann erst im Verlauf die Fassung.

Am Anfang geht es um die beiden Videos seiner Vernehmungen nach der Reid Methode. Dann um seine Haftbedingungen und Geständnisse.
Ich empfehle auch noch Tag 14 und 15
mit seinem weiteren Verfall und den Geständnissen gegenüber der Gefängnispsychologin Dr. Walla und den Aufnahmen der Geständnisse gegenüber seiner Frau und Mutter.

Wer sich für den Fall interessiert, sollte sich dafür wirklich mal die Zeit nehmen und sich das geben, weil man das hier alles gar nicht wiedergeben kann.

In Kürze aber ergänzend auch von mir hier for the records:

In der ersten Vernehmung ist er noch ein ganz normaler und selbstbewusster Mann.
Er unterhält sich angeregt und denkt es geht um eine Zeugenvernehmung. Er gibt ausführlich Auskunft auch zu den persönlichen Fragen über sein Leben und erzählt lebhaft. Und merkt erst nach und nach, dass er verdächtigt wird. Als Mullin und Liggett in einigen Pausen den Raum verlassen, in dem er aber gefilmt wird, wirkt er trotzdem noch ganz entspannt. Er guckt sich gelangweilt im Zimmer um, lässt den Kopf hängen und gähnt. Er ist nur erschöpft, sein Gesichtsausdruck und seine Augen zeigen keine Anzeichen von Anspannung, Nervosität oder Angst.

Als die Vernehmung immer insistierender und, auch für die Anwesenden im Gerichtssaal, immer quälender wird, ist er in einer späteren Pause schon beunruhigter und aufgebrachter und schüttelt immer wieder den Kopf. Da ihm in dieser Vernehmung seine Rechte anfangs mitgeteilt wurden, bricht er sie nach Stunden irgendwann selber entnervt und empört ab und sagt zu Mullin: You're an Asshole. Mehrere Zuschauer und ein Juror lächelten.

In der zweiten durch Holeman, die dann schon wesentlich dramatischer ist und in der Holeman immer wieder behauptet, dass sie eindeutige und wissenschaftliche Beweise gegen ihn haben und seine aufgebrachte und verstörte Frau hinzu geholt wird, wiederholt er immer wieder: Ich kann nichts erklären und gestehen, was ich nicht getan habe.

Kaietan schrieb:Der Verantwortliche des Gefängnisses erläuterte, dass gefangene typischerweise für einen Tag in Isolationshaft genommen werden, maximal für eine Woche. Er hat noch nie gehört, dass jemand in U-Haft in Isolationshaft genommen wurde. Typischerweise kommt auch niemand für die U-Haft in diese "Maximal Security" Haftanstalt für Schwerstkriminelle.

Dass der Gefängnisdirektor selber diese Aussagen macht, ist schon erstaunlich und wiegt wohl besonders schwer.

Dann wurden seine Telefonate und Geständnisse alle abgespielt, als Beweismaterial.

Seine ersten Aussagen in den Telefonaten mit seinen Eltern im ersten Monat im Hochsicherheitsgefängnis, also in der Isolationszelle tief, tief im Gebäude, waren: I feel like I'm in Guantanamo. I get mentally abused.

Seine ersten Geständnisse sind schockierend.
Er sagt immer und immer wieder mechanisch und
gleichlautend: Ich möchte gestehen, dass ich Abby und Libby getötet habe.

Zu seiner Frau sagt er immer wieder:
I think I'm losing my mind.
I think I did it. I think I killed Abby and Libby.
Do you still love me?
Sie sagt immer wieder: No you didn't. They're messing with your mind.

Es war ja in den Medien auch immer ein Satz bekannt und durchgestochen worden, den er zu ihr sagte. Der stammte von einem "Telefon Wärter", der für das Abhören und Aufzeichnen seiner Telefonate zuständig war und als Zeuge aussagte. Er sagte, er weiß den genauen Wortlaut nicht mehr, aber es war sinngemäß:

If this becomes too much for you I talk to the police and tell them everything.

