Hammurapi schrieb:Rechtskunde als Schulfach statt Barbara Salesch!
Da bin ich sogar ganz bei Dir. In dieser Hinsicht gibt es hierzulande noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Mit unserem Recht wird leider im Schulunterricht wenig hantiert. Schüler wissen im Regelfall mehr mit dem HGB als dem Grundgesetz, BGB oder StGB anzufangen.
Hammurapi schrieb:Die Prozeßführung. Warum werden bei Strafprozessen Zeugen geladen, die den Tatablauf überhaupt nicht bezeugen können? Familienmitglieder, Freunde und Bekannte geben sich die Klinke in die Hand, auf dass ein Gericht sich ein Gesamtbild der sozialen Situation machen kann. Ja, hackt´s denn? Was hat denn das mit der Tat zu tun? Wenn strittig ist, ob ein Angeklagter überhaupt der Täter ist, dann spielt es doch absolut keine Rolle, aus welchen Familienverhältnissen er kommt. Erst wenn die Tat dem Angeklagten nachgewiesen ist oder durch eine konsistente Indizienkette die Täterschaft geklärt ist, macht eine solche Nabelschau zum Zwecke der Motivfestlegung vielleicht noch Sinn.
Da muss ich Dir leider widersprechen. In einem Indizienprozess kommt es sehr wohl auch auf die Lebensumstände des Tatverdächtigen an. Insbesondere bei einer vermuteten Beziehungstat kann die Durchleuchtung der familiären Verhältnisse große Erkenntnisse bringen. Ich erinnere mich an die Aussage des Vaters, dass dieser mit der Hochzeit nicht einverstanden war und der Tatverdächtige wohl das Opfer auszahlen sollte. Hier sind die familiären Bände durchaus von belang. Man sollte überhaupt vorsichtig damit sein, vorschnell einen möglichen Täter zum Opfer zu erklären. Genauso wie man keinen Tatverdächtigen zum tatsächlichen Täter erklären sollte.
Ich bin nur etwas überrascht, wie sehr auf unsere rechtsstaatlichen Prinzipien verwiesen wird (nach dem Motto: "Er wurde ja nicht verurteilt"), aber dasselbe Vertrauen in unsere Rechtsapparate nicht investiert wird. Die Ermittlungsbehörden, die Staatsanwaltschaft sowie das Gericht haben sich diesen Grundsätzen nämlich bedient und einen ausreichenden Tatverdacht begründet, der zugleich eine Eröffnung des Verfahrens auslöste. Damit einher geht selbstverständlich keine Verurteilung - das ist strikt zu trennen. Dennoch ist der Tatverdacht derart stark begründet, dass die permanente Infragestellung desgleichen etwas skurril anmutet. Frei nach dem Motto: Der Tatverdächtige ist solange unschuldig, bis ihm die Schuld bewiesen ist - das sagt das Gesetz. Darauf vertraue ich. Ob der Tatverdacht aber wirklich gegeben ist, dem vertraue ich hingegen nicht.
Es ist schwierig darzustellen, worauf ich hinaus will. Ich finde es nur etwas merkwürdig, wie sich manche hier in ihrer Argumentation drehen und biegen.
Sector7 schrieb:(2) Bei einer (unbeweisbaren) Beziehungstat muss neben der Indizienkette doch gerade das nahe Umfeld und die Beziehung selbst beleuchtet werden, um die Motivlage zu eruieren. Gäbe es handfeste Beweise, wäre das Motiv nebensächlich.
Vollkommen korrekt. Dem schließe ich mich ausnahmslos an.
Rick_Blaine schrieb:Es ist interessant zu lesen, dass so viele überzeugt sind, er wäre verurteilt worden. Ich hoffe, die waren beim Prozess dabei und gründen ihre Ansicht auf die Erkenntnisse, die sie im Prozess gewonnen haben. Denn allein auf die Tatsachen gestützt, die in der Presse bekannt wurden, hätte ich als Richter den Angeklagten nicht verurteilt.
