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Düsseldorf: 44-Jähriger verstirbt nach Kantholz-Attacke – Notwehr?
28.08.2014 um 14:08Würde diesen Fall, der mich selbst sehr beschäftigt, gerne zum Thema Notwehr zur Diskussion stellen.
Kurzform:
Am 04.10.2013 gerieten 3 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren mit einem 44-Jährigen (der von seiner Lebensgefährtin begleitet wurde) in der Straßenbahn in Streit. In Folge dessen kam es zu einem Geschehen, das die Beteiligten bzw. Zeugen im Nachhinein teilweise unterschiedlich schilderten.
Als gesichert gilt, dass einer der Jugendlichen den 44-Jährigen mit einem Kantholz an der Haltestelle "An der Piwipp" in Düsseldorf-Unterrath attackierte und diesen lebensgefährlich am Kopf verletzte. An diesen Folgen verstarb der Mann wenige Tage später. Die Jugendlichen flüchteten zunächst, stellten sich aber am nächsten Tag. In den Vernehmungen berief sich der Tatverdächtige (17 Jahre) auf Notwehr. Diese Theorie wurde durch Aussagen seiner Begleiter gestützt.
Anfang Juli diesen Jahres stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen Totschlags aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten ein. Dagegen reichte der Anwalt der Tochter jüngst Beschwerde ein. Ausgang offen.
Wer den Fall nicht kennt, der sollte in diesem Fall "hinten" anfangen und die folgende Pressemitteilung
der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 07.07.2014 lesen:
"Einstellung des Ermittlungsverfahren wegen Totschlags an der Straßenbahnhaltestelle
„An der Piwipp“ in Düsseldorf-Unterrath am 4.Oktober 2013
Das Ermittlungsverfahren ist gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt
worden. Dem Beschuldigten kann nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen
Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung widerlegt werden, in Notwehr gehandelt zu haben.
I.
Am 4.Oktober 2013 kam es in Düsseldorf Unterrath an der Straßenbahnhaltestelle „An der
Piwipp“ zu einer Auseinandersetzung zwischen dem späteren Opfer und dem Beschuldigten,
in deren Verlauf der Beschuldigte dem Geschädigten einen Schlag mit einem Vierkantholz
versetzte. Nach den Feststellungen des Instituts für Rechtsmedizin war die Handlung des
Beschuldigten auch todesursächlich, der Geschädigte verstarb an den Folgen dieser
Einwirkung mit stumpfer Gewalt gegen den Kopf.
II.
Der Beschuldigte hat indes eine vorsätzliche und rechtswidrige Verletzungshandlung
bestritten und angegeben, sich seinerseits durch den Geschädigten angegriffen gefühlt zu
haben, ohne dies mit seiner Bemerkung beim Verlassen der Bahn, was er, der spätere
Geschädigte denn „für ein Problem habe“, provoziert oder für möglich gehalten zu haben.
So sei er zum Einen davon ausgegangen, dass der Geschädigte die Bahn gar nicht mehr an
derselben Haltestelle habe verlassen können, zum Anderen habe er angenommen, die Begleiterin des Geschädigten werde diesen - wie bereits zuvor in der Bahn - von Weiterungen
abhalten können. Für diese ohnedies als Darstellung der inneren Tatseite kaum zu
widerlegende Einlassung des Beschuldigten spricht zudem, dass er erkennbar den aus der
Bahn mitgenommenen Schlaggegenstand mit sich führte und in Begleitung war, was einen
Angriff des Geschädigten umso unwahrscheinlicher erscheinen lassen musste.
Nach der Einlassung des Beschuldigten folgte und näherte sich ihm gleichwohl der spätere
Geschädigte mit einem Gürtel in der Hand und schlug den Beschuldigten von hinten mittels
dieses Gegenstandes, als der Beschuldigte ihm beim Bevorstehen weiterer Einwirkungen
einen einzelnen Schlag mit dem Kantholz versetzt haben will. Von diesem durch seine
Begleiter im Wesentlichen bestätigten und mit den objektiven Gegebenheiten im Einklang
stehenden Sachverhalt ausgehend, durfte der Beschuldigte von einem Angriff ausgehen,
gegen den er sich auch aktiv verteidigen durfte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der
Beschuldigte sich dem Angriff in dieser Situation noch durch Flucht hätte entziehen können :
Hiergegen sprach, dass der Beschuldigte dem Geschädigten in kurzer Distanz
gegenüberstand, nachdem er sich auf den ersten Schlag hin herumgedreht hatte und nach
den Bestätigungen der beiden Begleiter des Beschuldigten der Geschädigte nach dem
ersten Schlag in die Bauch-/ Rippengegend weiter auf den Beschuldigten zugegangen sei
und mit der Gürtelschnalle um sich geschlagen habe.