Und dann wurde diese Aufnahme vorgespielt. Tatsächlich sagte er:

If this gets to a point where its too much for you. Tell them I tell them whatever they want me to say. I'll just say it.

Genauso wie bei diesem Satz, der auch schon bekannt war und verdreht wurde:

I killed Abby and Libby.
Do you still love me?

Und dem Satz nach der Hausdurchsuchung, der auch als verdächtig und Geständnis dargestellt wurde, ist das auch eine Verdrehung seiner eigentlichen Aussage

Da war der Satz: It doesn' t matter. It's over

Dabei hat er mehrmals in Variationen gesagt:

Es ist vorbei. Ich habe kooperiert. Ich habe Euch mein Handy gegeben. Aber Ihr Guys denkt, dass ich es getan habe. Darum bin ich erledigt.

Die Verhandlungstage über seine Geständnisse haben darum bei der Jury mit großer Wahrscheinlichkeit das Gegenteil bewirkt.

Das alles war wie aus einem schlechten Film,
und eher wie ein wahrer Horrorfilm.
Und es zeichnet sich wohl eher ab, dass aus diesem Fall jetzt schlussendlich wirklich ein Justizskandal wird.

Helen559 schrieb:Die Verhandlungstage über seine Geständnisse haben darum bei der Jury mit großer Wahrscheinlichkeit das Gegenteil bewirkt.

Da stellt sich doch die Frage, wieso die Staatsanwaltschaft so handelt. Ist ihr bewusst, dass die Indizien bezüglich der Patrone so schwach sind und sieht sie in den Geständnissen ihre einzige Chance eine Verurteilung zu erreichen und geht daher das Risiko ein, diese unabhängig von den Umständen der Entstehung einzubringen. Oder glaubt sie tatsächlich, dass die Umstände der Entstehung der Geständnisse gar nicht so schlimm sind.

@simie
Ja, mit diesen beiden Aspekten interpretiert es Andrea Burkhart. Ich hatte noch gedacht, dass es vielleicht sogar vorgeschrieben ist, alles, was Allen in dem Fall betrifft, im Prozess einzubringen,
wenn es nicht ausgeschlossen wird. Weil eben auch die Vernehmungen gezeigt wurden, in denen er ja überhaupt nicht geständig war und die im krassen Widerspruch zu den Geständnissen stehen. (Obwohl die Methode eben mit vielen psychologischen Tricks versehen ist und dafür konzipiert ist, dass Menschen gestehen. Und eben auch falsche Geständnisse machen, weil sie dem Druck nicht standhalten.)

Oder wenn etwas wie die Geständnisse als Beweismittel eingebracht wird, dann eben nicht nur diese herausgepickt werden, sondern seine Telefonate und Aussagen in dieser Zeit insgesamt beleuchtet werden.

Dagegen spricht aber, dass Rozzi genau diese "Rule of completeness" anmahnte und Einspruch erhob, dass Passagen und Telefonate, in denen Allen sagte, dass er unschuldig ist, eben nicht vorgespielt wurden. Auch wenn er das in zwei Sätzen davor oder im Telefonat direkt davor oder danach gesagt hatte. Denn er war in dieser Zeit ja auch total konfus und verwirrt. Das nennt man im Englischen ja "cherry picking", wenn man sich nur herauspickt, was in die eigene Theorie passt und alles andere ignoriert.

Aber ich denke mal, dass diese bekannten Sätze dann auch belegt werden mussten. Dumm nur, dass man die so zurechtgebogen hatte. Das ist schon extrem dämlich.

Helen559 schrieb:Dagegen spricht aber, dass Rozzi genau diese "Rule of completeness" anmahnte .

Das spricht andererseits aber ja eben doch dafür, dass das alles beides eigentlich doch
vorgeschrieben ist.

Das Problem ist, dass Judge Gull diesen Einspruch wie (fast) immer ablehnte.
Und das war neben den vielen Eindrücken von Allens Behandlung von der Polizei und im Gefängnis ein weiterer Grund, warum Andrea Burkhart die Fassung verlor und sich immer mehr aufregte. Nicht nur, wie auch die Verteidigung von ihr behandelt wird, sondern dass die Richterin auch immer wieder das Recht bricht und alle Regeln komplett mißachtet.

