QUELLE:
Youtube Kanal: Insolito
Video: Das rätselhafte Verschwinden Lars Mittank - Die Wahrheit | Exklusives Interview | Doku 2020
Datum der Veöffentlichung: 02.08.2020
Video deaktiviert
[Abruf am 12.09.2020].
Dateianhang: Insolito - Interview Privatdetektiv.pdf (118 KB)Kapitel 7: Interview: Privatdetektiv (Minute: 42.43 bis 1.06.21)
Uns zugeschaltet ist jetzt Rainer, einer der Privatdetektive, die noch aktiv für Sandra Mittank arbeiten.
I [Insolito]: Erst einmal Danke, dass du dir die Zeit hierfür nimmst. Hi Rainer.
R [Rainer]: Kein Problem.
I: Ich habe eine paar Fragen vorbereitet und ich selber möchte gar nicht viel reden, sondern einfach dir diese Fläche hier bieten. Um einmal einige Frage zu beantworten, die vielen Usern und Hobby- und Internetdetektiven auf den Herzen liegen. Ja, ich würde sagen, da reden wir gar nicht groß drum herum, sondern fangen einfach mal direkt an. Welche Ermittlungen habt ihr unternommen?
R: Oh, im Fall Lars Mittank haben wir meiner Meinung nach alles nur erdenklich Mögliche unternommen. Wir haben das gesamte Gebiet um den Flughafen herum in alle Himmelsrichtungen in alle Himmelsrichtungen weiträumig zu Fuß, mit dem Flugzeug und mit einer Drohne mit Wärmebildkamera komplett abgesucht. Wir haben knapp über 100 Leute zusammengetrommelt, die ähnlich wie eine Hundertschaft bei der Polizei dieses Gelände Stück für Stück für Stück durchstreift haben und immer miteinander in Kontakt gestanden haben um dann wirklich zu klären, ist das irgendwo, im Waldgebiet auch, eine selbst gebaute Hütte, eine Erdhöhle, wo man sich drin verkriechen kann und so weiter. Wir haben einen Hund dazu geholt, der Spuren des Menschen aufnimmt. Und dieser hat an einer Jacke von Lars gerochen und hat daraufhin auch die Suche aufgenommen. Er hat auch Spuren gefunden. So wie man das dann deutet. Er hat dann seine Richtung angegeben, ist dieser Richtung auch gefolgt. Aber diese Spur ist dort, an einem gewissen Punkt, einfach abgebrochen.
Es wurden von uns Lautsprecher-Durchsagen in diesem Waldgebiet ausgestrahlt. Wir haben auf, so blöd es klingt, eigener Art und Weise eine Soundanlage in ein Auto gebaut und haben uns Lautsprecher an das Auto außen angebracht und sind mit einer Durchsage von Sandra Mittank durch diesen Wald gefahren. Über die Hauptstraßen, über die Schleichwege und haben sie dort nach Lars rufen lassen. Dass Lars doch bitte an die Straße kommen möchte, dass er einfach vielleicht auch, selbst wenn er sich nicht mehr erinnern kann, sich an diese Stimme zurückerinnert. Dass ihm diese Stimme bekannt vorkommt oder dass ihn diese Stimme vielleicht sogar magnetisch anzieht und er ihr entgegenläuft.
Das sind nur wenige Punkte, die wir gemacht haben.
Und mittlerweile muss ich auch ganz ehrlich sagen, fallen uns immer mehr neue Dinge ein, die wir machen. Wo wir eine Idee kriegen, wo wir die Umsetzung planen und diese auch tatsächlich umsetzen.
