MORDERMITTLUNGEN
Behörden ermitteln gegen Danos Mörder in weiterem Fall
04.07.2014 | 12:04 Uhr
Hannover/Herford. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Tötung des fünfjährigen Dano und dem Verschwinden der achtjährigen Jenisa in Hannover? Nach dem Geständnis des Mannes, den Jungen getötet zu haben und der Prüfung aller Fakten rollen die Ermittler den Fall wieder auf.
Nach dem gewaltsamen Tod des fünfjährigen Dano in Herford ermitteln die Behörden gegen den mutmaßlichen Täter auch wieder im Fall der seit mehr als sechs Jahren vermissten Jenisa aus Hannover. Sie war acht Jahre jung, als sie verschwand. Nach eingehender Prüfung der Faktenlage habe man sich entschlossen, die Ermittlungen gegen den 43-Jährigen wieder aufzunehmen, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit.
Der mutmaßliche Täter im Fall Dano geriet schon 2007 nach dem Verschwinden von Jenisa in den Fokus der Ermittler. Es habe Indizien gegeben, und der Mann habe wegen dringenden Tatverdachts auch sechs Wochen in U-Haft gesessen, so die Staatsanwaltschaft. Danach zog er aus Hannover nach Nordrhein-Westfalen.
Der Mann habe Vorwürfe, dass Kind getötet zu haben, stets bestritten. Die Leiche des Mädchen ist bis heute nicht gefunden. Das Kind gilt noch immer als vermisst. Das Landgericht lehnte 2010 die Anklage ab.
43-Jähriger hatte zugegeben, Dano getötet zu haben
Der 43-Jährige hat zugegeben, Dano getötet zu haben. Seitdem aber schweigt der Verdächtige nach Angaben der Polizei. Der Fünfjährige war vor einem Monat spurlos verschwunden. Seine Leiche wurde drei Wochen später in der Nähe eines Flusses gefunden.
In den Verhören schilderte der Mann die Tat so: Dano klingelte an der Tür des 43-Jährigen, um mit dessen Sohn zu spielen, mit dem er befreundet war. Dieser Sohn war aber mit seiner Mutter und den Geschwistern längst ausgezogen. Der Mann habe die Frau geschlagen, mit der er fünf Kinder zwischen ein und neun Jahren hat, sagt der Leiter der Ermittlungskommission, Arno Wittop. Die beiden Familien kennen einander, besonders die Frauen sind befreundet.
Er habe Dano loswerden wollen, der Junge habe aber eine freche Antwort gegeben, gab der 43-Jährige nach einigem Zögern in einer langen Vernehmung zu. Da habe er ihm eine Ohrfeige gegeben. Zunächst habe der Junge gedroht, seinem Vater davon zu erzählen, sich dann aber beruhigen lassen und ferngesehen. Bis der Hausherr beim Telefonieren mit seiner Ex-Freundin in Rage geriet.
"Dano versuchte wegzurennen, der Mann zerrte ihn aber zurück", beschreibt Staatsanwältin Ina Leinkauf die dramatischen Minuten. "Er drückte ihn aufs Sofa, warf eine Decke über den Jungen und schlug massiv auf ihn ein."
Gerichtsmedizin: Dano wurde erdrosselt
Die Schläge wurden durch die Obduktion bestätigt. Der Verdächtige sagt, er habe dem Jungen den Mund zugehalten, bis der sich nicht mehr geregt habe. Die Obduktion ergibt dagegen, dass Dano erdrosselt wurde. Jedenfalls schafft der Täter danach die Kinderleiche fort.
Danach begann eine der größten Suchaktionen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Hundertschaften durchkämmten mehrmals das Ufer der Werre, Hubschrauber kreisten mit Wärmekameras über dem Stadtgebiet, Taucher und Hunde waren im Einsatz. Vergeblich: Die Spur verlor sich auf einem Spielplatz unweit des Flusses. Darum gingen die Ermittler vor allem von einem Unfall aus.
Festgenommener lebt nur wenige Eingänge neben Danos Familie
Schon wenige Tage nach dem Verschwinden wurden mehr als 100 Wohnungen und Keller in dem Wohnblock durchsucht, in dem Danos Familie lebt, auch die Wohnung des am Donnerstag festgenommenen 43-Jährigen. Er wohnt in dem Betonblock nur wenige Eingänge neben dem der Eltern. Ein Spürhund schlug damals nicht an. "Vermutlich weil die Leiche nicht lange genug in der Wohnung gelegen hat", sagt Chefermittler Wittop.
