Anklage erhoben (versuchter Mord) gegen Moderatorin Natalie L.

Nun, ich kann nachvollziehen, dass manche hier Schwierigkeiten haben, die deutsche Rechtsprechung zu verstehen. Es gibt eine ganze Reihe namhafter Juristen, die Zweifel daran haben, ob ein "Mord" durch Unterlassen möglich sein sollte. Aber, der Bundesgerichtshof hat gesagt "ja," und das gilt.

Im übrigen muss auch in Deutschland beim Mord immer ein Vorsatz nachgewiesen werden, es gibt keinen "fahrlässigen" Mord. Nicht jede vorsätzliche Tötung ist aber ein Mord, sondern erst einmal nur ein Totschlag. Der Mord wird dann durch zusätzliche Mordmerkmale qualifiziert.

Und letztens, was den Vorsatz angeht, gibt es auch den "bedingten Vorsatz" (dolus eventualis), der hier eventuell in Frage kommt. Es geht dabei darum, dass man den Tod des Opfers billigend in Kauf nimmt, wenn man davon ausgehen kann, dass das Opfer zu Tode kommen kann.

Wie gesagt, hier geht es um die Frage, ob die Fahrerin gewollt hat, dass ihr Opfer stirbt und darum die Hilfeleistung unterlassen hat, damit sie ihre Trunkenheitsfahrt verdecken kann.

Wenn ja, dann ist das allerdings juristisch von der gleichen Qualität, wenn sie dem Opfer noch ein paar Messerstiche versetzt hätte.

Rick_Blaine schrieb:Wie gesagt, hier geht es um die Frage, ob die Fahrerin gewollt hat, dass ihr Opfer stirbt und darum die Hilfeleistung unterlassen hat, damit sie ihre Trunkenheitsfahrt verdecken kann.

Gewollt hat sie das mit Sicherheit nicht und nachweisen wird auch sehr schwer sein.

Bericht bei rpp-online:
Vom Big-Brother-Container zur Mordanklage (Archiv-Version vom 09.02.2016)

Bericht bei tz-berlin:
Schwerer Autounfall
„Lausitz-Luder“ Natalie Langer wegen versuchten Mordes vor Gericht

Das Urteil wird für den 02.Mai erwartet.

Dass sie es wollte, dass der Mann stirbt, glaube ich auch nicht, sie hat es aber billigend in Kauf genommen. Ob das dann auch als Mordmerkmal "zur Verdeckung einer Straftat" gilt? Ist das nicht eher schwere Körperverletzung und Aussetzung?

@Comtesse
Das werden wir vom Gericht erfahren. Und dann vielleicht vom Kammergericht. Und am Ende die Meinung der Richter am Bundesgerichtshof hören. Ich bin da ganz gespannt, denn in der Tat gibt es da durchaus Zweifel, dass man das alles so konstruieren kann.

@Rick_Blaine
Ich bin kein Jurist aber ist der Beweis, dass sie den Tot des Opfers wollte, zur Verdeckung ihrer Trunkenheitsfahrt, nicht schwierig zu führen?

Der Versuch, dass Auto verschwinden zu lassen, wird ja eher nicht zu ihrem Vorteil sein, schätze ich mal.

Hört sich irgendwie verzweifelt an: Ich bringe das Fahrzeug nach Polen und hoffe, dass es geklaut wird. Da muss man auch erstmal drauf kommen.

@raptor83

raptor83 schrieb:aber ist der Beweis, dass sie den Tot des Opfers wollte, zur Verdeckung ihrer Trunkenheitsfahrt, nicht schwierig zu führen?

nicht wirklich, da dies bereits durch die tatbegehung selbst inidziert ist, es sei denn, dass sie eine vorsatztat bezüglich des anfahrens des opfers einräumt. in diesem fall entfiele nämlich der vorwurf der tötung durch unterlassen. ich zitiere hierzu mal: "Verdeckungsmord durch Unterlassen von Rettungshandlungen ist auch nach hM nur dann nicht anzunehmen, wenn der Täter nach einem bereits vorsätzlich gegen das Leben gerichteten Angriff die Abwendung des Todes des verletzten Opfers unterlässt, um den vorangegangenen Angriff nicht aufzudecken (BGH NJW 2003, 1060, 1061)." aus BeckOK StGB/Eschelbach StGB § 211 Rn. 93 andererseits wäre das nicht wirklich hilfreich, da dann das aktive tun im vordergrund stünde, also wiederum versuchter mord.

gleichwohl eine sehr spannende konstellation, die sehr interessante materiell-rechtliche und verfassungsrechtliche probleme aufwirft.

@DoctorWho
Danke für die Erkärungen. Die Juristerei war für mich immer n rotes Tuch.

Macht es verständlicher.

Ich denke man wird ihr keine Mordabsichten nachweisen können und die Staatsanwaltschaft blamiert sich nur. Mit "Nachweisen" meine ich, dass kein Gutachter je ihr das medizinische Fachwissen unterstellen wird um die Gewissheit zu haben ob ein Mensch sterben wird oder nicht. Zudem war sie alkoholisiert was nochmal die Einschätzung der Situation drastisch verringert. Ohne die Tat im geringsten herunterspielen zu wollen, bin ich der Meinung, dass der Aufwand das Auto verschwinden zu lassen echten Vorsatz hat und schon eine gewisse kriminelle Energie beinhaltet.