Selbst bei mir, der jetzt sechs Jahre in diesem Fall aktiv ist, ist es so, dass ich Tag und Nacht, wenn ich am Arbeiten bin, wenn ich privat unterwegs, alle Eindrücke, die mir in den Kopf kommen, alle Ideen, die mir kommen, dann im Nachhinein dann mit Sandra bespreche. Und sie frage, was denkst du? Ist das eine Möglichkeit wie wir das machen könnten? Wie wir einen Schritt weitergehen können? Ich halte mit Sandra täglich Kontakt um auch wirklich zu gucken, dass es, wenn es Erneuerungen gibt oder wenn es neue Ansätze, dass wir die dann auch sofort besprechen. Ohne dass in irgendeiner Art und Weise viel Zeit vergeht. Dass man direkt darauf eingeht und vielleicht auch innerhalb der nächsten 24h sofort tätig wird und diese Idee auch umsetzt.
I: Kannst du vielleicht auch nochmal genauer auch erzählen, wie das – Also, du hattest im Vorgespräch erzählt, dass die Plakate, die ihr anfangs aufgehangen habt, in Varna selbst, dass die auch abgehangen wurden. Warum wurden die abgehangen?
R: Also die ersten Plakate, die jemals gedruckt wurden für die Suche nach Lars, ähnelten sehr den Sterbeanzeigen, die die Bulgaren aufhängen, wenn jemand gestorben ist im Dorf. Daraufhin haben wir unsere Plakate abgeändert und angepasst. Und diese Anpassungen haben wir dann dort an Bäume gepinnt, an Laternen, an Häuser, wenn es möglich war. Und im Nachhinein wurden wir angesprochen von der Polizei und von der Stadt Varna, dass wir doch bitte diese Dinger sofort abhängen sollen, weil wir sonst eine Anzeige bekommen aufgrund der Umweltverschmutzung. Und dann konnten wir nur noch andere Wege suchen und durften nicht mehr öffentlich plakatieren. Und sind dann auf Geschichten gegangen wie Werbung in Taxen, weil jedes Taxi in Bulgarien ein Tablet, worüber sie navigieren, worüber sie ihr Taxometer laufen lassen. Und dort sind wir dann beigegangen und haben Werbung geschaltet mit einem Flyer auf Bulgarisch für die Suche nach Lars.
Wir haben alle TV-Sender, die in irgendeiner Art und Weise Interesse hatten, bedient. Wir haben jeden Fernsehsender, jeden Radiosender bedient. Wir sind selbst hingefahren, haben die angesprochen. Wenn kein Interesse bestand, dann konnte man dann nicht viel daran ändern.
Wir haben jede Zeitung, die in irgendeiner Art und Weise mit reinkam, ebenso bedient, dass es wirklich so weit gestreut werden konnte wie es nur ging. Aber wir haben auch gemerkt, egal wie weit wir an die Stadt rangekommen sind oder egal, wie fern wir weggegangen sind, da gibt es immer noch Personen, die nie etwas von dem Fall Lars gehört haben. Weil die halt auch medial nicht erreichbar sind. Nicht über Fernsehen, nicht über Internet, nicht über Telefon. Also selbst über Smartphone Geschichten ist es tatsächlich so, dass einige Leute dort nie etwas vom Fall Lars Mittank gehört haben.
Und das passiert uns auch in Deutschland. Wenn wir Leute in Deutschland ansprechen. Dass zum Beispiel eine Zeitung in Deutschland einen Bericht bringen, es gibt immer noch Leute, die von dem Fall nie etwas gehört haben.
I: Kannst du vielleicht gerade auch in dem Zusammenhang einmal auf die Vorwürfe eingehen, dass Sandra Mittank nicht genug ermittelt haben soll, in dem Fall selber geholfen haben soll. Einfach, das haben wir im Vornhinein auch besprochen, dass wir einfach diese ganzen Vorwürfe auch zum Verstummen bringen. Du warst ja dabei. Du kannst ja bezeugen, dass Sandra da mehr als mitgeholfen hat.