So einfach würde ich es mir an dieser Stelle nicht machen. In solchen Prozessen wird sehr viel von den Richtern berücksichtigt und gewichtet. Dabei spielt auch die Glaubhaftigkeit einzelner Aussagen eine Rolle, die zumeist von diesen Personen anders bewertet wird als von Medienvertretern oder externen Besuchern. Ein Thema spielt hier auch die Aussagepsychologie, die teilweise Erkenntnisse in Bezug auf die Glaubhaftigkeit offenlegt. Deshalb würde ich generell keinerlei Medienberichterstattung zu meiner persönlichen Urteilsfindung hinzuziehen, da sie hierfür einfach nicht geeignet und valide genug ist. Alleine aber der Tatsache geschuldet, dass die Richter einen dringenden Tatverdacht noch immer als gegeben ansahen und deshalb einen Haftprüfungsantrag negativ beschieden haben, zeigt relativ eindeutig, dass das Gericht gegenwärtig die Indizien sehr wohl als sehr tragfähig erachtet haben. Folglich kann ich die Kritik, der zu schwachen Indizien, nicht nachvollziehen.
Nina75 schrieb:Ob die Spurenlage deutlich ist, auch das hätte NUR der Richter entschieden.Wäre das für ihn sofort eindeutig gewesen, gäbe es überhaupt keine Verhandlung.Dann hätte er sich das alles erspart und hätte sofort geurteilt.
Das ist leider, gelinde gesagt, vollkommener Blödsinn. Gerade unser Rechtssystem erfordert ein ordentliches Verfahren, dem der Tatverdächtige auch zugeführt wurde. Der Richter erkannte die Schwere der belastenden Beweise und hat das Hauptverfahren eröffnet. Er hätte allenfalls dieses ablehnen können. Eine Verurteilung ohne Verfahren währe indes nicht möglich gewesen. Das widerspricht unseren Rechtsgrundsätzen.
Heide_witzka schrieb:Sag mal, stimuliert diese permanente, rechtlich nicht gedeckte Anschuldigung des TV auf irgendeine ungesunde Weise dein persönliches Lustzentrum?
Sei doch bitte so gut und lehn die nicht weiter aus dem Fenster als die deutsche Justiz.
Oder hast du deine Weisheiten aus irgendwelchen weissagenden Schneekugeln, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind?
Seine Täterfeststellung halte ich auch für verfehlt. Für mich bleibt, mangels Schuldspruch, RE der Tatverdächtige. Weitere Interpretationen, die seine Schuld untermauern sollen, sind nichts weiter als Spekulation und mangels Fortführung des Verfahrens unnütz.
Festhalten möchte ich aber an dieser Stelle, dass RE mit seinem Freitod weder schuldig NOCH unschuldig geworden ist. Er ist, bleibt und war derjenige, der mit der höchsten Wahrscheinlichkeit mit dieser Tat als Täter in Verbindung gebracht wurde. Dies unterstreicht das Gericht auch nochmals dadurch, dass nach etlichen Verhandlungstagen der dringende Tatverdacht noch immer als gegeben angesehen wurde. Folglich, die ganzen Zweifel, die mittlerweile hier diskutiert wurden, waren für das Gericht nicht gegeben. Eine Entlastung hat demnach bis zu seinem Freitod nicht stattgefunden.
Trine schrieb:Es ist meistens eine Zwangshandlung eines schwer kranken Menschen, der glaubt, dadurch seine Angehörigen von der Last, ihn zu kennen zu befreien und sich selbst Ruhe und Frieden zu verschaffen.
In vielen Fällen magst Du Recht haben, dennoch gibt es auch häufig Menschen, die sich aus rein selbstbezogenen Gründen suizidieren. Weil sie eben nicht mit der Schuld leben können und weil sie keinen Ausweg mehr sahen. Auch ein Abschiedsbrief, der sich an die Verwandten richtet, ist nicht immer gleich der Beweis, er wolle Last von ihren Schultern nehmen. Es kann auch nur der Versuch sein, sich zu erklären und deren Segen zu erhalten. Wie Du selber sagst: Er ist evt. nicht objektiv. Für mich sind in solchen Konstellationen zu viele "Wenns", weshalb ich mich rein auf Fakten konzentriere: Er hatte eine schlechte rechtliche Prognose, seine familiären Verhältnisse waren zerrüttet, viele Menschen aus dem persönlichen Umfeld hielten ihn für den möglichen Täter. Hieraus kann durchaus der Entschluss reifen, seinem Leben ein Ende zu setzen, erst recht, wenn man bereits psychisch erkrankt ist. Die Schuldfrage muss man selbstverständlich nicht weiter forcieren. Unschuldig wurde er mit seinem Freitod aber nicht, das sollte man festhalten.