@Frau.N.Zimmer Sehr schlecht.
:)Hier mal ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung, leicht abgeändert zur Verfremdung:
Ein Mordopfer wurde auf einem Gelände aufgefunden. Auf grund bestimmter Dinge wurde ein Tatverdächtiger ermittelt und angeklagt.
Im nun folgenden Tatsachenprozess ging es am Ende um eine entscheidende Frage: Wann wurde das Opfer emordet?
Die Staatsanwaltschaft brachte den renommierten Gutachter Prof. Dr. Dr. Wichtig, eine Koryphäe der Rechtsmedizin, der sagte: die an der Leiche gefunden spuren machen eine Tatzeit zwischen 5 Uhr und 12 Uhr wahrscheinlich.
Die Verteidigung brachte einen anderen Gutachter, den Herrn Prof. Dr. Schlau, von der Universität Streberstadt, der war der festen Meinung, dass die Spurenlage an der Leiche nur eine Tatzeit zwischen Mitternacht und 8 Uhr morgens wahrscheinlich machte.
Die Leiche war gegen 14 Uhr gefunden worden.
Entscheidend war dies, weil die Angeklagte ein Alibi für die Zeit von Mitternacht bis um 8 Uhr morgens hatte.
Das Gericht glaubte nun dem Gutachter der Staatsanwaltschaft und verurteilte die Angeklagte zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes.
Sie legte Revision ein, die angenommen wurde. Es kam zu einer Rückverweisung, aber es ging am Ende nur um die Frage Totschlag oder Mord. Sie wurde dann wegen Totschlag verurteilt.
Nach mehreren Jahren kam nun ein dritter Gutachter, Prof. Dr. Geistesblitz vom weltweit führenden Forschungsinstitut für Krabbelviecher und sagte: Ich kann beweisen, dass die Tatzeit gar noch enger eingegrenzt werden kann: ich kann beweisen, dass die Tatzeit vor 7 Uhr morgens gewesen sein muss!
Das war ein Bombenschlag, denn dann konnte es die Verurteilte nicht gewesen sein.
So, und nun greift hier Punkt 4: Das BGH sagt: ach du je, noch ein Gutachter, na fein, wenn man will, kann man zu jeder Meinung noch 5 verschiedene Gutachten finden, deshalb sagen wir hier: Schluss, Pech gehabt, gibt's nicht.
Wie nun ein WAV erreichen? Die abweichende Meinung des dritten Gutachters allein ist nicht genug. Wenn er exakt die gleichen Spuren vorfindet wie die anderen beiden, diese aber anders interpretiert, reicht das nicht aus.
Das Besondere aber hier war: der Gutachter verwies auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die neue Spuren hervorbrachten. Es ging grob gesagt um eine Ungezieferart, die nur nachts aktiv ist, und bei Sonnenschein nicht. Man konnte jetzt Fresspuren an der Leiche von genau diesen Ungeziefern nachweisen, die beweisen sollten, dass die Leiche also schon vor Sonnenaufgang an diesem Tag (gegen 7 Uhr) dort gelegen haben muss. Er behauptet, das Gutachten der Staatsanwaltschaft war aus diesem Grund objektiv falsch.
Die Staatsanwaltschaft fand das gar nicht plaubsibel und wehrte sich mit Händen und Füssen gegen die Wiederaufnahme.
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Zum Rechtsfrieden ist zu sagen: der ist schon ein hohes Gut. Man stelle sich nur vor, es gäbe keine Hürden und jeder könnte zu jeder Zeit mit neuen Gutachten jedes Urteil anfechten. Dann ist nur noch eine Frage des Geldes, wieviele Gutachter der Verurteilte bezahlen kann, um ein rechtskräftiges Urteil bis zum St. Nimmerleinstag hinauszuzögern.
Das Delikate ist, wo man die Grenze zieht. Der BGH hat eine scharfe Grenze gezogen, ob die richtig ist, ist Interpretationssache.