Mordfall Dagmar E. (58) aus Dinslaken
06.01.2016 um 16:57
Anbei meine Schilderung des 2. Prozesstages:
Bitte bedenkt bei eurer Bewertung/Diskussion, dass der Sohn krank, m.E. nicht in der Lage ist, rational zu denken und zu handeln. Das ein oder andere was er aussagt, widerspricht aus meiner Sicht eben dem normalen Menschenverstand.
Beginn: 10:00 Uhr, Ende 14:50 Uhr
Medieninteresse gegenüber der Erstverhandlung war quasi Null. Lediglich eine mitschreibende Dame der Presse war da und das auch nicht die ganze Zeit.
Dagmars Mutter war nicht anwesend, wurde durch ihren Anwalt vertreten. Dagmars Mutter hatte nach dem ersten Verhandlungstag einen Schwächeanfall/Zusammenbruch und wurde mit einem Krankenwagen weg gefahren, wie mir erzählt wurde.
Für den ältesten der 3 Brüder waren wieder 2 Anwälte da. Es gibt noch keine Entscheidung des zuständigen OLG, dass der Wahlverteidiger die Vertretung übernehmen darf. Der zusätzliche Übersetzer der amharischen Sprache kommt wg. eines Bahnstreiks in Belgien zu spät. Die Verhandlung wird nach seinem Eintreffen kurz unterbrochen, der Übersetzer wird vereidigt.
Alle Angeklagten sitzen auf den Plätzen, die sie auch bei der Erstverhandlung inne hatten. Dagmars Sohn wird vom Richter aufgefordert, sich zur Sache zu äußern und dabei langsam, laut und deutlich zu sprechen. Der Sohn beginnt kurz, unterbricht dann und sagt dem Richter, dass er sich von den neben ihm sitzenden Übersetzern gestört fühlt und sich nicht konzentrieren kann. Der Richter bittet den Sohn, sich in den Zeugenstand (mitten im Saal) zu begeben und seine Aussage von dort zu machen, was er dann auch tut.
Der Sohn beginnt mit seinen Schilderungen ca. 3 Wochen vor der Tat. Der jüngste der 3 Brüder hat ihn da gefragt, was der Sohn bereit wäre, für ihn zu tun. Der Sohn antwortete darauf „alles“. Der jüngste Bruder bohrt dann weiter und fragt, ob der Sohn für ihn auch seine Brüder oder seinen Vater umbringen würde. Der Sohn hat diese Frage nicht beantwortet, weil er davon ausging, dass der jüngste Bruder ihn „wieder mal testen wolle, wie loyal er denn ist“. Später wurde der Sohn wieder gefragt, ob er für ihn denn die Mutter (also Dagmar) umbringen würde. Auch darauf habe er nicht geantwortet, weil er es als Bestandteil des Loyalitäts-Tests gesehen hat.
Am Tag der Tat ist der jüngere und der mittlere Bruder mit dem Sohn zum späteren Ablageort von Dagmars Leiche gefahren. Vorher hatten sie Spaten und Schaufeln ins Auto gepackt, der Sohn wusste aber nicht wozu. Am späteren Ablageort angekommen, hat einer der Brüder gesagt, dass sie hier das Grab für seine Mutter schaufeln werden. Der Sohn hat mitgemacht, es aber immer noch als Bestandteil des Loyalitäts-Tests gesehen. Das „Grab“ war weder lang, noch breit, noch tief genug, um darin einen Menschen verschwinden zu lassen.
Sie kamen gegen 18:00 Uhr wieder in Dagmars Wohnung. Da hat der jüngste der Brüder dem Sohn auch gesagt, dass heute seine Mutter sterben werde….auch dem wurde keine wirklich Bedeutung beigemessen.
Dagmar hatte einige Tage vor ihrem Tod ihren Sohn nochmals aufgefordert, dass der älteste Bruder wg. des geborgten Geldes zu ihr kommt, was er aber nicht tat.
Dann führte der Sohn so aus, wie ich es auf Seite 256 vom ersten Prozesstag beschrieben habe, eben den Tathergang. Der Sohn wurde von den Brüdern während des Mordes aufgefordert, Musik/ein Musikvideo zu spielen. Ihm wurde nicht aufgetragen, welches. Der Sohn sagt aus, er stand absolut unter Schock und hatte Todesangst. Er hat dann ein Stück aufgerufen, was ihm irgendwie eingefallen ist.
Nach der Tat wurde dem Sohn von den Brüdern gesagt, wenn er irgendwem etwas davon erzähle, müsse er selbst sterben. In den Tagen und Wochen nach der Tat wurde der m.E. hörige Sohn mehrfach körperlich „malträtiert“ und auch verbalem Terror ausgesetzt, daher sein Versuch der Vertuschung. Alles was er ausgesagt hat, wurde ihm von den Brüdern vorgegeben.