Sie meint, dass sie eine Richterin ist, die das Recht überhauptet nicht achtet. Und auf die verschiedenen Aspekte bezogen "I'm horrorfied".
Erklären kann das alles aber im Moment wohl niemand. Außer vielleicht damit, dass es sich hier um die Provinz handelt. Die Anwendung der Reid Methode und das voreingenommene und in ihren Augen autokratische Gebahren der Richterin wären in Washington DC ihr zufolge heutzutage nicht mehr möglich.

Und wie ich sie verstanden habe, hat sie darum, und weil die Richterin auch ihren Antrag auf Veröffentlichung der Audioaufnahmen inzwischen abgelehnt hat, weitere Schritte eingeleitet und einen Antrag beim Supreme Court eingereicht. Was der genau beinhaltet, habe ich aber noch nicht verstanden.

Ich habe aus Neugier die Kommentare unter dem Video von Andrea B. gelesen.
Fast alle sind von Rick A. Unschuld überzeugt. Zuerst dachte ich, dass er es war, aber mittlerweile bin ich unsicher.

Schade, dass keine Kamerateams erlaubt wurden. Wer weiss, vllt genau aus den Gründen, die nun bekannt werden.

Das ein Mensch in U-Haft unter solchen Bedingungen festgehalten wird, ist unmenschlich.

Washington, weil sie da praktiziert. Das gilt wohl zwar tendentiell auch für andere Großstädte, aber andererseits wäre ich mir zumindest bei den Verhörtechniken in manchen Gegenden von New York und LA nicht so sicher. Aber letztendlich kann ich das nicht, sondern wohl @Rick_Blaine besser beurteilen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch nochmal sagen, dass es in Demokratien mit rechtsstaatlichen Prinzipien zum Glück erlaubt ist, auch Richter, Staatsanwälte, Polizei und Beamte zu kritisieren. Ja, die Öffentlichkeit sogar explizit dazu aufgerufen ist, Gerichtsprozesse kritisch zu begleiten. Genau darum sind diese öffentlich. Darin besteht die Funktion.

Beamte sollen also nicht als obrigkeitsstaatliche Autoritäten und Würdenträger, sondern als fehlbare Menschen und Funktionsträger betrachtet werden, die Recht anwenden und umsetzen. Im Idealfall. Bestehen da Zweifel, muss es auch hier im Forum erlaubt sein, das auszusprechen. Und darüber darf dann gestritten werden. Das ist in Demokratien selbstverständlich.

No Cameras ? - No Wonder !

Ja diese Ermittlungsarbeit und die Behandlung von Richard Allen als Unschuldiger ist ein einziger Skandal.

Übrigens von dem Hauptermittler war es der allererste Mordfall den er bearbeitet hat. Das war eine Jury-Frage die gestern gestellt wurde. Und dann lässst man noch das FBI ziehen.

Außerdem der weisse Van wird wohl von einem FBI-Agenten vermutlich entkräftet werden. Der hatte damals den Bericht vermutlich darüber geschrieben, dass Brad Weber 4 Tage nach den Morden gesagt haben soll, dass er am 13.02.17 nicht direkt nach Hause gefahren ist, sondern noch an ATM-Maschinen gearbeitet haben soll. Somit wird vermutlich angebliches Täterwissen widerlegt werden können.

Richard Allen kann diesen weißen Van vermutlich nicht gesehen haben, der in seinem Geständnis vorkommt.

Helen559 schrieb:Und darüber darf dann gestritten werden. Das ist in Demokratien selbstverständlich.

Und genauso wird es auch in den amerikanischen Foren und Medien wie Court TV praktiziert. Kritik an Richtern und auch Justizvollzugsbeamten wie Gefängniswärtern ist dort nicht nur in diesem Fall erlaubt, sondern sowieso das tägliche Brot.

