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Video: Verschwunden in Bulgarien: Der Fall Lars Mittank
Datum der Veröffentlichung: 06.09.2014
Verschwunden in Bulgarien: Der Fall Lars Mittank | SPIEGEL TV
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[Abruf am 13.09.2020].
Dateianhang: Spiegel TV - 2014 Lars Mittank.pdf (147 KB)Videobeschreibung:
Bei einem Partyurlaub verschwindet der 28-jährige Lars Mittank am bulgarischen Goldstrand. Seine Spur verliert sich irgendwo zwischen der Partymeile am Strand und dem Hinterland. Lars Mutter hat einen Detektiv mit der Suche nach ihrem verlorenen Sohn beauftragt. Unsere Reporterin Kathrin Sänger hat den Ermittler exklusiv begleitet.
Die Welt der Familie Mittank in Marne an der Nordsee ist seit Wochen komplett aus den Fugen geraten. Ihr Sohn ist verschwunden.
[Anm.: Das Telefon klingelt. Sandra Mittank nimmt das Gespräch an.] Sandra Mittank: „Nee, ich hab jetzt keine Zeit, tut mir leid. Ich muss sie leider abwürgen, nein. Nein, tut mir leid.“
Sandra Mittank: „Ja, ich hab immer das Gefühl, dass ich denke, es könnte eventuell mein Sohn am Telefon sein und mich um Hilfe bitte, um mir zu sagen, wo er ist.“
Seit 7 Wochen keine Nachricht, kein Lebenszeichen. Nichts. Dabei gilt ihr Sohn Lars als sehr zuverlässig.
Sandra Mittank: „Er hilft sehr viel, weil mein Man hatte einen Schlaganfall vor zwei Jahren gehabt. Und seitdem braucht er eben auch Hilfe. Also er kann körperlich nicht mehr so viel arbeiten. Und deswegen hilft er uns. Lars geht sieben Tage die Woche Schicht arbeiten in Wilhelmshaven und kommt nach dieser Schicht im Prinzip jedes Mal hier her. Das ist eben einfach ein guter Sohn. Einen besseren Sohn können wir uns nicht wünschen.“
Der 28jährige Lars Mittank gönnt sich Anfang Juli das erste Mal in seinem Leben einen Männerurlaub. Eine Woche in Bulgarien mit Bekannten aus der Schulzeit. Sie wollen es richtig krachen lassen. Für Billig-Touristen besonders verlockend der Goldstrand in Varna. Mit exzessiven Partys, Drogen und allem was dazu gehört. Auch Lars war hier unterwegs.
Wo genau versucht Privatdetektiv Andreas Gütig im Auftrag der Eltern zu recherchieren. Gütig ermittelt schon seit Wochen vor Ort in Varna. Immer auf der Suche nach einem Lebenszeichen von Lars.
[Anm.: Gütig ist an einem baufälligen, stark vermüllten, leerstehenden Haus.] Andreas Gütig: „Ja. Hier befinden wir uns an einem Haus. Das ist typisch für diese Region. Hier sind Obdachlose, die tatsächlich hier übernachten und wie man hier sieht, komplett im ganzen Haus Zeichen [Anm.: die Wände sind voller Tags.] angebracht und selbst danach gehe ich. Dass irgendwo Lars eine Nachricht hinterlassen haben könnte. Aus seiner Panik heraus, „Hilfe Lars“ oder was weiß ich auch immer. Selbst darauf achte ich.“
Die letzte Station von Lars vor seinem Verschwinden hat Detektiv Gütig ermittelt. Ein Flughafen-Arzt hatte Lars als letzter in Varna gesehen. Der junge Deutsche stand möglicherweise unter Drogen. Als ein uniformierter Flughafenmitarbeiter erschien, verließ er das Zimmer fluchtartig.
[Anm.: synchron übersetzt] Der Flughafen-Arzt: „In dem Moment als er den Uniformierten gesehen hat, hat er sich total erschreckt., sagte, er hat Angst um sein Leben. Er will nicht sterben.“
Das letzte Bild des jungen Mannes [Anm.: Gezeigt wird Lars mit Reisetasche in der einen und etwas zu essen in der anderen Hand.], Gepäck und Telefon ließ er zurück. Seine Mutter hatte ihm sogar noch Geld überwiesen. Er holte es nie ab.
