sallomaeander schrieb:Durch bewusst abweichende Darstellungen kann man den Neuheitsgehalt einer Meldung leichter filtern; ob das Gesagte der Filmdarstellung oder der eigenen Erinnerung entlehnt ist.
Ich frage mich dabei aber regelmäßig, was die Macher von XY damit erreichen wollen. Der Fall liegt fast 40 Jahre zurück. Eine Intention kann natürlich sein, einen damaligen Zeugen anzusprechen, der irgendeine Beobachtung gemacht hat, die er bisher aber nicht mit dem Fall in Verbindung gebracht hat, weshalb er sich bis jetzt nicht bei der Polizei gemeldet hat. Also z.B. jemanden, der einen Mann mit verschmutzter Kleidung in der Nähe des Tatortes oder im Zug gesehen hat. Solche Menschen kann man aber doch nur mit einer möglichst realitätsnahen Darstellung erreichen. Jemandem, der z.B. besagten Mann mit verschmutzer kurzärmeligem Hemd und einer fleckigen leichten Sommerhose im Zug nach XY gesehen hat, aber nicht erkannt hat, dass das neben Dreck aus dem Rohr auch Blut gewesen ist, wird diese Begegnung meiner Meinung nach sehr wahrscheinlich nach nicht wieder einfallen, wenn er einen Fall sieht, der im Winter gedreht wurde und wo der Täter einen Wintermantel, einen Schal und Handschuhe trägt.
Diese Intention wird zumindest bei den allermeisten Filmbeiträgen behauptet.
Die zweite mögliche und bekannte (also von den XY-Machern und der Polizei zugegebene) Intention kann es sein, einen Ermittlungsdruck und/oder moralischen Druck auf den Täter und/oder Mitwisser auszuüben, in dem man ihm/ihnen die Tat in Erinnerung ruft, das Schicksal und das Leid des Opfers und seiner Angehörigen darstellt und direkt an sein Gewissen appelliert. Oder in dem man darstellt, dass es neue Spuren gibt und man nur noch einen DNA-Abgleich von einer Verhaftung entfernt ist.
Für diese Darstellung ist eine realitätsnahe Darstellung sicher weniger wichtig, denn der Film richtet sich ja gar nicht an die große Masse der Zuschauer, die eh keinen persönlichen Bezug zu dem Fall haben, sondern eben nur an einen ganz bestimmten, kleinen Personenkreis, der eh Details zur Tat kennt.
Ob es dafür aber egal ist, wie realistisch die Gesamtsituation dargestellt wird, wage ich zu bezweifeln. Wenn ich jemanden mit der Tat, die er vor so langer Zeit begangen hat, konfrontieren und an sein Gewissen appellieren will, wäre es sicher auch mehr als hilfreich, das Geschehen möglichst realistisch nachzustellen. Einfach, weil er sich ansonsten wahrscheinlich viel weniger mit dem Dargestellten identifiziert und er eben kein DejaVu hat.
Realistisch gesehen kann im Fall Gabriele Schmidt doch eigentlich nur die 2. Intention der Anlass für die Ausstrahlung sein. In der Region wurde der Fall, wie
@JamesRockford immer mal wieder in der Presse und im Fernsehen angesprochen. Klar kann es auch regionsfremde Zeugen geben (z.B. damalige Touristen), die bisher gar nichts von der Tat erfahren haben. Aber insgesamt ist die Chance, neue Zeugen zu finden, nach so langer Zeit doch eher gering.