Thl40 schrieb:Ja diese Ermittlungsarbeit und die Behandlung von Richard Allen als Unschuldiger ist ein einziger Skandal.

Ob er unschuldig oder schuldig ist, müssen jetzt die Indizien im Prozess erweisen und möchte ich mit seiner Behandlung nicht verquicken. Aber es stimmt, er gilt so lange als unschuldig, bis seine Schuld erwiesen ist. Und dass diese Haftbedingungen seinem eigenen Schutz dienten und er gegenüber den verurteilten Schwerkriminellen Privilegien genoss, erscheint nicht plausibel.

Und angenommen er ist schuldig, ist es auch nicht erlaubt, jemanden unter Anwendung von solcher Gewalt dazu zu bringen, zu gestehen. Da das jetzt alles vom StA selber offenbart wurde, ist es auch keine Täter Opfer Umkehr, die seine Verteidigung betreibt.

Da ich in México im Urlaub bin, bekomme ich nur am Rande mit, was so abgeht. Aber was ich sehe und höre ist genug, um es schlimm zu finden. Ich bin gerne in den USA Rechtsanwalt und stehe zu dem Rechtsystem. Wie überall aber gibt es auch hier Fälle, da stehen einem die Haare zu Berge. Vor allem diese grauslige Richterin... Ich hatte auch in Deutschland einen Richter als Lieblingsfeind, der m.E. überzeugt war, er allein bestimme, was Recht ist. Er hat grosse Karriere gemacht, was ich von dieser Richterin nicht glaube :) Jedenfalls kommt es auf die Verteidiger und vor allem die Jury an, die hoffentlich gesunden Menschenverstand hat. Ob Allen unschuldig ist? Keine Ahnung, aber juristisch bin ich nach der Beweisführung der Anklage absolut nicht überzeugt und das heisst nach den Regeln, es muss Freigesprochen werden. In den Worten des grossen Johnny Cochran: "If it doesn't fit, you must acquit!" (Wenn es nicht passt, muss man freisprechen!)

So sehr ich die Darstellung von Andrea B. schätze, verfolge ich jetzt aber auch ein wenig Lawyer Lee für einen Abgleich und Vergleich. Da die etwas neutraler wirkt und deren Videos auch nicht ganz so lang und extrem detailliert sind.
Aber tatsächlich sind die Infos und Wahrnehmung aber auch bei ihr sehr gleich und übereinstimmend.

Obwohl das wohl nicht überall der Fall zu sein scheint, wenn man sich die Diskussionen und Kommentare bei reddit anguckt. Ich schätze mal, besonders beim Murder Sheet Podcast wird der Prozess ganz anders bewertet. Da möchte ich aber nicht mehr reinhören. Aber auf jeden Fall bleibt der Fall polarisiert. Und man hat den Eindruck, es handelt sich um zwei verschiedene Prozesse.

Die Verteidigung startete am Freitag mit zwei Zeugen zu den letzten beiden Verhandlungspunkten der Anklage im Zusammenhang mit Allens Geständnissen.

Ihr erster Zeuge am Freitag war ein Police Officer, der fünf Tage nach den Morden an der Zeugenbefragung von dem Anwohner bei der Brücke mit dem weißen Van beteiligt war. Laut einem FBI report seiner damaligen Zeugenaussage war er eben gar nicht wie er am Donnerstag aussagte direkt von der Arbeit nach Hause gefahren. Aber der Polizist ließ die Verteidigung auflaufen. Er sagte er auf die Frage, ob er sich an diese Aussage erinnern könne: Nein, er könne sich nicht erinnern, dass Herr Weber das damals gesagt habe. Und das wars. Seine Erinnerung liess sich auch nicht mit dem report von damals auffrischen.

Danach kam die eigentliche Verantwortliche und Supervisorin im Westville Gefängnis für die psychologische und psychiatrische Betreuung der Inhaftierten. Seine Therapeutin Dr. Walla war eigentlich bei einem Subunternehmen angestellt.
Und diese war in ihren Aussagen in der Frage, ob Allen seine Psychosen simuliert haben könnte, etwas offen geblieben.

