Slaterator schrieb:Anhand der bekannten Fakten sehe ich derzeit keine Anhaltspunkte, an denen man täterseitig einen Berufsabschluss/Studium festmachen könnte.
Die Erfahrung sagt mir, dass die meisten Menschen aus dem Ostblock (vor dem Zusammenbruch) einen Berufsabschluss hatten. Ich gehe noch immer davon aus, dass der Täter ein Landsmann von Gabriela Nagorny ist. Vielleicht findet sich in den Akten bei der Aussage des Klaus Ullmann ein Hinweis, ob der Täter mit Gabriela in Deutsch mit Dialekt oder gar in ihrer Muttersprache gesprochen hat.
Es gibt viele Einwanderer, die einen Beruf haben, der in Deutschland nicht anerkannt wird. Es bleibt ihnen aber die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Da ist möglich, eine Gaststätte, ein Geschäft, Taxifahren, usw., hier fragt keiner nach einem Abschluss.
Slaterator schrieb:Interessant ist hingegen, dass er ein Messer mit Doppelklinge verwendete. Diese auch als Wurf- oder Stiefelmessser bekannten Waffe ist nicht in jedem Haushalt vorhanden. Sie wird eher bewusst angeschafft und -nicht wie ein Taschenmesser- aufgrund der Beschaffenheit/Verwendungszweck auch bewusst für einen Zweck mitgeführt. Von daher könnte man schon rein spekulativ darauf schließen, dass der Täter zumindest davon ausging, sich möglicherweise einmal sich selbst verteidigen oder selbst angreifen zu müssen.
In einem Fall schrieb A.Horn: „Er hatte außerdem ein feststehendes Messer mitgeführt, … , und dies ließ uns annehmen, dass bereits eine latente Tatbereitschaft vorlag.“ Er hat das Messer mitgenommen, er hat es eingesetzt.
Slaterator schrieb:Könntest Du mir vlt. kurz erläutern, welche Art von "Goldgräberstimmung" Du andeutest? Ich weiß offengestanden nicht genau, was Du damit meinst.
Nach dem Zusammenbruch des Ostens boomte die Wirtschaft in Deutschland wie verrückt und auch die Schattenwirtschaft wollte mitverdienen. Es floss nicht nur in der Bauwirtschaft Schwarzgeld, das ausgegeben werden wollte. Die Männer wollten dicke Autos und junge Frauen, letzteres kann die Schattenwirtschaft, nebst Drogen, gern beschaffen. Obwohl, die Drogen sind eher für andere.
Die bürgerliche Fassade unseres Täters kann z.B. ein Geschäft, ein Handel oder Gaststätte sein, die nicht so gut, wie erhofft, lief. Die Schattenseite kann die Beschaffung von Frauen und Drogen sein. Da die Schattenwirtschaft nun irgendwohin muss, erfindet man Scheinfirmen (die eigentlich mit nichts handeln) oder man legt das Geld in Immobilien an. Solche Bruchbuden sind nicht teuer, aber man kann sie nicht gut vermieten, also macht man daraus Modellwohnungen und lässt die Mädchen anschaffen und kassiert „Miete“. Als Scheinfirma bietet sich hier eine Immobilienfirma an, die kaum Immobilien kauft oder anbietet, sondern einfach nur da ist. Für ihn.
Bei z.B. einem Gastronomiebetrieb werden immer Leute benötigt, so dass man sich Küchen- und Servierkräfte aus der Heimat kommen lassen kann. Legal und unauffällig. Selten reicht das Geld aber zum Leben, so dass auch hier mancher in den Graubereich der Wirtschaft abgleitet. Außerdem ist es Knochenarbeit, die mancher nur mit Drogen erträgt.
Stell dir vor, du bekommst als junge Frau aus Osteuropa, einen Gastrojob und eine kleine Wohnung bei einem Landsmann angeboten. Prima. Es stellt sich heraus, dass die Gaststätte schlecht läuft und du deine Miete nicht bei ihm zahlen kannst. Du hast Schulden und suchst nach Arbeit, kriegst aber keine denn, du hast nur deine Schulbildung. Der „Wohltäter“ macht dir ein Angebot, das du nicht ausschlagen kannst. Manch eine Frau hat hinter dem Tresen angefangen und ist dann in der Prostitution gelandet.
Slaterator schrieb:Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass er zu diesem Zeitpunkt z.B. als Berater tätig war. Auch Handwerker oder beruflich reisende kommen häufiger mal mit dem Milieu in Kontakt.
Ja, stimmt es gibt viele, die Frauen kaufen. Wenige töten sie, nachdem sie gesagt haben, dass sie aussteigen wollen. Mancher hilft den Mädchen.
Slaterator schrieb:Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass ihn das Opfer mit der "Geschäftsbeziehung" erpressen wollte bzw. erpresst hat. Sonst hätte er ja kein Tatmotiv gehabt. Klar, ist möglich, es gibt dafür aber derzeit keine Anhaltspunkte.
Na, „ich zeig dich bei der Polizei an“ hätte gereicht. Der braucht ja seine biedere Fassade.
A.Horn (Logik der Tat)“Ein Berufskrimineller möchte nicht auffallen, ein Drogendealer oder ein Auftragsmörder will Spuren so weit wie irgend möglich vermeiden. Er tut nur, was er tun muss, um sein Ziel zu erreichen. Bei Sexualstraftaten ist dies oft anders. … Beispielsweise wissen wir aus Erfahrung, wie leicht Ermittlungen durch die Fixierung auf besonders grausame Elemente der Tat auf die falsche Spur geraten können.“
Slaterator schrieb:Die Datenbank hilft uns im Moment nicht weiter, die sollte ja gecheckt worden sein. Wenn er also nicht mir Fingerabdrücken/DNA aktenkundig ist oder war, könnte das auf eine Einzeltat hindeuten, es könnte bedeuten, dass er sich vorderrangig im Ausland aufhält oder auch das er inzwischen selbst verstorben ist.