R: Also, Sandra Mittank war mit mir und genauso mit meinen Kollegen in der ganzen Zeit mehrfach zusammen in Bulgarien. Ab einem ganz bestimmten Punkt konnte sie aber nicht mehr in Bulgarien aktiv werden, weil wir sie auch einfach schützen müssen und mussten. Und Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, Sandra aus Bulgarien rauszuhalten. Aber aus der Ferne, per Internet, per Telefon hat sie so viel geholfen, wie es nur ging. Und dass man ihr vorwirft, dass sie nicht genug getan hat, das kann ich überhaupt nicht verstehen.
I: Dankeschön schon mal dafür. Also, dass die Vorwürfe haltlos sind, sollte eigentlich jeder wissen, der sich genau mit dem Fall beschäftigt. Aber einfach für die Leute, die es nicht verstehen wollen, dann einfach nochmal klipp und klar wollte ich das nochmal abklären. Kannst du vielleicht auch gerade bezüglich der Ermittlungen nochmal darauf eingehen, inwiefern die bulgarische Polizei mit euch zusammengearbeitet hat?
R: Die bulgarische Polizei hat mit uns gar nicht gearbeitet. Also das muss ich ganz klar so sagen. Wir haben unsere eigenen Ermittlungen geführt und die Bulgaren haben für sich ihre eigenen Ermittlungen geführt. Es läuft nicht so wie in Deutschland. In Deutschland ist es so, dass ich Hinweise habe, dann gebe ich die an die Polizei weiter und die Polizei wird tätig. Manchmal mag man zwar sagen, es dauert eben bei der deutschen Polizei, aber in Bulgarien haben wir festgestellt, dass dort gar nichts gemacht wird. In Bulgarien ist der Fall auch noch lange nicht geschlossen. Weil in Bulgarien gibt es ein Gesetz, das besagt, ist eine Person vermisst und wird sie nicht lebend oder tot gefunden, muss dieser Fall offen bleiben. Und die Bulgaren sind an sich auch interessiert daran, dass diese ganze Sache aufgeklärt wird.
Aber durch die begrenzten Mittel und auch durch die große Reichweite der Umgebung, wo er hätte sein können, hat die bulgarische Polizei einfach gar nichts gemacht.
Also, ich habe von einer aktiven Arbeit, außer dass der nette Herr am Schreibtisch gesessen hat und Sandra befragt hat, nichts mitbekommen, dass sie in irgendeiner Art und Weise aktiv gesucht haben.
I: Dann würde ich sagen, machen wir einfach mal direkt einen größeren Schwenk. Ich hatte in der Doku auch über den ominösen Mann, der ins Sprechzimmer des Arztes am Flughafen geplatzt sein soll, gesprochen. Und auch die drei Versionen angesprochen. Was glaubst du denn, was es mit diesem ominösen Mann auf sich hat? Kannst du vielleicht dazu auch genauer etwas sagen? Also ich hatte in der Doku auch erwähnt, dass der leitende Ermittler nach Bulgarien kam und ihm einfach ein Mann vorgesetzt wurde.
R: Der Arzt, der dort Lars untersucht hatte am Flughafen, hat in mehreren Befragungen verschiedene Aussagen getroffen, dass dort jemand reingekommen sein soll, der Lars wohl in Anführungsstrichen aufgeschreckt hat. Er hat nur die Tür geöffnet, oder soll die Tür geöffnet haben, kurz reingeguckt haben, was auf Bulgarisch gesagt haben, dann Tür wieder zu und dann wäre die Sache erledigt gewesen. Und wenig später ist Lars dann wohl losgerannt.
Diese Aussage des Arztes können wir nicht belegen. Da diese Aufnahmen, wo man eigentlich hätte sehen können, dass dort jemand ins Zimmer geht, vom Flughafen bzw. den Flughafenbetreiber vom Sicherheitsdienst des Flughafens gelöscht wurde. Selbst wenige Tage später, als Sandra sich die Aufnahmen angeguckt hat, waren diese Aufnahmen schon gelöscht. Der bulgarischen Polizei genauso wie der deutschen Polizei wurde nur Material gegeben, wo Lars kurz drauf zu sehen ist. Also er läuft ins Bild, er läuft aus dem Bild raus und so weiter. Wir wissen aber, Lars ist schon weit vorher am Flughafen gewesen. Lars hat sich am Flughafen was zu essen gekauft. Lars hat sich am Flughafen das Gesicht gewaschen und hat sich frisch gemacht. Davon hätten überall Aufnahmen existieren müssen. Diese Aufnahmen sind aber weg.