Die Leiterin sagte nun, dass man Simulanten aus professioneller Sicht eigentlich unterscheiden kann, weil deren Darstellung fast niemals so kohärent ist, wie sich ein bestimmtes Krankheitsbild darstellt. Ihnen fehlt meist das Wissen, um dieses widerspruchsfrei und zusammenhängend zu simulieren. Meistens gibt es Widersprüche in ihrem Verhalten, die einem Psychologen oder Psychiater auffallen.

Auch wenn sie ihn nie persönlich getroffen hat (?, bin mir nicht ganz sicher), bei Allen gab es eigentlich keinen Zweifel, dass er sich ab April in einer tiefen, akuten Psychose befand. Alle Elemente waren sehr typisch und kohärent. Etwa Paranoia, religiöser Wahn und vieles mehr. Und es war auch allen klar, dass die mit seiner langen Isolationshaft zusammenhing. Da es für die eigentlich die Obergrenze von 30 Tagen gibt und der psychische Zustand auch genau beibachtet werden muss, habe sie den Verantwortlichen auch mitgeteilt, dass eine Überschreitung ernste psychische Folgen haben kann. Genauso, dass er durch den Suicide Wach rund um die Uhr gefilmt und beobachtet wurde und keinerlei Privatsphäre hatte.

Aber er wurde in der Isolationshaft belassen. Auch wäre er eigentlich von vornherein ein Kandidat für eine spezielle Abteilung mit psychiatrischer Betreuung gewesen, weil er schon vor der Haft unter Depressionen litt und ein U Häftling war. Eine solche Abteilung gab es in diesem Gefängnis aber nicht. Das zweite Gefängnis, in das er dann verlegt wurde, hatte eine solche Abteilung. In die kam er aber nicht, sondern auch da wieder in Isolationshaft.

Am Samstag wurde Douglas Carter über den Abbruch der Zusammenarbeit und Unterstützung durch das FBI befragt. Und er sagte, das sei seine Entscheidung gewesen. Er erklärte aber glaube ich nicht warum. Es war eine kurze Zeugenaussage. Es ist nur bekannt, dass es ein großes Zerwürfnis gab. Und dass das FBI auch die neuere Methode zur DNA Analyse am Haarschaft nutzen wollte, um die am Tatort gefundenen Haare zu analysieren.

Danach hat die Verteidigung der Jury die Videos von Allens Zellenkamera vom Suicide Watch vorgespielt, um seine Unterbringung und Verhalten zu dokumentieren. Die übrigen Zuschauer konnten sie nicht sehen. Das hat den Juroren viel abverlangt. Nachdem sie sich anfangs sehr interessiert gezeigt haben, waren ihre Mimik und Gestik nach kurzer Zeit sehr extrem. Nur das konnten die Zuschauer beobachten.

Tja, es ist alles sehr unschön. Ich dachte auch, dass es mehr um die Aufklärung des Falls und die Indizien geht. Und das wird es wohl auch noch. Sind ja noch vier Wochen. Und im Moment möchte die Verteidigung natürlich die letzten beiden Indizien der Anklage entkräften.

Helen559 schrieb:Es ist nur bekannt, dass es ein großes Zerwürfnis gab. Und dass das FBI auch die neuere Methode zur DNA Analyse am Haarschaft nutzen wollte, um die am Tatort gefundenen Haare zu analysieren.

Diese (die letztere) Info kam in der Samstag Folge von Lawyer Lee.

Helen559 schrieb:So sehr ich die Darstellung von Andrea B. schätze, verfolge ich jetzt aber auch ein wenig Lawyer Lee für einen Abgleich und Vergleich. Da die etwas neutraler wirkt und deren Videos auch nicht ganz so lang und extrem detailliert sind.

Und dann gibt es ja auch noch die Defense Diaries des Strafverteidigers Bob Motta, der auch bei Court TV öfter in Erscheinung tritt, so auch in der letzten hier verlinkten Sendung, und in diesem Fall auch sehr engagiert und involviert ist, und seiner Frau Ali Motta, auch Strafverteidigerin.

