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@KaterPaulchen sagt doch alles aus. Vielleicht überzeugt es auch den Pfiffi
Stelle ihn mal ganz hier rein
zwei Toten in Babenhausen hat das Landgericht Darmstadt am Dienstag das Urteil gesprochen. Die 11. Kammer befand den 41 Jahre alten Angeklagten des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Der Mann soll im April 2009 seine Nachbarn, den Makler Klaus T. und dessen Frau, erschossen haben. Die schlafende Tochter Astrid wurde schwer verletzt.
DARMSTADT/BABENHAUSEN.Die 11. Kammer befand den 41 Jahre alten Angeklagten aus Babenhausen (Bildmitte) des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Foto: Alexander Heimann
Die 11. Kammer befand den 41 Jahre alten Angeklagten aus Babenhausen (Bildmitte) des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Foto: Alexander Heimann
Entsetzt und verzweifelt reagierte die Familie des 41 Jahre alten Angeklagten aus Babenhausen gestern im Landgericht Darmstadt auf das Urteil: Die elfte Strafkammer unter Vorsitz von Richter Volker Wagner sieht es anhand der Indizien als erwiesen an, dass der Mann am 17. April 2009 seine Nachbarn Klaus und Petra T. getötet sowie die behinderte Tochter schwer verletzt hat und verurteilte den Familienvater wegen Mordes in zwei Fällen sowie versuchten Mordes zu lebenslanger Haft. Gleichzeitig stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Somit ist eine Haftentlassung nach frühestens 15 Jahren nahezu ausgeschlossen. Die Verteidigung hat angekündigt, in Revision zu gehen.
Es sei ein Urteil am Ende eines Verfahrens, „wie wir es selten erlebt haben“, sagte Richter Wagner. Mit einem solch kontrovers diskutierten Indizienprozess habe zumindest diese Kammer sich noch nicht befassen müssen. Wie gegensätzlich die Positionen waren, belegten die Plädoyers von Anklage und Verteidigung: Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert, die Rechtsanwälte Freispruch. Die Urteilsbegründung von Richter Wagner dauerte dann auch knapp zwei Stunden. Der Angeklagte hörte sich den Vortrag nahezu regungslos an. Er bestreitet, die Tat begangen zu haben, hatte an den 18 Verhandlungstagen aber geschwiegen. „Dass ein Täter so cool ist, ist uns noch nicht wiederfahren“, sagte der Richter.
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass andauernde Lärmbelästigung seitens der Nachbarn das Motiv für die „unvorstellbare Tat“, wie es Richter Wagner ausdrückte, gewesen sei. „Ein Motiv erwächst aus der Lebenssituation“, sagte er. Und die sei für den Angeklagten aufgrund des andauernden Lärms der Familie T. so gewesen, dass es für ihn unmöglich geworden sei, damit umzugehen. Von „quietschenden, teils tierischen Schreien“ der Tochter war die Rede, zudem habe auch Petra T. die zunehmends mit ihrem Leben nicht mehr zurecht gekommen sei, nachts teilweise „markerschütternd“ geschrien. Weil Klaus T. nicht schlafen konnte, brachte er morgens um 4 Uhr den Müll runter, ging joggen oder rauchte vor dem Haus. „Es muss für Sie unterträglich gewesen sein“, sagte Wagner. Die Kammer sei deshalb von dem Motiv überzeugt: „Der Angeklagte hatte sich Wohneigentum geschaffen, konnte in seinen vier Wänden aber nicht so leben, wie er wollte.“ Das Bestreben, sich nach einer anderen Wohnung umzuschauen, von der Familie T. also wegzuziehen, habe nach der Tat auch aufgehört. „Dann war Ruhe“, sagte Wagner. „Sie belastet nicht das fehlende Alibi“, sagte er, „sondern die Gelegenheit.“ Denn der Einundvierzigjährige, den Wagner als „grundanständig“ bezeichnete, habe genau um die Gewohnheiten der Familie T. gewusst, wusste um die Räumlichkeiten und auch, dass der Bewegungsmelder am Nachbarhaus zu dieser Zeit abgeklebt war.
Als Klaus T. also am 17. April 2009 wieder um 4 Uhr morgens den Müll runterbrachte, habe ihn der Angeklagte mit sechs Schüssen getötet. Danach sei er vom Souterrain zwei Stockwerke nach oben und habe die Frau mit zwei Kopfschüssen im Schlaf hingerichtet. Danach ging es noch einen Stock höher, um die Tochter ebenfalls mit Kopfschüssen zu töten. Sie überlebte schwer verletzt und wurde am nächsten Tag von Passanten blutend im Garten gefunden, wohin sie sich geschleppt hatte. Alle anderen Möglichkeiten – Probleme mit Motorradrockern und Auftragsselbstmord – wies das Gericht zurück. „Uns ist nichts eingefallen, was einen Täter bewegt haben könnte, über drei Stockwerke zu gehen, um Frau und Tochter zu töten“, sagte Wagner.
Großes Medienaufgebot im Gericht. Foto: Alexander Heimann
Großes Medienaufgebot im Gericht. Foto: Alexander Heimann
Dass weder Tochter noch Mutter die vorher abgegebenen Schüsse gehört hatten, lag nach Überzeugung des Gerichts an dem selbstgebauten Schalldämpfer aus einer PET-Flasche und Bauschaum, den der Angeklagte benutzt haben soll. Die Bauanleitung dafür war zweifelsfrei über den Firmen-PC des Angeklagten gesucht und auch von dort ausgedruckt worden. Für einen Dritten, wie von der Verteidigung vermutet, hätte es nur wenig Sinn gemacht, dies vom Computer des Einundvierzigjährigen aus zu tun, sagte Wagner. Zumal nur ein Zeitfenster von neun Minuten zur Verfügung gestanden habe.
Hinzu kommen belastend Internet-Recherchen des Angeklagten über DNS-Analysen, die Arbeit von Suchhunden sowie vor der Verhaftung die Anfrage bei seiner Rechtsschutzversicherung, ob ihm auch ein Anwalt gezahlt werde. „Warum hat dieses unfassbare Geschehen Sie veranlasst, nach einem Anwalt zu fragen?“ fragte Wagner.
Weiteres Indiz ist der Schmauch, der auf einer Bundeswehrhose des Angeklagten, auf Handschuhen und einem Pulsmesser für das Handgelenk gefunden wurde. Er stimmt mit den Schussrückständen auf den Patronenhülsen überein – und auch mit den Rückständen des am Tatort gefundenen Bauschaums. „Oh Zufall!“ sagte Wagner. Die Verteidigung hatte angeführt, die Rückstände auf der Hose könnten noch aus der Armee-Zeit des Angeklagten stammen, vom Panzerfaust-Schießen. Ein Gutachten belegte, dass dies ausgeschlossen ist.
Dass der Schmauch gleich auf drei Gegenständen zu finden war, führte Wagner darauf zurück, dass der Angeklagte die Tatwaffe, die nie gefunden worden war, mitsamt dem Schalldämpfer vorher ausprobiert habe. „Das man an sowas nicht denkt, sind die Fehler, die man macht“, sagte Wagner.
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