Schließlich ist der Schlag mit dem Kantholz auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
fehlenden Gebotenheit rechtswidrig. Dass der anschließende Schlag des Beschuldigten
gegen den Kopf des Geschädigten zielgerichtet und nicht, wie vom Beschuldigten
angegeben, zur Verteidigung mit dem Ziel erfolgte, den Geschädigten auf Distanz zu halten,
ist angesichts des hektischen, bewegten Geschehens und der Angst vor eigenen,
möglicherweise erheblichen Verletzungen nicht zu belegen.
III.
Eine Erhebung der öffentlichen Klage bot nach Ausschöpfung aller Ermittlungsansätze
angesichts der vorstehenden Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg.
Im Auftrag
Christoph Kumpa"
Quelle:http://www.presseportal.de/showbin.htx?id=289173&type=document&action=download&attname=10js548-13-2014-06-16-pressemitteilungstaatsanwaltschaft.pdf
---
Hintergrund (offizielle Meldungen der Polizei):http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2570032/pol-d-einladung-zur-pressekonferenz-heute-15-uhr-versuchtes-toetungsdelikt-in-unterrath-44?search=An%2CPiwipphttp://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2570072/pol-d-mk-piwipp-gesuchtes-trio-stellt-sich-vernehmungen-dauern-an?search=MK-Piwipphttp://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2570180/pol-d-einladung-zur-pressekonferenz-heute-13-uhr-mk-piwipp?search=MK-Piwipphttp://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2576766/pol-d-mordkommission-mk-piwipp-obduktionsbefund-liegt-vor-schlag-gegen-den-kopf-todesursaechlich?search=MK-Piwipp
Kurzform:
Am 04.10.2013 gerieten 3 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren mit einem 44-Jährigen (der von seiner Lebensgefährtin begleitet wurde) in der Straßenbahn in Streit. In Folge dessen kam es zu einem Geschehen, das die Beteiligten bzw. Zeugen im Nachhinein teilweise unterschiedlich schilderten.
Als gesichert gilt, dass einer der Jugendlichen den 44-Jährigen mit einem Kantholz an der Haltestelle "An der Piwipp" in Düsseldorf-Unterrath attackierte und diesen lebensgefährlich am Kopf verletzte. An diesen Folgen verstarb der Mann wenige Tage später. Die Jugendlichen flüchteten zunächst, stellten sich aber am nächsten Tag. In den Vernehmungen berief sich der Tatverdächtige (17 Jahre) auf Notwehr. Diese Theorie wurde durch Aussagen seiner Begleiter gestützt.
Anfang Juli diesen Jahres stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen Totschlags aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten ein. Dagegen reichte der Anwalt der Tochter jüngst Beschwerde ein. Ausgang offen.
Wer den Fall nicht kennt, der sollte in diesem Fall "hinten" anfangen und die folgende Pressemitteilung
der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 07.07.2014 lesen:
"Einstellung des Ermittlungsverfahren wegen Totschlags an der Straßenbahnhaltestelle
„An der Piwipp“ in Düsseldorf-Unterrath am 4.Oktober 2013
Das Ermittlungsverfahren ist gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt
worden. Dem Beschuldigten kann nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen
Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung widerlegt werden, in Notwehr gehandelt zu haben.
I.
Am 4.Oktober 2013 kam es in Düsseldorf Unterrath an der Straßenbahnhaltestelle „An der
Piwipp“ zu einer Auseinandersetzung zwischen dem späteren Opfer und dem Beschuldigten,
in deren Verlauf der Beschuldigte dem Geschädigten einen Schlag mit einem Vierkantholz
versetzte. Nach den Feststellungen des Instituts für Rechtsmedizin war die Handlung des
Beschuldigten auch todesursächlich, der Geschädigte verstarb an den Folgen dieser
Einwirkung mit stumpfer Gewalt gegen den Kopf.
II.
