Also zu der Sache mit der Akteneinsicht für den Anwalt möchte ich mich gerne äußern.
Vorweg gleich: ich bin nicht im deutschen Justizapparat angestellt, habe nur ein geringfügiges Wissen über die Gesetzbücher und die Strafprozessordnung.
Ich nehme mir aber heraus - wie viele juristischen Laien hier - meine Beobachtungen wahrzunehmen und zu äußern. Das eine sind die Gesetze, wie Dinge laufen sollen. Außerdem halte ich unser Rechtssystem für ein Gutes.
Trotzdem gibt es Dinge, denen ich anders denke.
gräfinzahl schrieb:Falls ein Akteneinsichtsgesuch von einem Verteidiger in der Akte ist, muss er spätestens vor Abschluss der Ermittlungen Akteneinsicht bekommen.
Dazu meine Frage: was heißt spätestens vor dem Abschluss ? Also hat der Anwalt auch schon vorher das Recht drauf und wenn ja ab wann?
Ich will darauf hinaus, dass bei Kapitalverbrachen in der Regel eine zigköpfife Soko über Monate ermittelt. Das heißt, der Anwalt müsste in viel kürzerer Zeit in One-Man-Show (wegen mir auch mit ein paar mehr Köpfe) alle gesammelten Indizien und Beweise überprüfen und versuchen, so überhaupt machbar, zu widerlegen.
Oft werden dem TV während der Ermittlungen nicht mal alle Gründe gesagt, die für ihn als Täter sprechen. Was natürlich auch seine Berechtigung hat/haben mag. Sicher auch, um der Verdunklungsgefahr oder Manipulation von Zeugen/Beweisen vorzubeugen.
Aber so hat er doch eben nicht die Möglichkeit, vor dem Ausstellen des Haftbefehls, auf alles zu reagieren und Dinge anzuführen, die ihn entlasten können. Weil er ja nicht komplett alles kennt, was gegen ihn spricht.
Außerdem - das ist keine Kritik an den ermittelnden Behörden - ist es naheliegend, wenn Polizei und StA nach eingehender Prüfung, zu einem Zeitpunkt X zu der Annahme gelangen, dass sie den mutmaßlichen Täter gefunden haben, werden sie eher weniger motiviert sein- gerade in Hinblick auf die Antragstellung zur Ausstellung eines Haftbefehls- noch weiter nach möglichen entlastenden Momenten zu suchen. Vielmehr werden sie versuchen, ihre Theorie und damit den Tatverdacht gegen den angenommenen Täter zu untermauern.
Ich möchte betonen, dass ich damit nicht unterstellen möchte, dass Tatsachen verdreht werden oder Entlastendes verschwiegen. Ich halte nichts von Hetze gegen das deutsche Rechtssystem und dessen Organe.
Aber, dass ein TV erst mal in der schwächeren Position ist, sehe ich schon so.
Das klingt für mich nicht ganz ausgeglichen.
Trotzdem glaube ich auch, dass es eher selten passiert, dass Leute zu Unrecht in U-Haft kommen, das auch nicht zeitnah lösbar wäre im Falle der Unschuld , vielmehr schlimmer noch, dass man zu Unrecht schuldig gesprochen wird.
Aber es passiert eben. Und damit komme ich, nach langer Rede, zu dem kurzen Schluss, dass ich nicht finde, dass eine erhobene Anklage immer gerechtfertigt sein muss, und ein Schuldspruch somit zum einen sehr sicher und zum anderen dann auch gerechtfertigt wäre, wie das hier immer mal wieder so gesagt wurde.