Herford
Fall Dano: Drohungen gegen den Herforder Täter im Internet
Polizei behält Facebook im Auge
Herford. Enorme Anteilnahme für die Familie, aber auch Drohungen gegen den Täter: Im Internet sind die Reaktionen auf das Verbrechen an Dano (5) zum Teil extrem. Das stellt nicht nur die Polizei vor manches Problem.
Man könnte Stunden damit zubringen, sich im sozialen Netzwerk Facebook durch die Kommentare der Nutzer zu lesen. Wenn man es denn ertragen könnte. Viele drücken zwar einfach nur ihre Trauer aus und kondolieren den Angehörigen. Doch andere Nutzer wünschen Danos Mörder, Ibrahim B. (43), öffentlich den Tod.
Die Wortwahl ist häufig drastisch, das Niveau mancher Kommentare unterirdisch. Die Polizei bestätigt Drohungen gegen den geständigen Täter. Ein Betreiber einer Seite auf Facebook, auf der solche Eintragungen auftauchten, habe sich an die Polizei gewandt und seine Seite dann auch gelöscht, sagt Polizeisprecher Achim Ridder.
Tage vor der Aufdeckung des Verbrechens war auf Facebook der Name und ein Foto von B. aufgetaucht, der da noch als unschuldig galt. Das wirkte wie ein Aufruf zur Lynchjustiz. Auch jetzt werde das Internet beobachtet, etwa wenn es darum gehe, auf Bedrohungen zu reagieren, berichtet Ridder.
Radikale Äußerungen auf Facebook können ernste juristische Konsequenzen haben, warnt Ralf Petring, auf Medienrecht spezialisierter Anwalt in Bielefeld. Wer etwa öffentlich zu einem Mord aufrufe, könne vor Gericht das gleiche Strafmaß erhalten wie der angestiftete Mörder.
Auch Beleidigungen und Bedrohungen sind strafbar. Viele Menschen seien sich der möglichen Konsequenzen eines schnell getippten Kommentars nicht bewusst, sagt Petring. "Die sozialen Netzwerke haben die Hemmschwelle gesenkt. Was man sich nicht ins Gesicht sagen würde, taucht dort auf."
Derzeit rufen Facebook-Nutzer dazu auf, die Fotos von dem Jungen, die während der Suche verbreitet wurden, wieder zu löschen. Es sei nie bedacht worden, dass die Bilder nun jahrelang dort stehen und jeden, auch die Angehörigen, an das Verbrechen erinnern.
Doch die Fotos gehen nicht wieder weg. Jeder, der jemals ein Foto des Jungen auf Facebook veröffentlicht hat, müsste das Bild eigenhändig löschen. So sehen es die Nutzungsbedingungen von Facebook vor. Dass alles verschwindet, ist bei tausendfach unter Nutzern getauschten Fotos nicht realisierbar, sagt Anwalt Petring.
Bei großen Problemen wendet sich die Polizei direkt an den Internetkonzern. Die Zusammenarbeit klappe "mal besser, mal schlechter", berichtet Günther Epple, Dozent für Einsatzlehre an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster.
Solche Entwicklungen habe es bei anderen Kriminalfällen schon gegeben, so Epple. "Und das wird auch in der Zukunft passieren." Die Polizei musste sich darauf einstellen. "Social Media" steht auf dem Lehrplan der Hochschule und gehört zur Fortbildung der Beamten.
http://www.nw-news.de/owl/10925281_Fall_Dano_Drohungen_gegen_den_Herforder_Taeter_im_Internet.html