Der Beschuldigte hat indes eine vorsätzliche und rechtswidrige Verletzungshandlung
bestritten und angegeben, sich seinerseits durch den Geschädigten angegriffen gefühlt zu
haben, ohne dies mit seiner Bemerkung beim Verlassen der Bahn, was er, der spätere
Geschädigte denn „für ein Problem habe“, provoziert oder für möglich gehalten zu haben.
So sei er zum Einen davon ausgegangen, dass der Geschädigte die Bahn gar nicht mehr an
derselben Haltestelle habe verlassen können, zum Anderen habe er angenommen, die Begleiterin des Geschädigten werde diesen - wie bereits zuvor in der Bahn - von Weiterungen
abhalten können. Für diese ohnedies als Darstellung der inneren Tatseite kaum zu
widerlegende Einlassung des Beschuldigten spricht zudem, dass er erkennbar den aus der
Bahn mitgenommenen Schlaggegenstand mit sich führte und in Begleitung war, was einen
Angriff des Geschädigten umso unwahrscheinlicher erscheinen lassen musste.
Nach der Einlassung des Beschuldigten folgte und näherte sich ihm gleichwohl der spätere
Geschädigte mit einem Gürtel in der Hand und schlug den Beschuldigten von hinten mittels
dieses Gegenstandes, als der Beschuldigte ihm beim Bevorstehen weiterer Einwirkungen
einen einzelnen Schlag mit dem Kantholz versetzt haben will. Von diesem durch seine
Begleiter im Wesentlichen bestätigten und mit den objektiven Gegebenheiten im Einklang
stehenden Sachverhalt ausgehend, durfte der Beschuldigte von einem Angriff ausgehen,
gegen den er sich auch aktiv verteidigen durfte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der
Beschuldigte sich dem Angriff in dieser Situation noch durch Flucht hätte entziehen können :
Hiergegen sprach, dass der Beschuldigte dem Geschädigten in kurzer Distanz
gegenüberstand, nachdem er sich auf den ersten Schlag hin herumgedreht hatte und nach
den Bestätigungen der beiden Begleiter des Beschuldigten der Geschädigte nach dem
ersten Schlag in die Bauch-/ Rippengegend weiter auf den Beschuldigten zugegangen sei
und mit der Gürtelschnalle um sich geschlagen habe.
Schließlich ist der Schlag mit dem Kantholz auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
fehlenden Gebotenheit rechtswidrig. Dass der anschließende Schlag des Beschuldigten
gegen den Kopf des Geschädigten zielgerichtet und nicht, wie vom Beschuldigten
angegeben, zur Verteidigung mit dem Ziel erfolgte, den Geschädigten auf Distanz zu halten,
ist angesichts des hektischen, bewegten Geschehens und der Angst vor eigenen,
möglicherweise erheblichen Verletzungen nicht zu belegen.
III.
Eine Erhebung der öffentlichen Klage bot nach Ausschöpfung aller Ermittlungsansätze
angesichts der vorstehenden Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg.
Im Auftrag
Christoph Kumpa"
Quelle:
Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf:
---
Hintergrund (offizielle Meldungen der Polizei):
05.10.2013 | 12:57 Uhr
POL-D: Einladung zur Pressekonferenz - Heute - 15 Uhr - Versuchtes Tötungsdelikt in Unterrath - 44-jähriger Mann schwebt in Lebensgefahr
05.10.2013 | 19:26 Uhr
POL-D: "MK Piwipp" - Gesuchtes Trio "stellt" sich - Vernehmungen dauern an
06.10.2013 | 09:36 Uhr
POL-D: Einladung zur Pressekonferenz - heute - 13 Uhr - "MK Piwipp"
11.10.2013 | 10:07 Uhrhttp://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2574036/pol-d-mk-piwipp-44-jaehriger-italiener-verstirbt-in-krankenhaus (Archiv-Version vom 14.10.2013)
POL-D: "MK-Piwipp" - 44-jähriger Italiener verstirbt in Krankenhaus
15.10.2013 | 15:40 Uhr
POL-D: Mordkommission "MK Piwipp" - Obduktionsbefund liegt vor - Schlag gegen den Kopf todesursächlich
07.07.2014 | 11:51 Uhrhttp://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/2778209/pol-d-pressemitteilung-der-staatsanwaltschaft-duesseldorf-einstellung-des-ermittlungsverfahren
POL-D: Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf - Einstellung des Ermittlungsverfahren wegen Totschlags an der Straßenbahnhaltestelle "An der Piwipp" in Düsseldorf-Unterrath