Fest steht, am Samstag (5. Juli 2014) vor seiner Rückreise hatte Lars eine Auseinandersetzung. Angezogen mit einem grünem Werder Bremen T-Shirt eckt er bei Bayern München Fans an. Ein Wort gibt das andere.
[Anm.: Gütig steht vor dem Imbiss, Ronald McDonald im Hintergrund.] Andreas Gütig: „Hier ist eigentlich der ausschlagenden Punkt, wo Lars tatsächlich in eine Schlägerei verwickelt war. Hier wurde Lars definitiv verletzt. Lars ist von da hinten, von einer Discothek zu seinem Hotel Viva nach vorne durchgegangen. Und hier ist eigentlich die Schlüsselstelle gewesen, wo anscheinend entweder Russen oder Bulgaren bezahlt wurden, um Lars tatsächlich in eine Schlägerei zu verwickeln. Und hier hat Lars auch die Verletzung davongezogen, dass sein Trommelfell reingerissen war und das war auch die Ursache, wo er nicht fliegen konnte.“
Lars versucht sich am Sonntag zu regenerieren, das verletzte Ohr zu schonen. Flugfähig ist er am nächsten Tag trotzdem nicht. Die Kumpels reisen ohne ihn nach Hause.
Sein Freund Kai stellt Lars schon seit der Kindheit. Er hat mit Bekannten die Facebook Seite Findet Lars Mittank ins Leben gerufen. Das Verhalten der alten Schulfreunde ist ihm unverständlich.
Kai: „Er war verletzt und war nicht reisefähig. Und meiner Meinung nach hätte in dem Moment jemand mit vor Ort bleiben müssen und sagen, „Nee, komm, wir fliegen einen Tag später zusammen oder wir setzen uns zusammen in den Bus, wenn Fliegen gar nicht geht.“
Lars, angeschlagen und flugunfähig, versucht in Varna in einem Krankenhaus aufgenommen zu werden. Vergebens.
Nach Recherchen des Detektivs bringt ein Taxifahrer Lars am 7. Juli ins Hotel Color. Die Absteige liegt im berüchtigten Roma-Viertel (…) Möglicherweise ein Fehler.
[Anm. Gütig steht vor dem Hotel Color.] Andreas Gütig: „Hier beginnt auch diese dubiose Geschichte eigentlich. Weil hier hat angefangen, Lars in Panik zu kommen. Er hat fluchtartig um 4.00 Uhr das Hotel verlassen. Hat ein Versteck aufgesucht. Hat auch mit seiner Mutter kommuniziert, zweimal. Dass er Angst um sein Leben hat.“
Für die weiteren Ermittlungen kommt Unterstützung. Ein russischer Kollege soll verdeckt im Hotel Color weiter recherchieren.
[Anm. Gütig und Kollege im Taxi sitzend.]
Gütig: „Der Vorteil ist ja, dass du beide Sprachen beherrschst. [Kollege nicht, bestätigt.] Dass du dich mehr Richtung Deutscher ausgibst als anstatt Russe oder sonst irgendetwas, verstehst du? Dass wir noch die Chance haben, dass die denken, dass du die Sprache nicht beherrschst und dass die irgendetwas da in ihren Kreisen sagen.“
Kollege [starker Akzent, leicht gebrochen]: „Also meinst du, da muss ich die als-.“
Gütig: „Als Deutscher auftreten. Weil dann haben die vielleicht den Hintergrund, „Ja, der versteht uns eh nicht, da können wir über Drogen reden oder sonst irgendetwas“, aber du bekommst es mit und kannst uns dann Informationen liefern. Weißt du, was ich meine?“ [Kollege bejaht mehrmals.]
Von Lars Mittank gibt es bis dahin immer noch kein Lebenszeichen. Er hat weder Kontakt mit seiner Familie aufgenommen noch Geld abgehoben. Der Verdacht des Detektivs, Lars kam im Hotel in Kontakt mit Drogen. Für die These spricht, dass Lars in jener Nacht mehrmals seine Mutter anrief. Er war panisch, fürchtete sich im Hotel, wollte aus Varna verschwinden. Angeblich sei er in der Schwarzmeer-Stadt nicht mehr sicher.
