Jenisa und Dano - Ein Täter?
11.07.2014 um 06:21
Aus der HAZ von heute, der Rechtsanwalt der Mithäftlinge bestätigt die Existenz des schriftl. Geständnisses und der Karte und schildert die Umstände, wie es dazu kam:
"Onkel“ gesteht Mord an Jenisa Muja
Das Verschwinden der seit sieben Jahren vermissten Jenisa Muja ist allem Anschein nach aufgeklärt. Die Hinweise verdichten sich, dass Ibrahim B., der ehemalige Lebensgefährte von Jenisas Tante, das damals achtjährige Mädchen im Jahr 2007 ermordet hat. Das soll B. Mithäftlingen in der JVA Bielefeld anvertraut haben.
Hannover. Der Deutschtürke sitzt derzeit in Untersuchungshaft, weil er in Herford den fünfjährigen Dano ermordet hat. Damit ist aus dem Vermisstenfall Muja ein Mordfall geworden. „Er hat schriftlich gestanden, auch das Mädchen getötet zu haben, und hat auf einer selbst gezeichneten Karte den Ort gekennzeichnet, an dem er die Leiche vergraben haben will“, sagt Rechtsanwalt Sascha Haring, der die beiden Mithäftlinge von Ibrahim B. vertritt. Das Geständnis, das sieben handschriftliche Seiten umfasst, sei „hochwertig und glaubhaft.“ In dem Schreiben, das inzwischen der Staatsanwaltschaft Hannover vorliegt, gibt B. nach HAZ-Informationen einen allgemeinen Hass auf Albaner als Motiv für die Gewalttaten an. Beide Opfer stammen aus albanischen Familien.
Hannover. Der Deutschtürke sitzt derzeit in Untersuchungshaft, weil er in Herford den fünfjährigen Dano ermordet hat. Damit ist aus dem Vermisstenfall Muja ein Mordfall geworden. „Er hat schriftlich gestanden, auch das Mädchen getötet zu haben, und hat auf einer selbst gezeichneten Karte den Ort gekennzeichnet, an dem er die Leiche vergraben haben will“, sagt Rechtsanwalt Sascha Haring, der die beiden Mithäftlinge von Ibrahim B. vertritt. Das Geständnis, das sieben handschriftliche Seiten umfasst, sei „hochwertig und glaubhaft.“ In dem Schreiben, das inzwischen der Staatsanwaltschaft Hannover vorliegt, gibt B. nach HAZ-Informationen einen allgemeinen Hass auf Albaner als Motiv für die Gewalttaten an. Beide Opfer stammen aus albanischen Familien.
Fast sieben Jahre nach dem Verschwinden der achtjährigen Jenisa hat die Polizei offenbar neue Erkenntnisse: Eine Hundertschaft durchkämmt ein Waldstück in Wunstorf. Dort vermuten die Beamten die Leiche des Mädchens.
Mit einer Hundertschaft und sechs Leichenspürhunden suchte die Polizei am Donnerstag das Waldstück bei Blumenau (Wunstorf) ab, das B. auf der Karte angegeben hatte. Die groß angelegte Aktion führte bislang noch zu keinem Ergebnis.
Juliano und Like Muja, die Eltern des Mädchens, nahmen die Nachricht vom angeblichen Mordgeständnis mit Erschütterung auf. „Sie sind ziemlich durch den Wind, alle Verwandten sind derzeit bei ihnen“, sagt der Rechtsanwalt der Familie.
Am Donnerstagvormittag versammelten sich die Suchtrupps der Polizei und speziell ausgebildete Spürhunde am Waldstück zwischen Blumenau und Liethe an der Leinechaussee. Der Ort liegt etwa fünf Kilometer Luftlinie von der Autobahnauffahrt in Luthe entfernt. Dort waren drei Tage nach dem Verschwinden des Mädchens mehrere Kleidungsstücke von Jenisa gefunden worden. Während der Suche schlugen die Hunde tatsächlich ein paar Mal an, fanden allerdings nur Tierknochen. Die Aktion wurde am Nachmittag vorübergehend unterbrochen. „Es fehlt noch ein kleiner Teil des Wäldchens, den werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen“, sagt Polizeisprecher Holger Hilgenberg.
Die acht Jahre alte Jenisa Muja war am Vormittag des 7. September 2007 verschwunden. Sie war von der Wohnung ihrer Eltern in der Wittekindstraße zu ihrer Tante gegangen, die mit Ibrahim B. und den damals zwei gemeinsamen Kindern im Ihme-Zentrum lebte. Schnell geriet der „Onkel“ des Mädchens ins Visier der Fahnder. Bei seiner Vernehmung verstrickte sich B. in Widersprüche. Im Auto des heute 43-Jährigen stießen die Ermittler auf eine Körperschuppe des Mädchens. 42 Tage lang saß Ibrahim B. in Untersuchungshaft. Doch weil nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein dringender Tatverdacht nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte, kam er wieder frei.