Um hier noch ein paar mehr Youtube Kanäle zu nennen als nur den von Andrea B. Allerdings ist Motta auch keineswegs neutral, sondern ein großer Unterstützer der Verteidigung. Was mich zwar überhaupt nicht stört, im Gegenteil. Aber seinen Podcast finde ich irgendwie ein klein wenig schnarchig. Wenn auch sympathisch.
Darum verlinke ich die letzte Folge mal. Weil er hier neines Wissens noch nicht genannt wurde.

https://www.youtube.com/live/CcWAlnCST6M?feature=shared

Und wenn man die Darstellung der Fakten und Informationen mal abgleichen und sichergehen will, dass man sich nicht in einer Meinungs- und Darstellungsblase befindet, finde ich die Lawyer Lee jetzt auch noch ganz gut. Ihre Darstellung und ihr Ton sind etwas neutraler. Und ihr Fokus liegt darauf, die Vorgänge einfach und verständlich zu erklären. Tatsächlich tendiert sie aber auch deutlich zur Verteidigungsseite, möchte ich mal behaupten.

Die Youtuber füllen mit ihrem "Deep Dive into Murder Cases" schon eine Lücke, weil die Prozessberichterstattung der Medien sehr knapp und oberflächlich ist. Und das letztendlich auch bei Court TV, auch wenn die schon ein kleines bißchen ausführlicher und diesem Fall inzwischen auch sehr gut drin sind. Und in der Auswahl der Gäste mit den verschiedenen Meinungen von Anfang an sehr ausgewogen waren. Das muss man schon sagen.

Die Fraktion vom Murder Sheet und Prosecutor Podcast sowie Gary Baudette alias Fig Solve habe ich dort aber noch nicht als Gäste gesehen. Und das ist wohl auch gut so.

Meine Güte, ich habe ein paar wichtige Zeugen der Verteidigung vergessen. Es handelt sich um bisher unbekannte Zeugen, die alle am Tag der Tat auf und um den Trail unterwegs waren und verschiedene Beobachtungen machten.

Ein älterer Mann, der dort zweimal beruflich mit dem Auto vorbeifuhr, ein Trail Manager und ein Feuerwehrmann, wenn ich keinen vergessen habe. Vielleicht können wir die morgen nochmal nachtragen. Es kann auch gerne jemand anderes machen. Ich wollte auch gar nicht über Zeitungsmeldungen meckern. Die haben wiederum den Vorteil, dass sie nur die wichtigsten Infos bringen. Bei Andrea B. muss man die aus einem fünfstündigen Redeschwall herausfiltern.

Die Ermittlungbehörde hat zugegeben, Unterlagen und Mitschriften von Interviews von Zeugen zwischen dem 14. Februar 2017 (Start der Ermittlungen) und 21.3.2017 verloren zu haben. Es gibt keine Übersichtslisten über die Zeugen, daher ist auch unklar, was fehlt. Es ist sogar unklar, ob es weitere Zeugen gab, die angaben, in der fraglichen Zeit vor Ort gewesen zu sein - so wie Richard Allens Aussage sind die offenbar in irgendwelchen Ablagesystemen verschollen gegangen. Zeugen wurden dann Wochen später zum Teil neu interviewt, aber nicht alle. Zusätzlich gab es offenbar Probleme mit aufgenommenen Videos von Zeugenaussagen, die sind zwischenzeitlich verloren gegangen, konnten aber offenbar teilweise von einem digitalen Speicher wiederhergestellt werden. Jedoch z.T. ohne Ton.

Ohne Worte...

Quelle (bei etwa 1:01:15):

Defense Faces Tough Witnesses on First Day - Lawyer LIVE

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Zu den 3 neuen Zeugen auf dem Trail.
Und ich hatte zudem auch zwei weitere Zeugen übersehen, weil ich einfach noch nicht das ganze Video gesehen hatte. Dass es am ersten Tag der Verteidigung "nur" um die Geständnisse von Allen und noch nicht um die Indizien ging, war also völlig falsch.