@Suinx

Nun lass die Staatsanwaltschaft doch mal ihre Arbeit machen - wir werden dann schon sehen, wie die Richter ihr Urteil begründen.

editiert.

@E_M

Staatsanwaltschaft >Urteil begründen? :)

Rick_Blaine schrieb:Nun ist hier aber etwas anderes passiert: Das Opfer ist durch den Anstoss schwer verletzt worden. Man legt der Fahrerin jetzt zu Last, dass sie ausgestiegen ist, sich das Opfer angeschaut hat, 1. erkannt hat, dass der Mann dringender Hilfe bedürftig ist und dass sie, 2. um ihre Trunkenheitsfahrt zu verdecken, in dem Moment entschieden hat, ihm diese Hilfe zu verweigern (unterlassen) damit sie nicht für den Unfall verantwortlich gemacht werden kann, und dabei 3. wissentlich in Kauf genommen hat -ja im Prinzip gehofft hat - dass er wegen ihrer unterlassenen Hilfeleistung stirbt.

Für mich als Laie, zum besseren Verständnis: wenn es keinen Zeugen gibt, der gesehen hat, das sie ausgestiegen und nach dem Opfer gesehen hat, dann würde dieser Anklagepunkt doch sofort in sich zusammenfallen, oder?

E_M schrieb:Wenn man sich auf allen Vieren kriechend derart besoffen noch hinters Steuer setzt und fährt, muss doch quasi damit rechnen, dass er einen tödlichen Unfall provozieren kann. Ob zum eigenen Nachteil, oder dem Nachteil eines anderen.

Wobei das in Deutschland und anderen Ländern täglich wer weiß wie oft vorkommt, die wenigsten Suff-fahrer werden wohl mit einem tödlichen Unfall rechnen. Diese "mir passiert schon nichts" Denkweise ist es, was zu vielen Trunkenheitsfahrten führt.

Suinx schrieb:Ohne die Tat im geringsten herunterspielen zu wollen, bin ich der Meinung, dass der Aufwand das Auto verschwinden zu lassen echten Vorsatz hat und schon eine gewisse kriminelle Energie beinhaltet.

Wobei sie das ja versucht, ihrem Verlobten in die Schuhe zu schieben. Zumindest behauptet sie in einem Artikel, den ich gelesen habe, das es seine Idee war und nicht ihre.

@kb2000
Ohne Zeugen stelle ich mir den Nachweis des Austeigens schwierig vor.

Stimmt, dass sie das Verschwindenlassen des Autos ihrem Verlobten in die Schuhe schieben will, dann zeugt das schon von ner gewissen kriminellen Energie.

@raptor83
Ich persönlich finde es durchaus schwierig. Der BGH ist aber der Meinung, dass das nicht so schwer sein sollte. Man wird sehen, ich empfinde die Rechtssprechung zu diesem Thema noch relativ unausgegoren, und auch die von @DoctorWho zitierte "herrschende Meinung" ist sich da wohl noch nicht so einig. In gewisser Weise sehe ich dem Ausgang dieses Prozesses mit grosser Spannung entgegen, da ich vermute, dass ein Urteil, so oder so, in die nächsten Instanzen getragen werden wird. Am Ende sehen wir dann vielleicht klarer.

Was die Zeugen angeht, so meine ich mich zu erinnern, dass es da wohl welche gibt. Ohne diese wäre die Anklage wohl so gar nicht entstanden, aber das kann man ja noch mal überprüfen, ich glaube in den ersten Pressemeldungen gab es etwas dazu.

Ich weiß gar nicht, wo das Problem liegt, jemanden einen Mord zu unterstellen in so einem Fall.

Ob ich nun jemanden töten möchte, um etwas zu vertuschen (Mord) oder ob ich jemanden bewusst sterben lasse(n möchte) um etwas zu vertuschen (Mord durch Unterlassen)
In beiden Fällen habe ich aktiv daran gewirkt, sein Leben aus niederen Beweggründen beendet wird.

Wenn ich einen Unfall verursache und damit rechnen muss, jemanden Verletzt zu haben und ich haue ab, möchte ich einer Strafe entgehen. Durch mein Wissen, jemanden verletzt haben zu können und meine Handlung abzuhauen und der Möglichkeit, dass das Opfer daran versterben kann, wäre im allermindesten Fall Totschlag.

Die dämliche Trulla hat eine gehörige Strafe verdient. Und nicht nur auf Bewährung.

Saturius schrieb:Wenn ich einen Unfall verursache und damit rechnen muss, jemanden Verletzt zu haben und ich haue ab, möchte ich einer Strafe entgehen. Durch mein Wissen, jemanden verletzt haben zu können und meine Handlung abzuhauen und der Möglichkeit, dass das Opfer daran versterben kann, wäre im allermindesten Fall Totschlag.

und wenn sie es nicht gemerkt hat?

@osttimor
Ist es immer noch Totschlag. Und nicht bemerkt zu haben, dass man irgendetwas oder jemanden über die Motorhaube mitnimmt... Entschuldige bitte, das glaubt kein Mensch.
Rempel mal mit deinem Auto einen Straßenpöller an mit nur 5km/h, man hörts und siehts... Und wenn du jemanden mit 50 anfährst gibt das einen ordentlichen Rumms.
Selbst bei lauter Musik bekommt man den Rumms mit. Allein durch das Fahrverhalten des Autos durch den Aufprall

@Saturius

hier gehts aber um eine alkofahrt!