Die Vorgeschichte des 43-Jährigen, der wegen Gewaltdelikten und Diebstahls vorbestraft ist, führte dann nach Hannover. Die Ermittler in Bielefeld und Hannover bestätigten, dass gegen ihn schon einmal im Zusammenhang mit einem vermissten Kind ermittelt wurde. (dpa)
Muss Dano wegen Ohrfeige sterben?
Warum musste Dano sterben? Damit er seinem Vater nicht von einer Ohrfeige berichten konnte? Weil er aus der Wohnung des Nachbarn fliehen wollte, der ihn geschlagen hatte? Der 43-Jährige hat gestanden, den Fünfjährigen „in einer Ausnahmesituation“ getötet zu haben, sitzt nun in Untersuchungshaft, erklärte die Staatsanwaltschaft in Bielefeld am Freitag. Alle Einzelheiten hat die Polizei nur vom mutmaßlichen Täter selbst. Nicht alle Details stimmen mit dem Obduktionsergebnis überein. Zudem war der Mann bereits vor sechseinhalb Jahren im Fall eines verschwundenen Mädchens ins Visier der Ermittler geraten.
Widersprüche im Geständnis
Und so schildert der Geständige, was am 14. März passiert sein soll: Dano klingelte an der Tür des Nachbarn, um mit dessen Sohn zu spielen. Der jedoch war mit der Mutter und den Geschwistern längst ausgezogen. Der Mann habe die Frau geschlagen, mit der er fünf Kinder zwischen ein und neun Jahren hat, sagt Chefermittler Arno Wittop. Die Familien kennen einander, nicht nur die Söhne, auch die Frauen waren befreundet.
Er habe Dano loswerden wollen, der Junge habe aber eine freche Antwort gegeben, gab der 43-Jährige laut Polizei nach Zögern in einer langen Vernehmung zu. Da habe er ihm eine Ohrfeige gegeben. Der Junge drohte, seinem Vater davon zu erzählen, habe sich aber beruhigen lassen und bei ihm ferngesehen. Dann will der Mann beim Telefonieren mit seiner Ex-Freundin in Rage geraten sein.
„Dano versuchte wegzurennen, aber der Mann zerrte ihn zurück“, beschreibt Staatsanwältin Ina Leinkauf die dramatischen Minuten. „Er drückte ihn aufs Sofa, warf eine Decke über den Jungen und schlug massiv auf ihn ein.“ Die Schläge werden später durch eine Obduktion bestätigt. Die ergab zudem, dass Dano stranguliert wurde. Der Täter will ihm dagegen den Mund zugehalten haben. Dann habe sich das Kind irgendwann nicht mehr bewegt.
Der 43-Jährige – laut Staatsanwältin Leinkauf „einschlägig vorbestraft wegen Gewalttaten“ – wickelte die Leiche des Kindes in Bettdecken und brachte sie in einem Einkaufstrolley ans Ufer der Werre. Dort versteckte er den Leichnam im Gestrüpp. Erst nach dreiwöchiger Suche brachte ein Hinweis die Polizei auf die Spur. Zeugen hatten beobachtet, wie der Mann mit einer großen Tasche auf Rollen etwas transportierte.
Schon im September 2007 war der Geständige mehrere Wochen in Untersuchungshaft gelandet. Die achtjährige Jenisa aus Hannover verschwand damals. Sie wollte ihre Tante besuchen, die aber nicht zu Hause war. Eine Nachbarin sah das Mädchen noch im Fahrstuhl des Hochhauses – wenige Tage später wurden an einer Autobahn Jenisas Kleidung und Schuhe gefunden, rund 20 Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt. Doch ihre Leiche blieb verschwunden.
„Der Tatverdächtige im Fall Dano in Herford ist derselbe wie im Fall Jenisa“, bestätigte Jürgen Lendeckel von der Staatsanwaltschaft Hannover. Der mutmaßliche Täter kannte auch Jenisas Familie, wie die von Dano stammt sie aus dem Kosovo. Für die Tatzeit hatte der Mann kein Alibi und verstrickte sich bei seinen Verhören in Widersprüche. Außerdem machte er falsche Aussagen, wann er sein Auto verkauft hatte – nach dem Verschwinden Jenisas. Nach sechs Wochen Untersuchungshaft ließ die Polizei den Mann dennoch frei – aus Mangel an Beweisen.
http://www.derwesten.de/region/behoerden-ermitteln-gegen-danos-moerder-in-weiterem-fall-id9244721.html (Archiv-Version vom 19.09.2014)