Und dass der Arzt wirklich die Wahrheit spricht, dass dort jemand ins Zimmer gekommen ist, das kann ich nicht bestätigen. Und es basiert nur auf die Aussagen des Arztes. Und wie viel ich dem Arzt Glauben schenke, kann man sich an drei Fingern abzählen, nämlich gar nicht.
I: Gerade auch das Dokument, was jetzt in der Dokumentation auch veröffentlicht wurde, und auch der Anruf von Frau Mitrova, die sprechen ja auch für die unschlüssigen Aussagen des Arztes. Um das einfach mal so zu sagen.
R: Genau, also dieses Dokument, was dort jetzt mit reingenommen wird in deine Dokumentation, besagt, dass Lars eingewilligt hat, auf eigene Verantwortung ins Flugzeug zu steigen und zu fliegen. Genauso haben wir ein Dokument, wo es heißt, dass Lars untersucht wurde, wie viel Fieber er hat und so weiter, also ein Untersuchungsdokument sage ich jetzt mal. Da hat Lars sogar versucht drauf zu unterschreiben, aber es wurde kurz vorher abgebrochen, weil der Arzt dort unterschreiben müsste. Und der Arzt hat Lars eine Rechnung ausgestellt von 100 Leva, die er dort bezahlen musste.
Also diese Dokumente liegen uns dank Polizei und auch dank der ganzen Situationen, liegen uns die vor. Auch der Werdegang von Lars im Urlaub, nachdem er geschlagen wurde und so weiter, können wir klar nachvollziehen. Wir haben die Belege der Apotheken. Wir haben die Belege vom Hotel und so weiter. Also der Weg von Lars ist zu 100 Prozent aufgebaut und rekonstruiert.
Wir wissen auch, dass er. nachdem er aus dem Hotel raus ist, in die falsche Richtung gelaufen ist. Weil er in der falschen Richtung aufgegriffen wurde.
I: Ja, kannst jetzt auch nochmal, wenn wir schon von dem Hotel sprechen, genau auf die Episode im Hotel eingehen? Warum Lars da hellhörig wurde und gedacht hat, abgehört zu werden? Du warst ja auch vor Ort.
R: Also, zu dem Hotel muss man ganz klar sagen, ich persönlich, auch wenn ich schon in vielen schlimmen Hotels geschlafen habe, ich würde in diesem Hotel nicht freiwillig schlafen wollen. Man kommt in dieses Hotel rein. Und es ist einfach meiner Meinung nach sehr ungemütlich. Und dann noch hinzu, dass man dort auch klar als Tourist zu erkennen ist in dieser Region. Denn in dieser Region, man braucht die Straße nur hochlaufen vom Hotel weg, auf die nächste Hauptstraße, kommt man auf der einen Seite in ein großen Gipsy Zigeuner Viertel. Das sind wenige 100 Meter. Und auf der anderen Seite kommt man zu vier oder sechs riesengroße Mehrfamilienhäuser, wo Tag und Nacht immer jemand unterwegs ist. Wo man wirklich auch Tag und Nacht jemanden antreffen kann, weil teilweise die Läden dort auch Tag und Nacht aufhaben.