Dem Sohn wurde befohlen, Verpackungsmaterial zu besorgen um Dagmar wegzubringen. Während der Sohn Isolierband, Säcke usw. holte, haben die Brüder Dagmar ausgezogen. Lt. Aussage des Sohnes wollten sie Dagmar auch Slip und BH ausziehen, das habe er aber unterbunden „ein wenig Würde müsse sein“.
Sie verpackten Dagmar dann in Grünschnittsäcke und klebten sie zu. Da es noch nicht so spät war und sie Dagmar noch nicht wegbringen konnten, legte einer der Brüder fest, dass zuerst ein Film auf DVD geschaut wird. Der Sohn sagt, er hat vor Todesangst dabei gesessen, nichts vom Film mitbekommen.
Irgendwann nachts musste der Sohn dann draußen gucken, ob keine Hausbewohner oder Nachbarn da sind. Sie haben Dagmar durch die vordere Haustür herausgetragen, die Säcke waren mit ihrer orangenen Patchwork-Couchdecke abgedeckt. Dagmars Leiche lag halb im Kofferraum, halb auf dem Rücksitz.
Damit sind sie dann zum halbfertigen Grab, haben dort weitergeschaufelt. Der Sohn konnte vor Todesangst nach 4 Spatenstichen nicht mehr, die beiden Brüder haben allein weitergemacht. Beim Abhauen haben sie dann eine Schüppe am Ablageort vergessen.
Der Sohn hat sich nach der Tat nur noch kurz in der Wohnung aufgehalten, war dann nur noch bei den 3 Brüdern…ihm wurde nur befohlen, Dinge zu tun, Geld zu besorgen und und und… Der Sohn hat ausgesagt, dass er sich in der Zeit umbringen wollte, schon am Fenster des 3. Stocks stand. Vor dem Sprung hat ihn aber der jüngste der Brüder wieder zurück in die Wohnung gerissen.
Kurzum: Der Sohn war hörige Marionette der Brüder, hat in Todesangst alles getan, was von ihm verlangt wurde. Es ging eben hauptsächlich um Geld (versetzt aus Dagmars Habseligkeiten, einem vermeintlichen Bankschließfach, aus dem Verkauf der Wohnung, von Dagmars Mutter usw.) und Drogen.
Detaillierter kann -und will- ich nicht schreiben, es würde 20 Seiten füllen….intime Dinge wurden abgefragt. Ich möchte darauf hier nicht näher eingehen.
Zum Verfahrensablauf: Es ist zwischen den Parteien vereinbart, dass im Moment nur der Richter das Gespräch führt und Fragen stellt. Der vorsitzende Richter möchte damit sicherstellen, dass sich zunächst alle angeklagten zur Sache einlassen. Erst danach wird die Kammer, der Staatsanwalt und auch die Verteidiger fragen „“dürfen““.
Die Aussage des Sohnes zur Tat dauert grob ne‘ Stunde und das Ende dieser Stunde bracht dem Saal ein Schmunzeln ins Gesicht. Der Sohn fragte den Richter nämlich: „Das ist alles, haben Sie noch Fragen ?“…der Richter antwortete wie gewohnt absolut souverän, dass er noch sehr viele Fragen hat und sie zu gegebener Zeit stellen werde.
Nach der Stunde „Aussagen zur Tat“ wollte der Richter vom Sohn wissen, wie es mit den 3 Brüdern angefangen hat, soziale Beziehungen, Unternehmungen, Drogen, Geld, Ausbildung etc. pp.
Das im Detail zu schildern, würde den Rahmen hier mehr als sprengen.
Im Laufe der Befragung hat der Richter mehrfach Whatsapp-Inhalte von Dagmar und Freunden/Freundinnen zitiert, zu denen der Sohn Stellung nehmen musste. Der Sohn hat in den unterschiedlichen, vorausgegangenen Vernehmungen widersprüchliche Aussagen gemacht, so der Richter. Der Richter hat den Sohn sodann befragt, ob die Dinge, die er heute ausgesagt hat, der absoluten Wahrheit entsprechen. Dies bejahte der Sohn und wies darauf hin, dass die Widersprüche darin begründet lagen, dass er Angst hatte von den Brüdern umgebracht zu werden.
Abschließend hat der Richter den Sohn gefragt, ob er noch etwas sagen wolle oder es noch etwas zu sagen gibt, was er noch keinem Menschen erzählt habe. Der Sohn antwortete nur, dass es ihm un endlich leid tue, der Polizei nicht sofort die Wahrheit gesagt zu haben und die 3 Brüder in den Wind zu schießen. Von Reue in Form von „ich hätte meiner Mutter helfen müssen“ kam leider nichts. Für mich unverständlich…aber es ist eben so….
Grüße und nachträglich ein Gutes neues Jahr für euch,
fürdiesenfall