Und ich habe auch einen schönen Artikel gefunden, der das Wichtigste zusammenfasst.

https://www.indystar.com/story/news/crime/2024/11/01/richard-allen-trial-delphi-murders-november-1-2024-live-updates-carroll-county-indiana/75810914007/

Jurors heard from three other witnesses Friday afternoon.

Dem ersten Zeugen war am 13. Februar
am Straßenrand am Traileingang ein geparktes Auto aufgefallen, das von morgens bis mittags dort stand. Er fuhr zweimal beruflich dort vorbei. Normalerweise parken die Leute auf dem Parkplatz beim CPS Gebäude, was auch Allen an dem Tag getan hatte.

One of whom is a Bradley Heath who reported seeing a vehicle near the old Child Protective Services building on County Road West 300 North, from 8:45 a.m. to around 1:45 p.m. on Feb. 13, 2017. The vehicle, Health said, was "maybe dark blue," was an older model and reminded him of a car he saw in a Tommy Lee Jones movie. It "looked out of place" in the area, Heath said.

During a brief cross-examination by Stacey Diener, Heath said the car was not parked in the CPS parking lot. Police have alleged in a probable cause affidavit that Allen parked his 2016 Ford Focus at the old CPS building before he went to the trail.

Auch die StA hat jetzt eine neue Frau im Team neben McLeland.

Der zweite Zeuge ist ein Mann, der ab ca. um 14:30 auf der Brücke war und dort fotografiert hat. Er blieb bis 16 und hielt sich in dem kleinen Areal neben und unter der Brücke am Creek auf. Also zum Tatzeitpunkt. Ihm ist nichts aufgefallen und er hat nichts gehört.

Es war Winter und sehr übersichtlich, da die Bäume und Büsche kahl waren. Und es ist dort auch sehr still und hellhörig. Man hört dort jedes Geräusch. Auch ist er dort mit allem sehr vertraut, da er an der Pflege und Gestaltung des Trails mitwirkt hat.

Auf dem Rückweg kamen auf dem Parkplatz gerade die ersten Sucher an und riefen ihm noch zu: Hast Du zwei Mädchen gesehen. Und er antwortete, Nein ich habe keine gesehen.

David McCain, who frequents the Monon High Bridge trail, testified he was there between 2-4 p.m. on Feb. 13, 2017, and walked on the high bridge to take photos. When he went to his car at the Mears Entrance along County Road West 300 North, he said he was surprised to see several cars there. "Somebody shouted to me, 'Have you seen two girls?'" McCain, 79, said, adding that he shouted "No," to the man who asked.

Danach wurde er auch als Zeuge befragt und hat seine Kamera Speicherkarte der Polizei auf deren Wunsch übergeben. Die interessierte sich vor allem für ein Foto von der Straße vom Traileingang, auf dem ein Auto zu sehen war. Das ist aber noch nicht ganz klar geworden. Man sagte ihm, er würde die Karte zurückbekommen, was aber nie geschah.

Der Dritte ist der Chef der freiwilligen Feuerwehr von Delphi, der mit seinen Männern ab 21:30 an der Suche nach den Mädchen beteiligt war.

Darrell Sterrett, who was fire chief of Delphi's volunteer fire department, said he and his crew arrived at the trail around 9:30 p.m. on Feb. 13, 2017, to help find Abby and Libby.

Er sagte, sie leuchteten mit den Taschenlampen und suchten hauptsächlich am Creek. Sie sahen keine Kleidung im Fluss schwimmen.
Die Frage von Baldwin, ob der Suchtrupp auch auf der anderen Seite des Creeks Taschenlampen von anderen Suchenden sah, blieb aber leider ein bißchen ungeklärt. Auch modifizierte der Zeuge seine frühere Aussage, wo genau sie überall suchten. In einem früheren Bericht hatte er gesagt, östlich der Brücke, Freitag sagte er mehr süd- westlich. Auch gab er jetzt an, dass sie eilig und nicht sehr genau suchten.