VICLAS hilft uns, denn dass er dort nicht aufzufinden ist, sagt uns dass er danach keine schweren Straftaten verübt hat, die dort abgespeichert werden würden.
Es ist bei Verbrechen, wie Drogen- und Menschenhandel oft so, dass der weibliche Teil der Familie des Täters im Herkunftsland lebt und dass der Kopf des Verbrechen zwischen den Ländern pendelt. Vielleicht hat er mittlerweile ein männliches Familienmitglied, das ihm beim Business hilft. Sprich seine Scheinfirmen mitverwaltet.
Der Täter wurde 1992 auf 25 bis 30 Jahre geschätzt, er wäre jetzt etwa zwischen 49 und 54 Jahren alt. Ich denke er lebt, aber nicht mehr in dieser Ecke.
Slaterator schrieb:Das setzt jetzt aber schon sehr viel Phantasie voraus, diesem Ansatz zu folgen. Warum sollte er sich nicht mehr blicken lassen können ? Wenn er -wie Du mutmaßt- Kunde war, weiß doch niemand das er es getan hat. Es müßte ihn schon jemand aus der Szene mit dem Mord beauftragt haben, damit es da mögliche Probleme gibt. Nein, diese Theorie bräuchte mehr Anhaltspunkte zur Untermauerung.
Um bei Gabriela einen Termin zu bekommen, musste man vorher eine Telefonnummer anrufen, die in der Zeitung stand. Es ist nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass der Zuhälter oder sein Adlatus diese Annoncen beauftragt haben, genauso wie er die „Miete“ von den Frauen kassiert hat.
Der Mann kann nach außen Geschäftsmann sein, er kann Zuhälter und Kunde sein. Die Mädchen wurden ja früher gern „zugeritten“, sprich vergewaltigt und verprügelt, bis sie sich „freiwillig“ dazu entschieden haben, sich zu verkaufen. Was nun? Wen interessierte 1992 eine vergewaltigte und verhauene Prostituierte? War ja illegal. Und der Zuhälter erscheint natürlich nicht in VICLAS, denn er vergewaltigt ja nicht die ehrbare Hausfrau. Das wäre in der DB.
Die Zuhälter sehen heute teils seriöser aus, als ihre Kunden. Sie haben Anzughose, Lederschuhe und Hemd an, dazu eine Aktentasche zum Geld einsammeln. Fertig. Kein dickes Auto, keine Klunker, keine seltsame Mode, denn „Berufskriminelle wollen nicht auffallen“.
Ich denke, es gab keinen Mordauftrag. er war wohl sein eigener Auftraggeber, der hatte ein Problem und versuchte es zu lösen.
Zandegola schrieb: Mir geht dieses "verständigen Sie die Polizei!" nicht aus dem Kopf, noch dazu zusammen mit dem beschriebenen betont langsamen Weggehen des Täters vom Tatort.
Mir auch nicht. Diese Vorgehensweise ist absolut kurios. Sie passt nicht zum Werk eines Profis, aber auch nicht zu einem Amateur. Die Polizei/Rettung verständigen zu lassen, spricht eher dafür, dass er nicht wollte, dass es so weit kommt, Menschen sterben. Ich kann mir da gerade auch keinen Reim darauf machen.
Der erste Mord und unter dem Eindruck des Geschehens? Gabriela Nagorny war ihm wurscht, er hätte dort die Polizei rufen können. Telefon war ja da. Der Typ ist kaltblütig, aber ins Gefängnis will der nicht.
Menedemos schrieb: Dann, nach längerem Palaver, sticht der Mörder zu. Und jetzt wird es erst richtig interessant. Er sticht zu, OHNE dass er sich weiter darum gekümmert hat, dass mindestens (!) eine weitere Person in der Wohnung sich aufhielt, OHNE dass er sich vergewissert hat, wer das ist und wie wehrhaft diese Person ist.
Interessant ist, dass die Frau an einem Halsstich stirbt. So tötet man ein Tier.
Menedemos schrieb:Während der Auseinandersetzung im Korridor flüchtete Gabriela über die Terrasse und den Hintergarten über ein Gartentürchen in die Andreasstraße (bei Google-Maps ist der Straßenname nicht eingetragen, weil keine Fahrstraße, aber bei bing-maps). Der Täter wählte einen anderen Weg, durch die Wohnungstür - warum?
Gabriela ist in Richtung Andreasstraße geflohen, dort sind auch 1992 Arztpraxen zu finden gewesen. Hätte er sie draußen weiter attackiert, dann wäre die Täterschaft unbestreitbar gewesen und es hätte zu viele Zeugen gegeben. Der hatte getan, was er seiner Meinung tun musste.
Menedemos schrieb:An der Tötung des Lebensgefährten scheint der Täter dagegen kein gesteigertes Interesse gehabt zu haben, obwohl der ein nicht unwichtiger Zeuge war.
Ja und niemand aus dem Haus redet. Keiner. Eine Möglichkeit wäre, dass die Frauen tatsächlich für ihn gearbeitet haben.
Kein Arbeitgeber tötet dich, wenn du vor Gericht gegen ihn aussagst. Es bleibt jedoch nicht ohne Folgen, du stehst u.U. vor den Trümmern deiner beruflichen Existenz. Und würdest du gegen deinen Arbeitgeber aussagen, wenn du selber illegale Dinge (Prostitution, Drogen) tust?