Nein, nein. Ich weiss, dass das immer wieder durch die Foren geistert, aber es wird dadurch nicht richtiger: in Deutschland sind sowohl Mord (§ 211 StGB) als auch Totschlag (§ 212) Vorsatzdelikte. Das heisst, man muss den Taterfolg, den Tod des Opfers, wollen oder die Möglichkeit des Taterfolgs zumindest billigend, bewusst, in Kauf nehmen.
Das ist ein klein wenig etwas anderes als dass man ihn "geplant" haben muss, der Vorsatz kann theoretisch binnen Sekunden gefasst werden. Aber juristisch macht das erst mal keinen Unterschied.
Mord ist ein Totschlag, bei dem zusätzlich noch die sogenannten Mordmerkmale erfüllt sind, die sind in Deutschland relativ einmalig und auch immer mehr umstritten.
Aber wichtig ist eben, dass man klar versteht: es gibt weder einen fahrlässigen Totschlag, noch einen fahrlässigen Mord. Die Straftat die Fahrlässigkeit behandelt ist die "fahrlässige Tötung" mit einem ganz anderen Strafmass.
Und da kommen wir zum nächsten Begriff: dem Strafmass. Das ist
@OfficerB s Problem: er sieht, wie viele andere auch, im Strafmass des Totschlags das Unrecht der Tat nicht ausreichend gewürdigt.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass in Deutschland eben Totschlag und Mord zwei verschiedene, miteinander verwandte Delikte sind, die aber beide einen Vorsatz voraussetzen.
In den USA ist das nun wieder ein wenig anders, aber gar nicht so verschieden, wie man oft meint. Das Problem ist, dass hier unterschiedliche Begriffe verwendet werden, die teilweise falsch übersetzt werden:
Nach common law ist Mord: "The killing of a human being by another with malice aforethought." Dieses alte Englisch kann bei der Übersetzung schon Probleme bereiten, denn "malice aforethought" (in etwa "böswilliger Vorsatz") wird oft mit Vorplanung etc. verwechselt. Die common law Definition gibt aber eigentlich eher die deutsche Totschlag-Definition wieder:
Nach common law müssen nachgewiesen werden:
a) Dass ein Mensch durch einen anderen getötet wurde, es muss ein Kausalzusammenhang nachgewiesen werden (proximate cause).
b) Es muss ein Vorsatz bestanden haben. Dieser wird aber teilweise anders definiert als in Deutschland:
-Vorsatz, den Tod zu wollen
-Vorsatz, den Tod billigend in Kauf zu nehmen
-Vorsatz, eine schwere Verletzung hervorzurrufen, die lebensbedrohlich sein kann (great bodily harm) - in Deutschland wäre das die gesonderte Straftat "Körperverletzung mit Todesfolge"
-felony murder: ein ganz eigenes Konzept, in dem die Beteiligung an einer generell gefährlichen Straftat zu einem Mordtatbestand wird, wenn ein Mensch bei dieser Straftat ums Leben kommt, auch wenn es nicht durch den Beschuldigten direkt geschah (Beispiel: zwei Täter überfallen eine Bank, einer von beiden erschiesst den Wachmann. Der andere wird wegen der felony murder rule ebenfalls als Mörder verurteilt).
Hier gibt es die typisch deutschen "Mordmerkmale" in dieser Form nicht: Heimtücke, Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit, niedere Beweggründe usw. zählen nicht.
Insofern fallen unter common law die deutschen Taten "Mord" und "Totschlag" beide zusammen unter "murder."
Nun hat aber auch in den USA diese Definition eine Erweiterung erfahren: in allen Bundesstaaten gibt es inzwischen eine Ausfplittung des "murder" Paragrafen nach "Schwere" oder "Grad" (degree), was nur eine Änderung des Strafmasses bedeutet. So kann man auch in den USA bestimmte Art und Weisen oder bestimmte Motive beim Mord schwerer bestrafen als andere. "First degree murder" ist dann oft z.B. Mord an einem Polizeibeamten etc.
Ein Merkmal kann dann "premeditation" sein, eine "Vorausplanung oder Vorausüberlegung" seitens des Mörders.
Demgegenüber kann dann, je nach Bundesstaat verschieden definiert, ein "Mord im Affekt" oder "Totschlag im Affekt" bestehen. Das ist ein Begriff, den es so im Deutschen gar nicht gibt. Er kommt aus der Verwendung des common law Begriffs "manslaughter" (Totschlag).
Anders als im Deutschen bezeichnet manslaughter im common law nur eine Affekttat, die "in the heat of passion, without cooling down" verübt wurde (klassisches Beispiel: Ehemann erschiesst den Nebenbuhler, den er in flagranti mit der Frau im Bett erwischt).
Und auch hier hat sich bei der Modernisierung des amerikanischen Strafrechts inzwischen eine Aufsplittung ergeben: in vielen Bundesstaaten gibt es "voluntary manslaughter" (Affekttat) und "involuntary manslaughter", das ist dann die deutsche "fahrlässige Tötung."
So, ich hoffe jetzt sind alle ganz konfus
:) Der Konfusion entkommt man im Jurastudium in beiden Systemen dann durch ätzend witzige Übungen in Strafrechtsseminaren, bei denen dann genüsslich Beispiele wie dieses präsentiert werden und analysiert werden müssen: "Theodor (die Täter haben immer Namen die mit T beginnen) und Ottokar (die Opfer immer mit O) geraten im Biergarten nach Genuss von mehr als 5 Mass Bier pro Person in Streit, wer der friedfertigste sei. Als Beweis seiner unübertroffenen Friedfertigkeit zieht Theodor dem Ottokar den Masskrug über den Schädel. Dieser stirbt an den Folgen dieses Beweises.... (ich habe dieses Beispiel nie vergessen, das wir ausgerechnet während eines bekannten bayerischen Volksfests durchexerzierten (nein, nicht während dem Oktoberfest, da hatten wir noch Semesterferien). In den USA waren dann die Beispiele genauso lustig.
Also, langer Rede kurzer Sinn: man darf die Begriffe und Definitionen beider Rechtssysteme nicht durcheinander bringen: Totschlag (manslaughter) ist in den USA ganz anders definiert als in Deutschland! Und Vorsatz ist in Deutschland sowohl bei Mord als auch bei Totschlag Voraussetzung.