Das Hotel an sich habe ich insoweit kontrolliert, dass ich reingegangen bin und unter einem Vorwand mir die Zimmer dort angeschaut habe. Wir haben vorgegeben, wir möchten uns da einbuchen, weil wir unseren Flug nicht gekriegt haben und suchen ein billiges Hotel. Da wurde uns dann erzählt, „Ja, wir haben noch einige Zimmer frei. Bitte, hier ein Schlüssel zum dritten Stock, da können Sie sich ein Zimmer angucken.“ Da war es dann so, dass ich, dadurch dass mein Kollege unten an der Bar gestanden hat und sich eine Cola bestellt hat, während der Wartezeit selbst ich deren Gespräch im dritten Stock im Badezimmer und auch bei geöffneter Badezimmertür, im Schlafzimmer hören konnte. Dieses Hotel ist so hellhörig, dass ich ihm theoretisch gesehen auch hätte runterrufen können. Das hätte er gehört. Und ich habe alles gehört, was die beiden unten gesprochen haben. Dementsprechend, das Hotel ist sehr sehr hellhörig. Meiner Meinung nach nicht sauber. Und dass dann unter den Gesichtspunkten, dass Lars dort bezahlt hat und anschließend seine Kreditkarte kopiert wurde mit einer Art Blaupause, da kann dann super nachvollziehen, dass Lars gesagt hat, „Mama, sperre meine Kreditkarte. Ich habe hier, betreffend meiner Kreditkarte, ein komisches Gefühl. Sperre diese bitte.“
I: Okay. Ja, danke dir schon mal dafür. Damit das hier auch den zeitlichen Rahmen nicht sprengt, könntest du vielleicht etwas zum gesundheitlichen Zustand von Lars sagen? Was glaubst du? Also ich hatte in der Doku schon angeteasert, dass du eine bestimmte Theorie zu Lars‘ Gesundheitszustand hast. Kannst du das vielleicht elaborieren? Also wie du dazu stehst, was deine Theorie ist.
R: Ich muss erstmal ganz klar sagen, solange (wir) Lars nicht tot gefunden haben, lebt er für mich. Und ich suche nach einem Lebenden. Das ist für mich ein klarer Punkt. Denn wenn ich nach einem Toten suche, habe ich dann zu einem gewissen Teil aufgegeben und das werde ich nicht zulassen. Das möchte auch die Familie nicht. Und das muss man auch als Nicht-Angehöriger und auch als Beobachter der Seite einfach verstehen. Das machen, blödes Beispiel, auch Personen, die ihre Katze oder ihren Hund suchen. Die suchen auch nicht nach einem toten Hund oder nach einer toten Katze, die im Graben liegt. Sondern die suchen aktiv nach einem lebenden Tier. So machen wir das auch. Wir suchen aktiv nach einer lebenden Person. Und wenn man dort dann in dem Fall auf den Toten stößt, dann ist das so. Dann ist das aber immer noch eine bessere Antwort. Und man hat dort dann halt auch die Gewissheit, man muss nicht mehr weitersuchen. Aber wir suchen aktiv nach einer lebenden Person. Und das wird auch so bleiben. Egal wie viele Leute sich dagegenstellen wollen oder wie viele Leute im Nachhinein sagen, „Ja, sucht doch lieber nach einem Toten oder hört auf zu suchen“. Weildiese Vorwürfe kommen auch. Das wollen wir nicht und das werden wir auch nicht tun. Und das werde ich als Ermittler auch nicht tun.
Betreffend der Gesundheit von Lars bin ich klar der Meinung, dass er das Urvertrauen in den Menschen verloren hat. Weil ihm das am Goldstrand passiert ist und dadurch, und in Kombination mit Tabletten, die nachweislich Halluzination auslösen sollen, in einer retrograden Amnesie gefallen sein kann. Das heißt, er kann vergessen haben, er heißt Lars, wo er herkommt und so weiter. Hat aber immer noch die Fertigkeiten, sprich er kann, was seinem Beruf typisch ist. Er kann schweißen. Er weiß, wo welches Kabel hingehört und solche Geschichten. Also handwerkliche Fähigkeiten bleiben meistens erhalten, aber so personenbezogene Geschichten verschwinden. Ich habe mit einigen Ärzten gesprochen, auch mit einem Facharzt aus der Charité in Berlin, und dieser ist der Meinung, dass es tatsächlich durch diesen Schlag aufs Ohr zu einem Blutgerinnsel im Kopf gekommen sein kann, der eine retrograde Amnesie auslöst.