Geständnis mit Fragezeichen
Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle in Hannovers jüngster Kriminalgeschichte. Intensiv wie selten suchte die Polize im Jahr 2007 nach der damals siebenjährigen Jenisa Muja – ohne Erfolg. Daraufhin befragte die Familie des Mädchens eine Wahrsagerin, bat in ihrer Heimat Kosovo einen Hodscha, einen weisen Mann, um Hilfe. Als Ibrahim B. als freier Mann das Untersuchungsgefängnis verlassen durfte, musste die Polizei Jenisas Angehörigen einschärfen, dass die Gesetze des „Kanun“, eines mündlich überlieferten Gewohnheitsrechts, das die Blutrache vorsieht und nach dem die Familie Muja lebt, unter keinen Umständen zur Anwendung gebracht werden dürfe.
Das jetzt aufgetauchte Geständnis des Ibrahim B., die kleine Jenisa ermordet zu haben, passt da ins Bild. Denn die schriftliche Einlassung ist ebenfalls unter dubiosen Umständen entstanden. Einer der beiden Mitgefangenen, die mit dem „Onkel“ des Mädchens in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede eingesessen haben, soll ebenfalls türkische Wurzeln haben. Über die gemeinsame Muttersprache soll er sich das Vertrauen seines Landsmanns erlangt haben. Als die beiden Mithäftlinge erkannten, dass Ibrahim B. bereits einen Mord gestanden hatte und in einem zweiten Fall als Verdächtiger galt, witterten sie ihre Chance. Mit diversen Tricks brachten sie B. schließlich so weit, dass er den Mord an der sieben Jahre alten Schülerin schriftlich und in allen Einzelheiten niederlegte.
„Sie haben ihm erzählt, sie würden Leute kennen, die Leichen beiseite schaffen könnten, und boten ihm ihre Hilfe an“, sagt der Verteidiger der Mithäftlinge, Sascha Haring. Anschließend gelang es ihnen, Ibrahim B. davon zu überzeugen, für die angeblichen Helfer eine Karte zu zeichnen, auf der er das Versteck von Jenisas Leiche markierte. Darüber hinaus sollen sie dem 43-Jährigen erklärt haben, sie hätten auch einen guten Anwalt, der seinen komplizierten Fall übernehmen könne. Dieser Verteidiger würde allerdings nur dann die Arbeit aufnehmen, wenn ihm alle Fakten vorlägen. So brachten die Mitgefangenen den arglosen Ibrahim B. zu dem schriftlichen, sieben Seiten langen Geständnis.
Doch die beiden Männer hielten nicht Wort. Sie leiteten das Schreiben inklusiver der Karte nicht an irgendwelche dubiosen Hintermänner weiter – sondern an ihren Anwalt, der umgehend die Kripo in Hannover verständigte. Der Grund, warum die beiden JVA-Insassen zu Spitzeln wurden, liegt auf der Hand: Sie erhoffen sich jetzt Hafterleichterungen und Strafminderung wegen ihrer guten Zusammenarbeit mit den Behörden. „Offiziell versprochen wurde bislang nichts, aber sicherlich spekulieren sie darauf“, sagt ihr Verteidiger Sascha Haring.
Ibrahim B. arbeitete bislang nicht mit den Behörden zusammen. Auch nach seinem jetzt aufgetauchten, schriftlichen Geständnis kooperiert er weiterhin nicht mit den Ermittlern. Unterdessen müssen sich die Behörden auch mit der Frage befassen, ob durch noch größere Anstrengungen im Fall Jenisa und durch erhöhtere Aufmerksamkeit der Polizei der Deutschtürke nicht doch aus dem Verkehr hätte gezogen werden und so der Tod des kleinen Dano in Herford hätte verhindert werden können.
Denn der heute 43-Jährige fiel nach seinem Wegzug aus Hannover in Nordrhein-Westfalen immer wieder durch Gewaltausbrüche auf. Im Jahr 2009 ermittelte die Staatsanwaltschaft Bielefeld, Medienberichten zufolge, gegen B., weil er eines seiner eigenen Kinder schwer verletzt haben sollte. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Ohne Folgen für den Deutschtürken blieben auch die Einsätze der Polizei, weil es in der Herforder Wohnung mehrfach zu häuslicher Gewalt gekommen war. Seine damalige Lebensgefährtin, Jenisas Tante, zog die Strafanzeigen gegen B. stets wieder zurück.