Sandra Mittank: „Da hat sich schon irgendwie das Herz zusammengekrampft. Wenn man so weit weg ist und nicht viel tun kann. Ich hab natürlich versucht, meine eigenen Ängste hinten anzustellen und ihm Kraft zu geben und ihm gut zu zusprechen. Fest zu sein beim Gespräch, aber natürlich geht einem alles Mögliche durch den Kopf. Wenn dein Kind da rumirrt, in einer Gegend, die er nicht kennt.“
In Varna trifft Detektiv Gütig seinen Kollegen am Morgen am Hotel Color.
Gütig [lachend]: „Hi, grüß dich. Ich bin froh dich zu sehen. Und wie schaut es denn aus?“
Kollege: „Also, war ich 1,5 Stunden unten, in Bar gehockt. Da kann man Gras kaufen, Prostituierte, eigene.“
Gütig: „Wie kommst du darauf wegen Gras kaufen? Hast du da-“
Kollege: „Weil Getränke bestellt, mit dem gequatscht. Kein Problem, sagt er.“
Gütig: „Also, das Zimmer ist sauber, was Technik betrifft. Es ist auch keiner drin gewesen in der Zeit, wo du außerhalb vom Hotel warst.“
Kollege: „Kein Gast, gar nichts. Ganz ruhig.“
Gütig: „Okay, okay.“
Am Tag seines Verschwindens macht sich Lars gegen 5.00 Uhr morgens mit Gepäck auf den Weg zum Flughafen. Eine halbe Stunde später liest ihn eine Sozialarbeiterin auf, die mit dem Taxi unterwegs ist.
Gütig: „Denen ist aufgefallen, dass Lars also sehr sehr stark gewunken hat. Und sie hat ihn dann gebeten, mitzufahren. Also, die hat ihm das angeboten und das hat Lars auch wahrgenommen. Und ihr ist aufgefallen, auch dem Taxifahrer, dass Lars sehr erweiterte Pupille hatte.“
Gegen 6.00 Uhr liefert sie Lars am Flughafen ab. Die Überwachsungskamera des Flughafens registrieren, dass er sich bis 9.20 Uhr im Flughafen-Gebäude herumtreibt. Er bitte seine Mutter, ihm 500,00 Euro per Western Union zu überweisen, macht sich im WC frisch. Dann geht er zum Arzt.
Der Flughafen-Arzt: „Er rieb seine Hände, war unruhig, hatte kein Vertrauen als wir versuchten, etwas gegen die Schmerzen in seinem Ohr zu unternehmen. Die Medikamente, die wir ihm gaben, ließ er auf den Tisch liegen und sagte, „Ich möchte nicht behandelt werden.“
Zeugen beobachteten wie Lars das Flughafen-Gebäude verlässt und lossprintet. Für den Freizeit-Triathleten ist der 2,5m hohe Stacheldraht-Zaun kein Hindernis. Dann verliert sich seine Spur.
Jetzt eine neue Nachricht. Lars wurde drei Tage nach dem Verschwinden angeblich gesehen. 90 Kilometer von Varna entfernt. Zuhause in Deutschland ist Mutter Sandra für alles gewappnet.
Sandra Mittank: „Ich habe immer schon Sachen zu liegen, falls ich einen Anruf bekomme, dass ich dann auch sofort losfliegen kann.“
Reporterin: „Das sind jetzt welche Sachen?“
Sandra Mittank: „Das sind jetzt Sachen für Lars. Weil er braucht sicherlich neue Sachen, weil er ja nichts mehr unten hat. Dass er sich dann umziehen kann und in seinen Sachen auch wieder wohlfühlen kann. Ich stehe eigentlich immer schon auf gepackten Koffern, damit ich dann auch gleich los düsen kann. Wenn ich einen Anruf bekomme und man ihn findet.“
Mittels Spenden will die Mutter die Suche intensivieren.