In dem Fall, dass Lars sich dann in irgendeiner Art und Weise aufregt, dass er einen Adrenalinschub kriegt und so weiter, schwillt das Gehirn an, weil der Puls sich erhöht und dadurch wird die retrograde Amnesie immer wieder auf den Ursprung, sage ich jetzt mal, zurückgeführt. Dass der Körper dann gar keine Kraft mehr hat in dem Moment sich zu erholen, sondern er immer noch in diesem Tunnel drinsteckt. Es gibt irgendwann einen Auslöser, der ihm wieder aus diesem Tunnel heraus katapultiert. Aber da weiß man halt nicht, was ist der Auslöser. Es gibt den Fall eines Amerikaners, der hat mit 16 Jahren einen Unfall gehabt, hat dann alles vergessen, was er in den 16 Jahren zuvor erlebt hat. Und ist dann in sein komplett neues Leben gestartet. Er hatte eine Frau, er hatte zwei Kinder, hatte alles super gehabt. Und 51 Jahre später hatte er einen Autounfall. Und dieser Autounfall hat diese Bremse oder diese Sperre im Kopf aufgelöst. Plötzlich konnte er sich nur noch an seine 16 Jahre erinnern. Und nicht mehr an das Leben, was er dann schon viel länger geführt hat. Der Rest war dann wieder ausgelöscht. Und man musste ihm das mühevoll wieder beibringen.
Da sind so die Punkte, wo dann jeder sagt „Ja, aber das kann ja nicht ewig dauern.“ Solche Sachen können schon länger dauern, wenn es nicht diesen sogenannten Reizpunkt, diese sogenannten Punkt gibt, was ihn dann wieder zurückschießen kann.
Und letztendlich wissen wir nicht, was es ist. Dementsprechend müssen wir hoffen, dass wir ihn vorher finden oder dass er tatsächlich diesen Reizpunkt kriegt und er dann dadurch wieder nach Hause findet.
I: Du sprichst den Punkt schon an, Finden. Was kannst du den Zuschauern denn mit auf den Weg geben. Also, was, wo könnte er sich befinden, wo sollten sie die Augen offen halten? Am besten natürlich überall, einfach mal Worte zum Schluss hin.
R: Am besten kann jeder, der uns helfen möchte, die Augen aufhalten und seine Umgebung gut im Auge behalten. [Anm. d. Erf.: Es folgt „der Aufruf“, der hier nicht festgehalten werden will. Daher ist Minute 1.02.57 bis 1.05.03 nicht transkribiert.] Und wir haben in der Zeit, seitdem wir nach Lars suchen nicht nur Obdachlose gefunden. Wir haben Leichen gefunden. Wir haben Leute gefunden, die selbst bestimmt frei leben, sag ich jetzt mal, im Wald leben, die auch seiner Beschreibung entsprachen. Weil dieses Blond-Braune von den Haaren, mit diesem Bartwuchs, mit diesem leichten rötlich-braunen Stich, den er drin hat, ist nun mal nicht selten. Und Lars hat halt eben keine Tätowierungen auf dem Unterarm oder sonst wo, dass man ihn gleich erkennen könnte, die markant ist. Woran man ihn erkennen könnte, wären einfach nur zwei, drei Narben. Aber diese Narben sind bei bestimmten Kleidungsstücken und auch bei bestimmter Gesichtsbehaarung oder langen Haaren einfach nicht mehr erkennbar.
Und dementsprechend müssen wir die Suche aufgrund unseres Profilbildes so allgemein wie es in dem Fall wirklich nur geht um auch die Reichweite in dem Fall auch so hoch zu haben wie es nur geht.
I: Ja, vielen Dank, Rainer, für das Gespräch.
R: Kein Problem.
I: Wir hoffen das Beste und ja, Dankeschön.
R: Bitte, gerne.