domlau schrieb:zweifel blieben am schluß auch dem richter (nebst bauchschmerzen), und ein "freispruch zweiter klasse".
Sicherlich wird das Bauchschmerzen bereiten, denn ein Freispruch der nur in sehr seltenen Fällen nicht aus Mangel an Beweisen erfolgt, hat eben immer auch zwei Elemente. Einmal sagt es, dass es möglich ist, dass die Angeklagten doch an der Tat beteiligt waren, auf der anderen Seite steht dann die Möglichkeit, dass die Angeklagten zu Unrecht längere Zeit in U-Haft gesessen haben und u.U. zu Unrecht dem ganzen Verfahrensstress ausgesetzt waren, nur weil die Ermittler der Sache nicht gerecht geworden sind. Diese hätten es eigentlich schon besser wissen müssen, die Montessori- und Worms-Verfahren waren noch nicht so lange her. Beide Vorstellungen führen sicherlich zu Bauchschmerzen. Für das Gericht war schon die Vorstellung einer unberechtigten U-Haft nicht tragbar, die Angeklagten wurde schon mehr als 1 Jahr vor Prozessende aus der U-Haft entlassen, ein seltenes Ereignis in einem Strafverfahren.
Aber zu einem Rechtsstaat gehören nun mal auch Freisprüche, diese zeigen besonders, dass unser Rechtsstaat funktioniert.
domlau schrieb:ohne den widerruf der glaubwürdigen geständnisse hätte es wohl kaum zu einem freispruch gereicht.
Das ist eine reine Vermutung.
Zweifel an den Aussagen gab es schon recht früh, denn sie unterschieden sich von Anfang an in wesentlichen Teilen ihrer Aussagen.
Schon der weiter oben zitierte Artikel aus der Süddeutschen, der aus der Anfangszeit des Prozessen stampt, spricht hier deutliche Worte:
In Mainz wurden in den Jahren 1994 bis 1997 drei Prozesse gegen insgesamt 25 Angeklagte geführt, denen vorgeworfen wurde, 15 Kinder im Familienkreis über Jahre hinweg missbraucht zu haben. Der letzte dieser Prozesse endete mit dem eindeutigen Unschuldsbeweis für alle Angeklagten.
Droht der Justiz in Saarbrücken ein ähnliches Fiasko? Es gibt keinen einzigen materiellen Beweis. Die Fotos oder Filme, welche die Angeklagte Christa W. von den Vergewaltigungen angefertigt haben soll, wurden nie gefunden. Auch die Leiche Pascals und sein Fahrrad sind bis heute nicht aufgetaucht.
Christa W., die man mit gutem Grund als Hauptangeklagte bezeichnen kann, hat die ihr vorgeworfenen Taten vom ersten Tag an bis heute konstant bestritten. Von den 13 Angeklagten waren bisher nur drei bereit, sich zur Sache zu äußern. Und in den Aussagen dieser drei gibt es eklatante Widersprüche hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs der Taten und der Beteiligung einzelner Angeklagter.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/pascal-prozess-und-sie-liessen-es-geschehen-1.672760Es wurde schon zum Zeitpunkt des Prozessstarts offenbar überdeutlich, dass dieser Ausgang des Verfahrens schon als ein möglicher angesehen wurde.
Zweifel MUSSTEN da dem Gericht entsprechend von Anfang an kommen, dass sind Zeichen, denen es dann nachgehen muss und nachgegangen ist. Soweit ich noch richtig in Erinnerung habe, gab es das die Ermittlerbefragung als kritisch ansehende Gutachten schon vor dem letzten Geständniswiderruf.
Wenn es keine Sachbeweise gibt und es liegt ein Gutachten vor, dass dass die Befragungsmethoden als äußerst kritisch betrachtet und in den Aussagen eklatante Widersprüche existieren, sollte es in einem Rechtsstaat der Widerruf eines Geständnisses nicht mehr Voraussetzungen für einen Freispruch darstellen.
Es ist einer der mahnenden Fälle, an denen die Ermittler ihre eigenen Methoden hinterfragen sollten, denn diese waren es, welche bewirkt haben, dass hier nichts mehr wirklich aufgeklärt werden konnte.
domlau schrieb:zwei kinderschicksale in burbach- eines tot, eines verschollen- sind weiterhin ungesühnt!
Damit muss man in einem Rechtsstaat manchmal leben, das gehört zu einem Rechtsstaat, dass die Gerichte auch den Mut zum Freispruch aufbringen. Bei dem ganzen Pressedruck, der meistens kontra Angeklagten ist (gerade bei solchen Themen spielt meist die ein Großteil der Presse verrückt, weil es die Auflage erhöht, und dann kommen noch Zeitschriften wie die Emma hinzu, die das aus rein ideologischer Sicht versuchen Druck aufzubauen), kostet das sicherlich Überwindung und eine weitere psychologische Hemmschwelle zum Freispruch muss das Gericht dabei auch überwinden, denn es weiß in dem Moment seiner Entscheidung, dass die Angeklagten dann niemals erneut in dieser Sache angeklagt werden können, auch wenn z.B. die Leiche später gefunden wird. Das sind hohe Hürden, die vermutluich bewirken, dass die Anzahl der Freisprüche in ähnlich gelagerten Fällen eher zu gering ausfallen.
Unschuldige zu verurteilen bringt bzgl. der Sühne nicht wirklich etwas, dadurch entsteht neues Unrecht, das hat ein Rechtsstaat unbedingt zu vermeiden.
frauZimt schrieb:Trotzdem muss das nicht automatisch bedeuten, dass auch das Kind dort gewesen ist.
Und wie du schreibst: Vielleicht war er auch manchmal- oder an diesem Tag- ohne seinen Helm unterwegs.
So ist es, aber ausschließen, dass die Tat eher im nahen Umfeld zu suchen ist, kann es nicht. Es ist genaugenommen schon ein Indiz dafür aber in Summe ein sicherlich noch nicht ausreichendes.