Sterrett, 57, testified that he ordered a "hasty search" of the area south of the bridge. "I wanted boots on the ground ... It was February ... My thought was they were hunkered down, cold and scared, didn't know where they were and were waiting for us to find them," Sterrett said.

Mit den beiden letzten Zeugen warf Baldwin die erste zentrale Frage, ob die Version der StA stimmt, dass Allen die Mädchen unterhalb der Brücke durch den Creek trieb und auf der anderen Seite ermordete, wo sie dann erst am nächsten Mittag gefunden wurden.

Die beiden nächsten Zeugen waren
dann Steve Mullin, der damalige Polizeichef von Delphi, der am ersten Verhör von Allen beteiligt war und den dieser am Ende Arschloch nannte. Der zweite Zeuge war der damalige Sheriff von Carrol County Tobe Leazenby.
Und ihre Befragung war der viel größere Part an diesem Tag. Der Artikel führt aus, dass Baldwin die beiden zwei Stunden lang grillte.

Friday ended with testimonies from two top local law enforcement officials at the time of the killings, Mullin and Leazenby, who were on the stand for two contentious hours of questioning.

The day, though, hurled toward a more dramatic end after two witnesses faced hostile questioning from the defense.
Defense attorney Andrew Baldwin spent two hours grilling former Delphi Police Chief Steve Mullin and former Carroll County Sheriff Tobe Leazenby

Denn hier warf Baldwin die zweite zentrale
Frage auf. Zuerst kam Mullin dran, dann Leazenby. Hier aber nur das Wichtigste in Kürze.

Baldwin wasted no time interrogating Mullin, who now works as an investigator for the Carroll County prosecutor's office,

Er fragte ihn, ob er schon immer an einen Einzeltäter geglaubt habe. Und wie lange er schon an einen Einzeltäter glaube.
Der sagte: Erst seit der Festnahme von Richard Allen.
Und davor?
Er antwortete ausweichend, es spiele keine Rolle was er glaubte.

He asked whether Mullin always believed that only one person was involved in killing Abby and Libby. And he asked why Allen was the lead suspect if there were no tips reported about him, only a form showing that Allen reported himself as being on the Monon High Bridge trail the day of Feb. 13, 2017.

"How long have you believed that only one person was involved in the murder of Abby and Libby?" Baldwin asked Mullin.
"Since the arrest of Richard Allen," Mullin replied.
"Before that, did you believe there were more?" Baldwin said.
"It doesn't really matter what I believed," Mullin responded.

Leazenby wurde hingegen etwas deutlicher. Baldwin wies ihn darauf hin, dass er noch im August 2023, 10 Monate nach der Verhaftung von Richard Allen gemeinsam mit dem neuen Sheriff Tony Liggett die Annahme geäußert hat, dass mindestens zwei Personen an den Morden beteiligt waren.

Auf die Frage, was ihn zu der Annahme brachte, antwortete Leazenby: Die Annahme basierte auf der Gesamtheit der Informationen der Ermittler.

Erst als die Polizei Allen vehaftete und Beweise gegen R. Allen hatte, änderte er seine Meinung.

Baldwin brought up an August 2023 deposition, 10 months after Allen was arrested, in which Leazenby said that he and fellow Carroll County officer Tony Liggett had believed in 2017 that at least two people were involved in the killings.

Under direct examination Friday, Leazenby said that belief was "based upon the totality of the information provided to investigators" at that time.

As new evidence became available and police arrested Allen, his belief changed.

Schließlich befragte er Mullin auch noch ausgiebig zu den größten Fehlern bei den Ermittlungen, bei denen unzählige reports, Videoaufzeichnungen und Dokumente verloren gingen. Und aus diesem Grund auch der Verteidigung nicht zur Verfügung stehen. Und es steht dabei ganz offensichtlich die Frage im Raum, ob so viele Pleiten und Pannen überhaupt möglich sind und wem sie nützen.